Essen. Anfang des Monats hatte die Jugendabteilung Besuch vom DFB. Es geht um die Anerkennung als Nachwuchsleistungszentrum. Viel Schreibarbeit und Dokumentationen erforderlich.
Anfang des Monats hatte die RWE-Nachwuchsabteilung den lang ersehnten Besuch vom DFB, auf den man sich akribisch vorbereitet hatte: Es geht um nicht weniger als um die Anerkennung des Trainingsgeländes an der Seumannstraße als Nachwuchsleistungszentrum.
Wenn es nach den örtlichen Begebenheiten ginge, hätte der Verein wohl schlechte Karten: „Der Schimmel in den Toiletten ist immer noch da, und die alte verdreckte Bestuhlung im Besprechungsraum haben wir auf eigene Kosten erneuert“, so Jugendleiter Andreas Winkler. Sportvorstand Uwe Harttgen betont in diesem Zusammenhang: „Natürlich können wir infrastrukturell noch nicht mit anderen Vereinen mithalten. Aber die alltägliche Arbeit und Ausbildung mit den Jungs ist nicht schlechter als bei anderen Vereinen. Das spricht für das hohe Engagement und für Kreativität innerhalb unserer Talentförderung. Aus dieser Stärke heraus können wir noch mehr Selbstverständnis und Selbstvertrauen entwickeln.“ Die Anlage an der Seumannstraße ist im übrigen städtisch.
Jedes Training wird festgehalten
Aber darauf kommt es bei den Herren aus Frankfurt zum Glück nicht vordergründig an, die wollen Konzepte sehen. Und da hat RWE schon weit vor der Antragstellung im März 2014 seine Hausaufgaben gemacht. Trainingsabläufe und Ausbildungskonzepte wurden verfasst und akribisch dokumentiert. Winkler, sein Jugend-Cheftrainer Harald Bründermann sowie sein „organisatorischer Mitarbeiter“, Dirk Putsche Helmig, gleichzeitig Chef für den unteren Bereich (U9-U14), halten alles fest. Mit jedem Trainer setzt man sich einmal die Woche zusammen, jedes Training, jedes Spiel wird schriftlich festgehalten. Ein Heiden-Aufwand, aber Pflicht, wenn man als NLZ die DFB-Weihe erhalten will.
Drei hauptamtliche Mitarbeiter sind die Minimal-Anforderungen, die die Rot-Weißen erfüllen, einer muss den Fußballlehrer gemacht haben (Winkler), die anderen Trainer bis zur U12 haben alle die A-Lizenz. Und mit einem Kunstrasenplatz, den vor eineinhalb Jahren im übrigen nicht die Stadt, sondern die „Essener Chancen“ ermöglicht haben, sowie einem Naturrasen kann man sich natürlich nicht mit Musteranlagen wie in Hoffenheim messen. „Unser gesamter Etat im Nachwuchsbereich ist ungefähr so hoch wie die Summe dessen, was Bundesligisten alleine für den Fahrdienst ihrer Jugend mit ihren 16 Bussen und 20 Fahrern ausgeben“, bemerkt Winkler, der dennoch optimistisch ist: „Vielleicht haben wir zwei, drei Sachen, die wir ganz toll machen, ich hab da so ein paar Ideen.“ Not macht bekanntlich erfinderisch und mitunter kreativ.
Und wofür das Ganze? „Nun, wenn wir das Qualitätssiegel erhalten, werden wir es auch hochhalten. Viele in Essen haben noch gar nicht gemerkt, dass wir bei Rot-Weiss eine richtig gute Jugendarbeit haben“, meint der Jugendleiter, der sich seit 2003 um den Nachwuchs kümmert.
Ein zweiter Özil?
Ganz wichtig ist ihm dabei auch der ganzheitliche Aspekt: So kümmern sie sich beim rot-weißen Nachwuchs auch um die schulische sowie persönliche Entwicklung jedes Einzelnen. Und: Eine zweite Sportart ist Pflicht bei RWE. Die U9 bis U11 bekommen Judo-Unterricht beim PSV, für die U12 bis U15 gibt es zu Samba-Klängen die brasilianische Kampfkunst Capoiera, während der ältere Nachwuchs sich im Kickboxen übt.
Natürlich hat sich die Abteilung auch eine Spielphilosophie gegeben: „Über allem steht das Spiel an sich, auch im Training. Alles soll in Spielformen erlernt werden, und im Spiel sollen sich alle Akteure gleichzeitig beteiligen, auch der Torhüter“, so der Ansatz.
So dass irgendwann vielleicht ein zweiter Özil entdeckt wird? „Ach was, ein Jahrhundertspieler wird einfach geboren“, betont Winkler, der gleichzeitig mit der Mär um die gefühlten 100 Entdecker aufräumt: „Alles Quatsch, die Wahrheit lautet: Papa Mustafa hat ihn mit 12 Jahren bei RWE angeboten, und wer beim Vorspielen in unserer Sporthalle nicht sein Talent erkannt hätte, der wäre selbst Schuld gewesen.“