Bochum/Essen. Beim verdienten 1:1 in Wattenscheid hat Rot-Weiss Essen nach Rückstand und Platzverweis ein klares Plädoyer für Trainer Sven Demandt gehalten.
- Beim Heimspiel Dienstag gegen Rhynern sitzt RWE-Trainer Sven Demandt weiterhin auf der Bank.
- Gelb-Rote Karte für Jan-Steffen Meier in der zweiten Halbzeit war völlig unberechtigt.
- RWE-Fans fallen nach Schlusspfiff erneut aus der Rolle und beschimpfen die Spieler in übelster Art und Weise.
Schon am Dienstag geht es in der Regionalliga an der Hafenstraße weiter: Mit Rot-Weiss Essen, mit dem Tabellenschlusslicht Westfalia Rhynern, und mit – allen falschen Propheten zum Trotz – Sven Demandt auf der RWE-Trainerbank! Aufsichtsrat und Vorstand sahen jedenfalls keine Veranlassung, nach dem 1:1 in Wattenscheid die Pferde bzw. den Rittmeister zu wechseln. Die beeindruckende Art und Weise, wie sich zehn Rot-Weisse gegen die fast schon besiegelte Niederlage gewehrt hatten, wirkte positiv nach.
Das Spiel in der Lohrheide am Freitagabend war eine Verfilmung der Buchvorlage: „Gibt dir das Leben Zitronen, dann mach Limonade daraus.” Zuerst einmal verzogen die RWE-Fans schon nach vier Minuten angesäuert das Gesicht. Hätte die Partie schlimmer beginnen können als mit dem frühen 0:1 durch den fomidablen Joseph Boyamba, der einen Grünschnabel wie Boris Tomiak zum Wiener Walzer bat? Wohl kaum.
War es da verwunderlich, dass aus der angekündigten „positiv-aggressiven” Grundstimmung erst einmal eine negativ-verzagte wurde? Menschlich verständlich. „Das Tor spiegelte unsere Situation wider, wir hatten keine guten ersten 30 Minuten”, beklagte sich Sven Demandt hinterher, der immer noch auf so eine wichtige Kleinigkeit wie Spielglück wartet. Immerhin befreite sich RWE bis zur Pause aus der heftigen Umklammerung der Platzherren.
Und als man nach der Pause personell gegen gesteuert hatte und die Partie längst in den Griff bekam, schlug das Fußball-Schicksal nochmal unbarmherzig zu. Die Videoaufnahmen belegten hinterher eindeutig, dass sich Jan-Steffen Meier bei seiner gelb-roten Karte nach 65 Minuten eindeutig wegdrehte und seinen Gegenspieler überhaupt nicht berührte. Half alles nichts. „Eigentlich lief da der Spielfilm, wie man eine Partie verliert”, sinnierte Demandt.
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Demandt zog den Hut vor seiner Mannschaft
Aber so geht diese 65. Minute vielleicht in die Saisonchronik als der Moment ein, in der die Mannschaft die Wende zum Guten herbeiführte. Was dann folgte, war Leidenschaft pur von den Gästen, eine „Ja-leck-mich-doch”-Stimmung, die alle mitriss, selbst wenn der eine oder andere (Baier!) in der letzten Viertelstunde nur noch hinterher hecheln konnte. „Sie haben dann alles rausgehauen, ich ziehe den Hut vor meiner Mannschaft”, meinte der sonst nicht gerade zu Pathos neigende RWE-Coach. Der verdiente Lohn war das Kopfballtor von Marcel Platzek (75.), wieder mal nach einem Freistoß von Kevin Grund.
So blieben an diesem bemerkenswerten Abend, an dem am Ende im Gästeblock eine Minderheit meinte, wieder ihren verbalen Müll über der Mannschaft auskübeln zu müssen, einige wichtige Erkenntnisse:
Erstens, da durfte Sven Demandt zu Recht darauf hinweisen: „Wenn ich derjenige wäre, der da behauptet hat, es würde zwischen mir und der Mannschaft nicht stimmen, da würde ich mich schämen”, brach es aus ihm heraus und betonte: „Ich habe mich mit allen meinen Mannschaften immer gut verstanden, das ist mir sehr wichtig.”
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Die RWE-Einwechslungen stachen
Zweitens, auch eine öfter geäußerte Kritik, die Mannschaft sei nicht konditionsstark genug: Wer in Unterzahl auf schwerem Wattenscheider Untergrund in der Schlussphase derart zur Schlussoffensive blasen kann, kann so müde und unaustrainiert nicht gewesen sein.
Und drittens, Demandts klammheimliche Freude über seine geglückten Auswechselungen mit dem schnellen Hervenogi Unzola und dem sich wieder energisch in jeden Angriff hauenden David Jansen: „Die Jungs, die reinkamen, die waren schon gut.”
Gerne hätten wir an dieser Stelle auch die Protagonisten zu ihrem kleinen Happy End zu Wort kommen lassen, aber die Spieler bevorzugten einen undifferenzierten Presse-Boykott. Wohl ganz nach dem alten Ruhrgebiets-Motto: „Nicht labern - machen!” Wenn dies am Ende der Schlüssel zum Erfolg werden soll: Sei’s drum.