Duisburg. Der Trainer des MSV Duisburg war am Sonntag beim Skandalspiel gegen Aue das Gesicht der Zebras – in inoffizieller Mission.

Uwe Schubert war sichtlich angefasst. Wirklich überrascht wirkte er jedoch nicht. „Gewalt gehört nicht zum Sport“, sagte der Übergangstrainer des Fußball-Drittligisten MSV Duisburg in der Pressekonferenz nach dem Skandalspiel gegen den FC Erzgebirge Aue (2:2). Einige sogenannte Ultras hatten den Innenraum der Schauinsland-Reisen-Arena nach der 82. Minute betreten. Pyrotechnik sorgte für blaue Rauchschwaden. Die Ordnungskräfte marschierten auf, die Polizei ebenfalls. Die Partie war für mehr als eine Stunde unterbrochen.

Trainer Uwe Schubert hatte sein professionell vor einen Ball tretendes Personal im Vorfeld nicht nur auf den Gegner, sondern auch auf die Reaktionen der Fans vorbereitet. Angesichts des 3:5 in Lübeck und des unnötigen Abstiegs kein schlechter Gedanke. Schubert: „Ich habe der Mannschaft gesagt, keiner weiß so richtig, was kommt.“ Und was er ebenfalls deutlich gemacht hat: „Es ist das gute Recht der Fans, uns zu beschimpfen.“

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MSV Duisburg: Deutliche Worte von Uwe Schubert

Uwe Schubert hatte zwischenzeitlich seinen Beitrag geleistet. Der Coach war vor die KöPi-Tribüne gegangen und hatte mit Fans gesprochen. Schubert forderte sie mit einiger Empathie auf, zurück in den Block zu gehen. Warum er den Mut zeigte, sich zu stellen, begründete er so: „Ich denke, dass unser Verein das nicht verdient hat. Es wird sowieso in den Schlagzeilen stehen, dass es eine Riesenunterbrechung gab. Ich bin dahin gegangen, um das Spiel zu Ende zu bringen. Nichts weiter.“ Das gelang. Immer noch im Deeskalations-Modus nannte Schubert die Ereignisse „nicht schön.“

Was der Zwischenfall und der Umgang damit aber auch war: Es war bezeichnend für die Gesamtlage des MSV. Präsident Ingo Wald gab an, dass er nicht mit einer solchen Eskalation gerechnet habe. Allerdings, bereits im vergangenen November nach dem 1:2 gegen Ingolstadt, hatten sich etwa 50 Ultras Zugang zu den VIP-Logen verschafft. Sie hatten Diskussionsbedarf. Damals bestand noch ernste Hoffnung, dass die Meidericher die Klasse halten. Nach dem 3:5 in Lübeck betraten MSV-Anhänger ebenfalls den Innenraum. Ordner vor den Fluchttoren zu positionieren, wäre deshalb keine schlechte Idee gewesen. Wie sagte es Uwe Schubert: Keiner wusste so richtig, was kommt. Da kann Vorsicht besser als Nachsicht sein.

Nach dem versuchten Platzsturm marschierten Ordner und Polizei im Duisburger Stadion auf.
Nach dem versuchten Platzsturm marschierten Ordner und Polizei im Duisburger Stadion auf. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Der Tribünenblick auf den Rasen offenbarte zudem Ingo Wald, der auf den verletzten Kapitän Marvin Knoll einsprach. Es schien, als wollte er den Sympathieträger gewinnen, auf die Fans einzuwirken. Wald selbst ging – aus nachvollziehbaren Gründen - nicht nach ganz vorn. Er wird von vielen Freundinnen und Freunden des Zebras als Mitverursacher des Niedergangs in die Viertklassigkeit gesehen. Verwaltungsrats-Chef Martin Sprung war ebenfalls eifrig unterwegs. Es hatte ein bisschen was von dem, was man die ganze Saison über gesehen hatte: Jeder macht, was er will. Keiner macht, was er soll. Aber alle machen mit.

Vor dem Spiel hatte Stadionsprecher Stefan Leiwen in einer emotionalen Ansprache zum „Jetzt erst recht“ aufgerufen. „Duisburg kann Krise“, hatte er behauptet. Während der Stunde zwischen Spielunterbrechung und Wiederanpfiff kam der Gedanke auf: „Vielleicht auch nicht.“ Nebenbei: Die seit drei Jahren anhaltende sportliche Dauerkrise stärkt diese Vermutung.

Ich bin dahin gegangen, um das Spiel zu Ende zu bringen. Nichts weiter.
Uwe Schubert - MSV-Trainer

Wen man nicht im Innenraum sah, war Geschäftsführer Michael Preetz. Der Pressesprecher des MSV, Martin Haltermann, antwortete auf eine entsprechende Nachfrage: Michael Preetz habe an den internen Runden zur Klärung der Situation teilgenommen. Hinter verschlossenen Türen ging es zusammen mit Schiedsrichter Assad Nouhoum und den Ordnungskräften um die Einschätzung der Situation und das Bemühen, die Nummer zu einem geregelten Schlusspfiff zu bekommen.

Martin Haltermann beschrieb das Engagement seines Geschäftsführers als unaufgeregt und zielführend. An der Pressekonferenz nahm Preetz ebenfalls nicht teil. Der Mann, dem eine Hauptrolle beim Neuanfang des Spielvereins zukommt, war in kritischer Lage backstage. Uwe Schubert musste im Namen des Vereins zu den Vorfällen sprechen. Der Mann ist eigentlich Trainer und noch eigentlicher für das Nachwuchsleistungszentrum zuständig.

MSV Duisburg verurteilt Skandal „aufs Schärfste“

Später gab der Verein eine Pressemitteilung heraus, dass man das Verhalten der Innenraum-Betreter „aufs Schärfste verurteilt.“ Ein Zitat eines Verantwortlichen enthielt diese Nachricht nicht. Weder eins von Preetz, noch eins von Wald.

Zum Abschluss noch ein Vorschlag: Vor dem Spiel hatte Stefan Leiwen um Spenden für zwei vom Schicksal böse gebeutelte Kinder gebeten. Angesichts des drohenden Spielabbruchs geriet diese gute Tat aus dem Fokus. Falls irgendwer eine Strafe zu zahlen hat, wären da zwei Jungs, die das Geld brauchen könnten.