Duisburg. Nach dem sang- und klanglosen Abstieg ist weiter unklar, ob es finanziell für die Lizenz reichen wird. Alternative wäre die Landesliga.
Da, wo am Tag darauf Entsetzen über eine unerwartete Gewalteskalation herrschen sollte, bestimmte am Samstag noch überwiegend Wehmut das Geschehen. In der Schauinsland-Reisen-Arena gab es Tränen, so manches gequälte Lächeln und das eindeutig dominierende Gefühl, dass es das jetzt eben für lange Zeit gewesen ist mit dem Bundesliga-Fußball der Frauen in Duisburg. 34 Jahre lang, also seit Gründung der ersten bundesweiten Spielklasse, hatte immer ein Team der Stadt erst- oder zumindest zweitklassig gespielt. Damit ist es nach dem sang- und klanglosen Absturz des MSV, der am kommenden Montag mit dem letzten Saisonspiel beim 1. FC Nürnberg finalisiert wird, vermutlich bis auf weiteres vorbei.
Der Mann, der in der Führungsetage des MSV Duisburg als wohl größter Befürworter der weiblichen Fußballvariante gelten darf, war natürlich auch gekommen, um sich zu verabschieden. Oder? „Einen letzten Rest Hoffnung habe ich noch, dass es weitergeht“, sagte Vorstandsmitglied Uwe Struck. Er ist es, der hinter den Kulissen maßgeblich dafür kämpft, ein Team auf möglichst hohem Ligenniveau an den Start zu schicken. Aber kann das die 2. Bundesliga sein, für die der MSV als Erstliga-Absteiger ja logischerweise ebenso wie der 1. FC Nürnberg qualifiziert wäre?
Die Frist für die Einreichung der Unterlagen beim Deutschen Fußball-Bund endet in der ersten Juniwoche. Bis dahin müsste klar sein, dass eine Teilnahme des MSV am Spielbetrieb der 2. Bundesliga finanziell darstellbar ist. Als sicher gilt: Ohne das wegbrechende Engagement der Firma Capelli, die nicht nur das notwendige Geld bereitstellte, sondern auch in Person des „Leiters der Lizenzabteilung“, Dario Mlodoch, grundsätzlich das strategische Sagen hatte, kann der MSV dies allein nicht leisten. „Wir sind weiter auf der Suche nach einem Partner“, so Uwe Struck. Der müsste dann im Prinzip den kompletten Etat für die Saison allein tragen.
Bei dieser Suche dürfte auch logistische Hilfe durch die Stadt willkommen sein. Man erinnert sich: Vor zehneinhalb Jahren war es nicht zuletzt der Druck von dieser Seite, der zur „Zwangsehe“ zwischen dem MSV und den Überresten des in die Insolvenz geschlidderten FCR 2001 führte. Auch jetzt ist davon auszugehen, dass die Stadtspitze nicht ein weiteres sportliches Aushängeschild kampflos vor die Hunde gehen lässt.
Dass die Kickerinnen beim MSV grundsätzlich weiter eine Heimat haben werden, steht für Uwe Struck außer Frage: „Wir haben ja schließlich eine Mädchen-Abteilung, die gerade sehr erfolgreich ist.“ Außerdem erhält die Anlage der Frauen an der Mündelheimer Straße durch eine hohe Zuwendung aus der Sparkassen-Stiftung einen neuen Kunstrasen. Und nicht zu vergessen: Will man irgendwann wieder Teil der Deutschen Fußball-Liga werden, muss man ebenfalls Frauen- und/oder Mädchenfußball präsentieren können.
MSV Duisburg: Danksagung, keine Verabschiedung
Ob irgendeine Spielerin aus dem aktuellen Kader eine Zukunft beim MSV hat, gilt zumindest als fraglich. Der ebenfalls scheidende Stadionsprecher Jörg Conradi wies bei der Zeremonie im Anschluss an das letzte Heimspiel gegen Bayer Leverkusen explizit darauf hin, dass es sich dabei „um eine Danksagung und nicht um eine Verabschiedung“ handle – jene Kickerinnen wie Paula Flach, Vanessa Fürst oder Antonia Halverkamps naturgemäß ausgenommen, die sowieso schon einen neuen Verein haben. Aber klar ist auch, dass alle einst von Capelli vermittelten Spielerinnen aus Nordamerika für eine Weiterverpflichtung nicht in Betracht kommen, genauso Nationalspielerinnen wie die Neuseeländerin Jana Radosavljević oder die Isländerin Ingibjörg Sigurðardóttir, mal ungeachtet dessen, dass sie die in sie gesetzten Erwartungen nie erfüllen konnten.
Gern würde man junge Kräfte wie İlayda İçier oder Gina Ebels weiter im Zebra-Dress sehen, doch selbst da gilt: Auch ein Kader für die Regionalliga, in die es bei Lizenzverweigerung für die 2. Bundesliga ginge, will erst einmal finanziert werden. Gegen Konkurrenz wie Fortuna Köln, Alemannia Aachen oder Arminia Bielefeld mit einem nicht konkurrenzfähigen Team anzutreten, wäre kaum sinnvoll. Dass am Ende der aktuelle Reserve-Trainer Tarek Ruhman mit seinen Schützlingen in der Landesliga als neue „Erste“ gemeinsam mit Aufsteiger SV Wanheim 1900 die Spitze des Duisburger Frauenfußballs abbildet, ist aber immer noch ein Szenario, das sich niemand so recht vorstellen kann und will.
Gültige Verträge haben übrigens noch fünf Spielerinnen – unter ihnen auch Torhüterin Ena Mahmutovic. Das Gerücht, dass Meister FC Bayern München an ihr interessiert ist, erhielt unlängst durch den Patzer der aktuellen FCB-Keeperin Mala Grohs im Pokalfinale gegen den VfL Wolfsburg neue Nahrung. Dass die gebürtige Duisburgerin in der neuen Saison noch mit dem Zebra auf dem Trikot antritt, darf ausgeschlossen werden – selbst, wenn sich der erhoffte Sponsor für die 2. Bundesliga doch finden sollte.