Duisburg. Der Saisonstart von Oberligist Hamborn 07 ist daneben gegangen – dafür gibt es Gründe. Der verletzte Justin Bock gibt eine klare Devise aus.
Das Drumherum bei Hamborn 07 macht inzwischen wirklich etwas her. Die Tribüne der Sportanlage im Holtkamp erstrahlt im gelb-schwarzen Glanz der abwechselnd so eingefärbten Sitzschalen, gegenüber gibt es erstmals in der Geschichte des Vereins eine elektronische Anzeigetafel mit mitlaufender Spieldauer, am Eingang lässt sich nach vielen Jahren auch mal wieder ein Stadionheft erstehen. Die sportliche Zwischenbilanz hält da aktuell nicht so recht mit. Nach vier Spieltagen der neuen Saison sind die Löwen erstmals das, was sie zuvor seit dem Wiederaufstieg im Sommer 2022 nicht ein einziges Mal waren: Tabellenletzter der Fußball-Oberliga Niederrhein.
Auch interessant
Ein Punkt, 1:8 Tore – auch wenn die eigenen Erwartungen nicht scharf ausformuliert waren, dürfte das bisherige Abschneiden deutlich dahinter zurückbleiben. Als die Hamborner Spieler am Sonntag nach dem 0:3 gegen die Sportfreunde Baumberg den Rasenplatz verließen, reichte dies immerhin noch zum vorletzten Platz, denn erst kurz darauf wurde das Duell zwischen dem bis dahin komplett punktlosen SC St. Tönis und dem KFC Uerdingen angepfiffen. Der vermeintliche Ligafavorit aus Krefeld enttäuschte erneut und ging mit 1:2 geschlagen vom Feld. Die Gastgeber, die am kommenden Sonntag in Hamborn zu Gast sind, reichten damit die rote Laterne an die Löwen weiter.
„Das müssen wir unbedingt gewinnen. Egal, wie“, sagte Justin Bock am Sonntag nach der dritten Saisonniederlage. Der potenziell so wertvolle Offensivallrounder hatte nicht helfen können, sie zu verhindern, weil ihn eine Zerrung im Oberschenkel außer Gefecht setzte. Ob es bis zum Spiel gegen St. Tönis reichen wird? „Schwer zu sagen“, meinte der „Bockinator“ getaufte Angreifer mit leicht skeptischem Blick. Der ist momentan auch seinem Trainer Julian Berg eigen. Fast schon verzweifelt lief er bei der Partie gegen Baumberg an der Seitenlinie auf und ab, offenbar ahnend, dass es trotz aller Bemühungen nicht reichen würde im Vergleich mit einer Mannschaft, die mit der Sicherheit aus drei vorherigen Siegen auftrat. Die Hamborner Angriffsversuche verpufften irgendwie immer auf halbem Weg, strahlten keine echte Gefahr aus.
Verdacht auf Innenbandriss
Es ist aber auch kein Wunder. Der vor der Saison so ausgeglichen und breit besetzt scheinende Kader ist derzeit auf weniger als ein Standardmaß geschrumpft. Neben Justin Bock fehlten am Sonntag Noah Herrmann, Mamadou Diallo, Gino Mastrolonardo und Robin Fuhrmann aus den verschiedensten gesundheitlichen Gründen; ganz übel traf das Team dann auch noch die verletzungsbedingte Auswechslung von Pascal Spors, bei dem nun ein Verdacht auf einen Innenbandriss im rechten Knie besteht. Das würde einen mehrwöchigen Ausfall bedeuten.
Vom verbleibenden Stammpersonal müssen sich Kevin Menke und Joel Bayram nach Zwangspausen erst einmal wieder zurückkämpfen; andere Leistungsträger wie der links offensiv momentan alternativlose Marco de Stefano oder der eigentlich sonst zuverlässige Rechtsverteidiger Michel Roth, der gegen Baumberg nach 42 Minuten entnervt vom Feld geholt wurde, wirken überspielt. Schlussmann Marius Delker, den die Fans in der Vergangenheit gern auf dem Kieker hatten, kann derzeit wohl noch am wenigsten dafür. Mit seinem seit Wochen verletzten Vertreter Marian Ograjensek fehlt aber zum einen ein antreibender Konkurrent, zum anderen die Versicherung für den (Not-)Fall, dass die Hamborner Nummer 1 ebenfalls wegbrechen sollte. Auch die Routiniers Dennis Wichert und Kevin Krystofiak reißen es aktuell nicht heraus.
Auch interessant
Überdies haben die Neuzugänge (noch) nicht für den erhofften Qualitätsschub gesorgt. Robin Fuhrmann meldete sich nach Verletzung zu früh zurück und muss nun wieder zuschauen, Kenson Götze stellt links defensiv gegenüber Karim El Moumen keine optimierte Variante dar, Folarin Williams wartet als Innenverteidiger noch auf seine Startelfchance, Vedad Music konnte bislang keine Steigerung gegenüber seinen Auftritten beim FSV Duisburg zeigen, Eugene Ofosu-Ayeh wurde angeschlagen verpflichtet und schaut nur zu. Von den Youngstern Jan Roolfs (als Torhüter eh nur bedingt) und Julian Dzieza sollte nicht erwartet werden, jetzt schon die Kohlen aus dem Feuer zu holen.
Einstellung muss sich ändern
Die Situation ist knifflig. Vor der Saison analysierten die Verantwortlichen zutreffend, dass in der auf 18 Teams eingedampften Oberliga kaum noch Laufkundschaft vorhanden ist, die im kommenden Jahr sicher einen Abstiegsplatz buchen wird. Angesichts dessen muss sich aber eben auch die Einstellung ändern: Spiele der Kategorie „kann man mal verlieren“ darf es eigentlich nicht mehr geben. Dieses Gefühl herrschte unlängst nach dem 0:3 beim gefühlten Ligafavoriten Uerdingen, doch dessen Patzer in St. Tönis zeigt, dass auch gegen vermeintlich nominell stärkere Gegner auf Sieg gespielt werden muss, um die nötigen Punkte zu holen.
Das erwartet auch das in der vergangenen Saison über weite Strecken nicht verwöhnte Heimpublikum. Es gilt daran zu erinnern, dass die kalte Jahreszeit naht, in der womöglich wieder auf einen der ungeliebten Kunstrasenplätze ausgewichen werden muss. Wenn sich zum Mangel an Komfort dann auch noch der stetige Misserfolg gesellt, könnte die Zuschauerzahl rasch übersichtlich werden. Da helfen auch gelbe und schwarze Sitzschalen nicht mehr.