Essen. . Handball-Zweitligist Tusem Essen hat die Saison auf Rang sechs abgeschlossen. In der kommenden Spielzeit will der Traditionsklub oben angreifen.

Erst vor zwei Jahren entging Tusem Essen in letzter Sekunde dem Abstieg in die Drittklassigkeit. Seitdem geht es in der 2. Handball-Bundesliga stetig bergauf, zuletzt beendete die Mannschaft von Trainer Jaron Siewert die Saison auf Rang sechs. Im Gespräch mit unserer Zeitung sagen die Verantwortlichen des Tusem, dass es wieder in Richtung 1. Liga gehen soll. Geschäftsführer Niels Ellwanger und der Sportliche Leiter Herbert Stauber sind jedenfalls optimistisch.

Herr Ellwanger, Herr Stauber, hätten Sie Platz sechs im Vorfeld der Saison unterschrieben?

Stauber: Grundsätzlich haben wir gesagt, dass Platz sechs ein guter ist. Wichtig war, dass wir im oberen Tabellendrittel landen und das haben wir erreicht. Für uns war das ein konsequenter Schritt, vor allem wenn man sieht, wie viel Arbeit und Geduld wir investiert haben. Die Mannschaft hat in den letzten zwei Jahren richtig an Qualität gewonnen.

Hätten Sie Platz sechs auch am 18. November 2018 unterschrieben? Damals stand der Tusem nach einem starken Start auf Rang zwei…

Ellwanger: Ja, sicher. Denn damals war für uns schon klar, dass wir über unseren Verhältnissen gespielt und viel Glück hatten. Ich denke, dass wir in der Saison gezeigt haben, in welcher Bandbreite wir spielen können.

Ein Saisonhöhepunkt war der Sieg in Coburg in letzter Minute

Was waren Ihre Höhepunkte der vergangenen Saison?

Ellwanger: Der Sieg in Coburg war echt grandios. Das ganze Spiel stand auf der Kippe und dann gewinnen wir am Ende durch ein Tor von Carsten Ridder, der in dem Spiel seine Rückkehr gefeiert hat.

Stauber: Ich sehe das ähnlich. Dass Carsten das entscheidende Ding macht, war das i-Tüpfelchen.

Ellwanger. Das waren die spektakulärsten Siege. Aber gut fand ich auch den Sieg beim Bundesliga-Absteiger Nettelstedt-Lübbecke. Das war so nicht zu erwarten und auch super. Es gab viele gute Momente.

Ein guter und ein schlechter Moment: Der Tusem geawnn in Coburg, zu Hause verlor er mit 26:32: Hier Tobias Varvne (Coburg) gegen Malte Seidel.
Ein guter und ein schlechter Moment: Der Tusem geawnn in Coburg, zu Hause verlor er mit 26:32: Hier Tobias Varvne (Coburg) gegen Malte Seidel. © Michael Gohl

Und welche Tiefpunkte haben Sie erlebt?

Stauber: Für mich war die Niederlage in Großwallstadt ein Spiel, das wir uns gerne hätten sparen können. Wir waren zu dem Zeitpunkt in einer Situation, die wir uns hart erarbeitet hatten, wir hätten auf Platz eins springen können. Und dann haben wir uns bestraft, indem wir zu wenig Elan gezeigt haben. Das Spiel hat sich gezogen wie ein Kaugummi und da war die Enttäuschung sehr groß. Das hat auch die Mannschaft getroffen. Danach folgten direkt fünf weitere Niederlagen in Serie…

Ellwanger: Wir wissen, dass so etwas passieren kann. Auch wenn es sehr nervig war und es gefühlt sehr lange anhielt, wussten wir, dass die Mannschaft die Qualität hat, da wieder herauszukommen. Daran hatten wir keinen Zweifel. Aber wir mussten auch hart daran arbeiten. Beunruhigt waren wir nicht.

Entwicklung in der Abwehr stagnierte

Der Tusem hatte mit 30,3 Toren pro Spiel die beste Offensive der Liga. Mit 29,4 Gegentoren pro Partie allerdings auch die viertschlechteste Abwehr. Woran liegt das?

