Bottrop. Aus Bottrop ging es raus in die große Fußballwelt. Paul Holz spielte in Wembley - und trug das Trikot von Schalke, BVB und Bochum. Das ist seine Geschichte.

Paul Holz war der größte Künstler, der es aus Bottrop je in die Fußballstadien dieser Republik gebracht hat. „Ein unheimlich guter Techniker“, findet Klaus Fischer, einst Nationalspieler und Weltmeisterschaftsteilnehmer über seinen Mitspieler bei Schalke 04, und Michael Lameck, der mit Holz beim VfL Bochum kickte, schwärmt: „Ein Riesenfußballer mit seiner linken Klebe, der geniale Pässe spielen konnte.“

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Auf dem Platz war Paul Holz eine Begabung wie der Nordire George Best oder der Brasilianer Rivelinho – in Zeiten, in denen der Fußball weder den sozialen Stellenwert noch die mediale Bedeutung hatte wie heutzutage. „So in der Öffentlichkeit zu stehen, das ist extrem“, sagte Paul Holz in einem Gespräch in Bocholt drei Jahre vor seinem Tod im Jahr 2017. „Das Spiel ist aus und schon stehen alle mit dem Mikrofon da. Die Spieler sind noch so aufgedreht, dass mehr falsche Sätze als richtige herauskommen. Damals war es wesentlich ruhiger.“

Bottroper „Bistro“ war erster Anlaufpunkt nach dem Training

Der frühere Mittelfeldregisseur dachte dabei vor allem an ein Szenario: „In der Öffentlichkeit können die sich heute nichts erlauben. Wenn heute einer in einer Kneipe gesichtet wird und die Mannschaft kassiert am Wochenende eine Niederlage, dann wird ihm das aufs Butterbrot geschmiert.“ Solche Sorgen musste er sich in den 70er-Jahren noch nicht machen. Unbehelligt saß Holz nach dem Training oft im Bottroper „Bistro“ in der Essener Straße, einem Café, das aus der Diskothek „Piccadilly“ hervorgegangen war.

Mannschaftsfoto von Schalke 04 aus der Saison 1972/73. Paul Holz sitzt in der unteren Reihe (5.v.l.). Außerdem zu sehen: Hintere Reihe (v.l.): Rolf Rüssmann, Torwart Norbert Nigbur, Ulrich van den Berg, Klaus Scheer, Hartmut Huhse, Klaus Beverungen, Jürgen Sobieray. Mittlere Reihe (v.l.): Betreuer Lichterfeld, Karl-Heinz Frey, Nico Braun, Norbert Heßling, Helmut Manns, Klaus Fischer, Co-Trainer Friedel Rausch. Unten (v.l.): Trainer Ivica Horvat, Jürgen Klein, Roland Kosien, Torwart Helmut Pabst, Paul Holz, Helmut Kremers, Herbert Lütkebohmert, Erwin Kremers.
Mannschaftsfoto von Schalke 04 aus der Saison 1972/73. Paul Holz sitzt in der unteren Reihe (5.v.l.). Außerdem zu sehen: Hintere Reihe (v.l.): Rolf Rüssmann, Torwart Norbert Nigbur, Ulrich van den Berg, Klaus Scheer, Hartmut Huhse, Klaus Beverungen, Jürgen Sobieray. Mittlere Reihe (v.l.): Betreuer Lichterfeld, Karl-Heinz Frey, Nico Braun, Norbert Heßling, Helmut Manns, Klaus Fischer, Co-Trainer Friedel Rausch. Unten (v.l.): Trainer Ivica Horvat, Jürgen Klein, Roland Kosien, Torwart Helmut Pabst, Paul Holz, Helmut Kremers, Herbert Lütkebohmert, Erwin Kremers. © imago/Horstmüller | imago sport

Paul Holz stammt aus dem Stadtteil Boy und spielte in seiner Jugend für Rhenania Bottrop. Statt sich früh völlig dem Fußball zu verschreiben, wollte er lieber „mit meinen Kumpels spielen“ und machte neben der Gewerbefachschule eine Schlosserlehre. Rhenanias Jugend maß sich mit dem VfB Bottrop und Sterkrade 06/07 in der sogenannten Bestengruppe des Fußballbezirks Oberhausen/Bottrop; eine höhere Liga für den Nachwuchs existierte zu dieser Zeit nicht.

