Bottrop. Einstiger Fußball-Bezirksligist gerät in seinem Jubiläumsjahr bedrohlich ins Wanken. Ein ganzer Stadtteil hofft, dass die Rettung noch gelingt.

Aus im Jubiläumsjahr? Dem SV Vonderort droht 75 Jahre nach seiner Gründung die Auflösung. Die Blau-Weißen haben ihre einzige Mannschaft aufgrund von Personalnot aus dem Meisterschaftsbetrieb zurückgezogen. Der einstige Bezirksligist wird seit Sonntag als Tabellenletzter der Kreisliga B2 geführt, steht damit als Absteiger fest. Doch wie geht es weiter? Der Vorstand gibt sich kämpferisch, ist aber auch realistisch.

Wenige Wochen vor der Saison hatte Mike Schweitzer noch gegen widrige Umstände am Wienberg gekämpft. Der Coach, der den SV Vonderort in der Spielzeit 2021/22 nach langen Jahren in der Kreisliga C in die Kreisliga B führte und dort zu einer festen Größe machte, klagte über den bemitleidenswerten Zustand des Ascheplatzes samt Folgen.

SV Vonderort: Der Platz wurde repariert, die Probleme blieben

Die Stadt Bottrop schaffte kurzfristig Abhilfe. Der Platz wurde repariert, die strukturellen Probleme blieben. „Es ist kaum möglich, neue Spieler von sich zu überzeugen, wenn du keinen Rasenplatz oder zumindest einen Kunstrasenplatz hast. Die Jungs schließen sich dann einfach einem anderen Klub an“, erklärt Geschäftsführer Christian Schröer.

SV Vonderorts Geschäftsführer Christian Schröer blickt mit Sorge auf die Situation des Klubs.
SV Vonderorts Geschäftsführer Christian Schröer blickt mit Sorge auf die Situation des Klubs. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Dass es in den letzten Jahren überhaupt weiterging am Wienberg, lag an der besonderen Chemie innerhalb der Mannschaft. Mike Schweitzer hatte einen verschworenen Haufen um sich versammelt. Die Anfänge des Teams lagen noch in einem anderen Klub, aber in Vonderort wurde es schnell heimisch, der kleine Klub blühte zwischenzeitlich auf.

SV Vonderort klagte über dünne Spielerdecke und viele Verletzte

Doch auch die motiviertesten Fußballer altern. Weil kaum jemand nachrückte, gerieten die Vonderorter zunehmend unter Druck. Schweitzer beklagte schon zum Saisonstart eine dünne Spielerdecke. Hinzu kam eine ganze Reihe an Langzeitverletzten. Als dann nach den Sommermonaten noch spürbar die Trainingsbeteiligung nachließ, drohte Schweitzer mit Konsequenzen.

Die zog er dann auch. Schweitzer warf im Oktober das Handtuch. Seitdem kümmerte sich der geschäftsführende Vorstand um die letzte verbliebene Mannschaft des SV Vonderort. Aber auch Schröer und der Vereinsvorsitzende Tobias Immick konnten den Trend nicht umkehren.

Für die einen Fußballromantik, für die anderen nicht akzeptabel: Der Ascheplatz am Wienberg ist für den SV Vonderort ein klarer Wettbewerbsnachteil.
Für die einen Fußballromantik, für die anderen nicht akzeptabel: Der Ascheplatz am Wienberg ist für den SV Vonderort ein klarer Wettbewerbsnachteil. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

In den letzten Wochen schleppte sich eine Notelf durch die Kreisliga B. Dann wurde entschieden, die Mannschaft zurückzuziehen. „Das ist uns natürlich nicht leichtgefallen, aber wir hatten ja kaum eine Wahl“, so Schröer. Der Geschäftsführer fühlt weiterhin die Verpflichtung, den Verein zu erhalten.

Vorstand kämpft für die letzten verbliebenen Wienberg-Löwen

„Wir haben immer noch knapp 100 Mitglieder, der Verein ist finanziell gesund und gut aufgestellt“, sagt Schröer. Das sei vor neun Jahres als er das Amt übernommen hatte, noch ganz anders gewesen: „Die Situation damals war existenzbedrohend, wir hatten enorme Schulden, die wir in den letzten Jahren komplett abgebaut haben.“

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Die solide Finanzlage nutzt dem Klub heute allerdings wenig. Denn die Existenz ist trotzdem bedroht. „Wir werden jetzt natürlich versuchen, eine Mannschaft für die kommende Saison aufzubauen. Aber dafür brauchen wir einen Kader von mindestens 25 Spielern“, sagt Schröer.

Wie schwierig es ist, neue Spieler an den Wienberg zu locken, wissen die Vonderorter schon seit vielen Jahren. Die intensiven Versuche, eine Jugendabteilung aufzubauen, trugen zwar zwischenzeitlich Früchte, nachhaltig waren sie aber nicht. Aus bekannten Gründen.

SV Vonderort wird auch bei der Hallen-Stadtmeisterschaft fehlen

„Spieler, die irgendwo zwischen 30 und 40 sind, die kannst du noch für Asche begeistern. Die kennen das aus ihrer Jugend. Aber alle jüngeren Fußballer haben andere Ansprüche“, so Schröer. Und das Angebot falle in Bottrop ja durchaus üppig aus. Der SV Vonderort ist neben den ebenfalls in ihrer Existenz bedrohten Sportfreunden 08/21 einer von nur zwei Bottroper Fußballvereinen, die nur über einen Ascheplatz verfügen.

Aufstieg! In der Spielzeit 2021/22 schaffte der SV Vonderort die Rückkehr in die Kreisliga B.
Aufstieg! In der Spielzeit 2021/22 schaffte der SV Vonderort die Rückkehr in die Kreisliga B. © FELx | Felix Hoffmann

Der Rückzug aus der Kreisliga B hat auch zur Folge, dass der SV Vonderot keine Mannschaft zu der Hallen-Stadtmeisterschaft schickt, die Anfang Januar 2025 in der Dieter-Renz-Halle ausgetragen wird. Eine Änderung des Turnierplans ist aber nicht nötig, die Fuhlenbrocker Haie nehmen den Platz der Wienberg-Kicker ein.

Für die Stadtmeisterschaft ist das eine praktikalbe Lösung. Der Rückzug des SV Vonderort ist für einen kompletten Stadtteil aber problematisch. Das Vereinsaus wäre eine Hiobsbotschaft. Das strukturschwache Vonderort droht, einen wichtigen Begegnungsort und auch ein Stück Identität zu verlieren. Patrick Wojwod, der in den 90ern mehr als 500 Mal für die Wienberg-Löwen auf dem Platz stand, brachte es schon vor Jahren in einem Interview auf den Punkt: „In Vonderort gibt es nur den SV und noch einen Kiosk.“

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