Stauber: Dafür gibt es mehrere Faktoren. Wir waren im Angriff sehr stark und bei dem einen oder anderen haftete dann im Hinterkopf: ‚Wir machen das vorne schon irgendwie‘. Dadurch ist die Entwicklung in der Abwehr stagniert, teilweise fehlte der Biss. Außerdem hat nicht immer das Zusammenspiel zwischen Torhüter und Abwehr funktioniert. Und es kamen individuelle Geschichten dazu. Da muss jeder noch ein Stück an sich selbst arbeiten und sich klarmachen, dass die Abwehr zu 50 Prozent aus Taktik, zu 50 Prozent aber auch aus Biss und Engagement besteht. Da wünschen wir uns sehr viel Verbesserung und da muss einfach mehr kommen.

Sie haben für die neue Saison zwei neue Torhüter verpflichtet. Haben Sie Handlungsbedarf gesehen?

Ellwanger: Wir sehen sicherlich auch auf der Torhüter-Position Verbesserungspotential. Wenn wir den nächsten Schritt nach vorne machen wollen, dann muss da auch mehr kommen.

Luca Witzke verlässt Tusem in Richtung Leipzig

Mit Luca Witzke verlässt ein Leistungsträger den Tusem in Richtung 1. Bundesliga. Er geht zum Erstligisten nach Leipzig. Wie schmerzhaft war dieser Abgang?

Ellwanger: Wir hätten ihn schon gerne behalten. Aber das ist die normale Entwicklung und das ist auch gut so. Wir sind schon stolz darauf, aber wir hätten ihn gerne behalten, weil wir in der neuen Saison viel vorhaben.

Abschied: Niels Ellwanger mit Luca Witzke und Bürgermeister Rudolf Jelinek.
Abschied: Niels Ellwanger mit Luca Witzke und Bürgermeister Rudolf Jelinek. © Michael Gohl

Was haben Sie denn vor, wohin soll es noch gehen?

Stauber: Wichtig ist, dass wir den nächsten Schritt machen. Und der nächste Schritt wäre oben anzugreifen. Die Jungs sind so weit und die Mannschaft insgesamt auch. Natürlich würden wir gerne den großen Wurf landen.

Sie meinen den Aufstieg?

Stauber: Ja. Aber dafür müssen natürlich einige Faktoren stimmen. Grundsätzlich ist die Mannschaft aber dazu in der Lage.

Ziel ist es, zehn Punkte mehr zu holen als zuletzt

Sind Sie denn bereit für den Aufstieg?

Ellwanger: Ja, auf jeden Fall. Darauf schielen wir auch, ganz klar. Wir müssen nicht, aber wir sind bereit und werden alles dafür tun. Jeder einzelne und das Team wollen sich verbessern. Und unser Ziel ist es zehn Punkte mehr zu holen, als in der vergangenen Saison.

Stauber: Und wenn man mal sieht, gegen wen wir in der letzten Saison Punkte gelassen haben, dann ist das schon eine realistische Hausnummer, die Niels nennt. Die Punkte haben wir nicht unbedingt gegen die Mannschaften von der Spitze verloren, die haben wir woanders gelassen.

Was fehlt der Mannschaft aktuell noch, um ganz oben mitzuspielen?

Stauber: Ich glaube, dass die Mannschaft begreifen muss, dass das Ding nicht unmöglich ist. Es ist möglich aufzusteigen. Jeder muss ein Schippchen drauflegen und die zehn Prozent mehr in die große Kiste schmeißen, um oben anzukommen.

Jeder im Team ist heiß, sich den Traum von der 1. Liga zu erfüllen

Wollen die Spieler das denn?

Stauber: Es ist kein einziger in der Truppe drin, der nicht den Traum hat in der 1. Liga zu spielen. Da ist jeder heiß drauf.

Ellwanger: Wir brauchen aber auch Glück. Sowohl was Verletzungen angeht, als auch das Spielglück.

Wäre die 1. Liga denn auch zu stemmen?

Ellwanger: Ja. Aber nicht mit anderen Möglichkeiten, als mit denen, die wir jetzt schon haben. Die Mannschaft, die aufsteigen würde, wäre dann auch unsere Erstliga-Mannschaft. Mit allen Konsequenzen (lacht). Es ist dann kein Geld da, um uns großartig zu verstärken, denn wir werden wohl auch dann keinen viel größeren Etat haben.