Holz‘ Fähigkeiten blieben dennoch nicht verborgen, 1968 spielte er sich in die Schülernationalmannschaft. Im legendären Londoner Wembleystadion, dieser Kathedrale des Fußballs mit den zwei weißen Türmen neben der Haupttribüne, besiegten die deutschen Schüler die Engländer mit 2:1 und Paul Holz erinnerte sich gern: „Das war gewaltig. Dieser Kessel und dieser tolle, weltberühmte Rasen. Da stellt man sich hin als 15-Jähriger und hört die Nationalhymne. Gänsehaut pur!“

Paul Holz hat mit 18 Jahren die ersten großen Angebote

Auch der Jugendnationalmannschaft gehörte er an und hatte dann mit 18, was seine sportliche Zukunft betraf, „sechs oder sieben Angebote“, auch von Essen, Mönchengladbach, FC Köln und reiste für Verhandlungen auch zum Hamburger SV. „Ich wollte wahrscheinlich einfach nicht von zu Hause weg,“ erklärt er seine Entscheidung 1971 für Schalke 04.

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„Toll“ sei die Zeit dort gewesen, sagte Paul Holz, die Mannschaft „überragend“. Der Pokalsieg in Hannover und Platz zwei in der Meisterschaft, knapp hinter Bayern München, sprangen mit den Nationalspielern Norbert Nigbur im Tor, Klaus Fichtel und Rolf Rüssmann im Abwehrzentrum, den Kremers-Zwillingen, Reinhard Libuda und Klaus Fischer heraus.

Paul Holz erzielt das erste Tor im neuen Westfalenstadion

„Die Konkurrenz im Kader war riesengroß“, blickt Fischer zurück. „Aber auch Paul hatte seine Einsatzzeiten – ein ganz ruhiger, angenehmer Typ.“ Holz machte zu Beginn seines Engagements für Schalke noch die Gesellenprüfung als Schlosser und schoss 1974 das erste Tor im neuen Westfalenstadion in Dortmund – bei einem 3:0-Sieg des ungeliebten Nachbarn in einem Freundschaftsspiel.

Als Schalke Monate später Hannes Bongartz aus Wattenscheid für die Spielmacherposition holte, ging Holz nach Bochum. Er fürchtete, über einen Platz auf der Ersatzbank nicht hinauszukommen und hatte an der Castroper Straße Hermann Gerland, Jupp Tenhagen, Jupp Kaczor und Michael „Ata“ Lameck als Kollegen.

Holz: Vielleicht zu viel gefeiert und zu wenig geackert

Irgendwann in der Erinnerung wurde der Linksfuß aus Bottrop ein wenig wehmütig und sagte: „Ich glaube, ich hab‘ vielleicht ein bisschen zu viel gefeiert und zu wenig geackert. Ich hätte vielleicht mehr erreichen können.“ Lameck relativiert diese Aussage: „Er war nicht so lauffreudig, aber das waren Netzer, Overath oder bei uns Thomas Kempe auch nicht. Es gibt ja immer unterschiedliche Spielertypen. Ich hatte bei weitem nicht diese Technik, aber dafür die Kampfbereitschaft.“

„Er war nicht so lauffreudig, aber das waren Netzer, Overath oder bei uns Thomas Kempe auch nicht. Es gibt ja immer unterschiedliche Spielertypen. Ich hatte bei weitem nicht diese Technik, aber dafür die Kampfbereitschaft.“

Michael Lameck, ehemaliger Mitspieler,
über Paul Holz

Paul Holz hat einen ganz besonderen Aspekt in seiner Vita. Er allein hat in der Bundesliga für die drei großen Revierklubs Schalke, Bochum und Borussia Dortmund gespielt. Der Bochumer Zeit, unterbrochen von einem Jahr in Hannover, schlossen sich zwei im schwarz-gelben Dress an, ehe Holz 1981 nach Bocholt in die Oberliga wechselte.

Dort lebte er bis zu seinem Tod nach langer Krankheit im Dezember 2017. Eine Anekdote aus seiner Spielerzeit verdeutlicht die Veränderung in der Fußballbranche: „In Bochum sind wir nach dem Spiel mit der ganzen Mannschaft ins Klubheim, Sportschau gucken. Wir waren froh, wenn unser Spiel gezeigt wurde.“ Damals – man kann sich das heute kaum noch vorstellen – zeigte die ARD nur drei der neun Spiele vom Samstagnachmittag.

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