Bottrop. Das letzte Team ist abgemeldet. Vor dem schmucken Klubheim gammelt ein Ascheplatz vor sich hin. Doch die Liebe zum Verein soll Berge versetzen.
- Die Spieler der abgemeldeten Mannschaft treffen sich noch zur Weihnachtsfeier im Klubhaus
- Eine Zahl von Spielern hat signalisiert, weiter für den SV Vonderort auflaufen zu wollen
- Vorstand wird noch in diesem Jahr Gespräche mit Alt-Herren des Vereins führen
- Neuwahlen des Vorstandes bei Jahreshauptversammlung im kommenden Jahr
- Tobias Immick würde seinen Posten an der Spitze für einen Neuen freimachen
Spieler verletzten sich, andere verloren die Motivation. Dann schmiss der Trainer hin und der Klub musste seine einzige Mannschaft aus dem Spielbetrieb abmelden. Der SV Vonderort ist in heftige Turbulenzen geraten. Das Aus nach 75 Jahren Vereinsgeschichte schwebt jetzt wie ein Damoklesschwert über dem Wienberg. Doch der Klub hält dagegen.
„Wir haben noch immer rund 100 Mitglieder. Und denen fühlen wir uns verpflichtet“, sagt Christian Schröer. Der Geschäftsführer des SV Vonderort hatte diesen Worten schon vor Wochen Taten folgen lassen. Schröer sprang an der Seite des Vereinsvorsitzenden Tobias Immick ein, als Trainer Mike Schweitzer im Oktober sein Amt niederlegte.
SV Vonderort: Verhältnis zu den Spielern ist nicht gestört
Das Vorstands-Duo füllte ihre Rolle als Interims-Trainer-Gespann mit Herz aus. Das Auseinanderfallen des Teams konnten sie trotz Improvisationsgeschick jedoch nicht aufhalten. Immick erklärt: „Es gibt kein böses Blut zwischen Vorstand, Trainer Mike Schweitzer und den Spielern. Mike wollte mit seinem Rücktritt noch einmal einen Impuls setzen, viele der Jungs waren geschockt, als ich die Abmeldung verkünden musste. Vielen ist das sehr nahe gegangen.“
Immick und Schröer bündeln ihre Kompetenzen jetzt an anderer Stelle, um den Verein wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen. „Wir tun wirklich alles dafür, dass es bei uns weitergeht“, sagt Schröer. Was die beiden antreibt, ist nicht allein Verantwortungsgefühl.
Schröer: „Ich komme aus Essen und bin erst 2011 mit der Familie nach Vonderort gezogen. Aber ich habe schnell gelernt, den Stadtteil und diesen Verein zu lieben.“ Dabei sei nicht immer alles leicht gewesen: „Vor neun Jahren lag der Verein am Boden, war hoch verschuldet.“ Schröer bewies bei der Konsolidierung der Finanzen Geschick und Kreativität. Drei Jahre nach seinem Amtsantritt kam Tobias Immick hinzu, der seitdem als Vorsitzender die Hauptverantwortung trägt.
Spätestens im März will der SV Vonderort seine Jahreshauptversammlung abhalten
Das krisenerprobte Duo stellt sich auch der neuen Herausforderung. Schröer sagt, was ihn antreibt: „Ich will nicht derjenige sein, der zum Amtsgericht muss, um den Verein aufzulösen. Das könnte ich mir nicht verzeihen.“ Immick sieht das ähnlich: „Ich werde den Verein nicht im Stich lassen.“
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Wie geht es jetzt weiter? „Wir müssen jetzt erst einmal in den Verein reinhorchen“, sagt Schröer. Gelegenheiten dazu wird es noch vor dem Jahreswechsel geben. Bei der Weihnachtsfeier der Mannschaft, die trotz des Rückzuges aus der Kreisliga B im Klubhaus gefeiert wird und einem separaten Termin mit den Alt-Herren.
SV Vonderort könnte das Fehlen eines Seniorenteams kompensieren
Die Alt-Herren haben auch beim SV Vonderort einen hohen Stellenwert. „Viele sind schon unheimlich lange im Verein. Sie sind gut vernetzt, haben gute Ideen und bringen sich immer wieder mit Rat und Tat ein“, erklärt Schröer das Treffen mit den „Klublegenden“, das ebenfalls noch in diesem Jahr stattfinden soll.
In der offenen Kommunikation und der Pflege des Gemeinschaftsgefühls verorten Immick und Schröer die größten Möglichkeiten, um die missliche Lage zu verbessern. Das habe den Verein schon in der Vergangenheit ausgezeichnet. Schröer: „Viele Mitglieder im Verein haben die Sorge, dass es irgendwann nicht weitergeht. Wichtig ist, dass sie wissen, dass uns der Rückzug der Mannschaft zwar weh tut, dass damit aber nicht automatisch das Aus des Klubs verbunden ist. Finanziell könnten wir auch ein Jahr ohne Seniorenteam auskommen.“
Vorstand des SV Vonderort will sich breiter aufstellen
Ob und in welcher Form es weitergeht, soll bis zur Jahreshauptversammlung geklärt sein. Die soll spätestens im März abgehalten werden. Bis dahin versucht der Klub, eine neue Mannschaft aufzubauen, die in der Saison 2025/26 in der Kreisliga C antreten soll. „Aus dem Stamm der ehemaligen Mannschaft werden wir sicher einige Spieler zum Weitermachen bewegen“, sagt Immick, „aber wir brauchen mindestens 25 Spieler, sonst macht das keinen Sinn.“
Ziel der Bemühungen ist es aber auch, den Vorstand breiter aufzustellen. Immick habe in den letzten Jahren eine Verdichtung der Aufgaben gespürt und könne eine gewisse Amtsmüdigkeit nicht abstreiten: „Die letzten sechs Jahre haben viel Kraft gekostet. Vielleicht ist es für mich an der Zeit, das Amt in andere Hände zu geben.“
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