Bottrop. Marcel Leidgebel bestreitet am Sonntag sein letztes Spiel für Fortuna. Defensivspieler sieht seinen Herzensklub für die Zukunft gut aufgestellt.

Schon Tage vor dem Spiel des SV Fortuna Bottrop gegen die Spielvereinigung Sterkrade 06/07 gab Marcel Leidgebel zu, dass er nicht ohne Aufregung an das letzte Saisonspiel denkt. Das hat rein gar nichts mit der erwartbaren Qualität des Oberhausener Topteams zu tun. Der Abwehrroutinier der Rot-Weißen vertraut der besonderen Stärke des Teams auf heimischem Terrain.

„Jeder, der nach Rheinbaben kommt, weiß, es wird schwer. Nein, ich erwarte, dass es emotional, sehr emotional wird.” Für den 36-Jährigen wird der 2. Juni 2024 zu einem merkwürdigem Datum werden. Nach zwölf Jahren beim Traditionsklub hängt Leidgebel die Fußballschuhe an den Nagel.

Marcel Leidgebel wollte schon in der letzten Saison aufhören

Offen erzählt er, dass er hier seine sportliche Heimat gefunden hat und nicht nur er selbst. „Meine Frau, meine beiden Kinder, sie alle fühlen sich sehr wohl hier. Der Verein bezeichnet sich nicht nur als familiär, er ist es. Meine Kinder sind mit in der Kabine, sie verstehen sich großartig mit meinen Mannschaftskollegen. Aber das gute Gefühl, das ich bei der Fortuna empfinde, das müssten eigentlich alle haben. Jeder wird begrüßt und willkommen geheißen, keiner muss sich fremd fühlen.”

Da stellt sich die Frage: Warum kommt der Abschied vom aktiven Sport gerade jetzt? „Eigentlich wollte ich schon vor einem Jahr aufhören. Aber es hat mich gereizt, unter Marco Hoffmann und Sascha Wisniowski noch eine Saison dranzuhängen. Und ich bereue nichts, nicht diese Saison, nicht all die Jahre davor.”

Seine Gründe fürs Aufhören leuchten ein. „Ein guter Trainer hat mir mal gesagt: Wenn es mehr Tage gibt, an denen du keinen Bock mehr hast, zum Training zu gehen, als Tage, an denen du Lust darauf hast, ist es Zeit aufzuhören. Und wenn ich jetzt meine Kinder zu Bett gebracht habe, fällt es mir oft schon schwer, mich noch einmal aufzuraffen. Und die Nachwirkungen eines Sonntagsspiels spüre ich mittlerweile mittwochs noch”, gibt Leidgebel zu.

Marcel Leidgebel braucht mehr Zeit für seine Familie

„Aber vor allen Dingen ist es mir wichtig, Zeit mit meinen Kindern zu verbringen, mich bei ihren Hobbys einzubringen. Meine Tochter turnt auf Leistungssportniveau, mein Sohn begeistert sich fürs Schwimmen.” Nicht zuletzt arbeitet er an seiner beruflichen Karriere. „Die Weiterbildung war auch der Grund, dass ich nicht bei allen Saisonspielen dabei sein konnte.”

„Seine” Fortuna sieht er auf einem guten Weg. Die werde auf seine Erfahrung verzichten können. „Die Saison war schwierig, aber die Rückrunde zeigt unsere Fortschritte gemacht deutlich. Rhenania hat das in der vergangenen Saison erlebt und sie haben den Klassenerhalt geschafft. Sie spielen jetzt mit einer jungen Mannschaft eine Topsaison.“

Marcel Leidgebel (r.) spielt am Sonntag zum letzten Mal für Fortuna Bottrop.
Marcel Leidgebel (r.) spielt am Sonntag zum letzten Mal für Fortuna Bottrop. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Leidgebel erklärt: „Viele sagen: Marcel, du musst die Jungen anführen. Aber irgendwann müssen die es selbständig tun. Sie sind alle drei mal sieben, haben Erfahrungen gesammelt. Ich bin zuversichtlich, dass sie die Bezirksligatradition der Fortuna weiterführen können.”

Leidgebel hatte nie Interesse, für einen anderen Klub und Kohle zu spielen

Er selbst habe in der „goldenen Generation” der Strickerschmidts, Hassenrücks, Weyerhorsts oder Beckfelds wunderbare Erlebnisse gesammelt. „Wir waren ein Stamm von acht, neun Spielern über Jahre hinweg. Da brauchte es nur den einen oder anderen Spieler zusätzlich und das Team stand.” Die Highlights waren nicht nur sportlicher Natur. „Was hatten wir für tolle Fahrten und Mannschaftsfeiern.”

Auf dem Platz seien die Erfolge schwieriger zu quantifizieren. „Wir hatten in den meisten Spielzeiten nur wenig Gegentore, das hat mir gezeigt, dass ich in unserer Defensive einiges richtig gemacht habe.” In der Bezirksliga vergleichen sich die Fortunen oft mit einer fiktiven Widerstandsgruppe: „Wir sind das gallische Dorf”, erklärt Leidgebel lachend.

Leidgebel: Ich bedanke mich bei allen, die mir diese Jahre ermöglicht haben

„Mich hat es nie interessiert, wenn andere meinten, man könnte sich in der Liga doch eine goldene Nase verdienen. Der Verein bietet uns statt finanzieller Anreize so vieles. Das sorgt für ein Zugehörigkeitsgefühl, das man nicht erkaufen kann. Im Derby gegen Rhenania hat unser Nachwuchs uns riesig unterstützt. In der Halbzeitpause habe ich der Mannschaft gesagt: Wir gehen raus und gewinnen das Ding. Nicht für uns selbst, sondern für diese Mädchen und Jungs.”

Grundlage für all das sei das enorme ehrenamtlichen Engagement. „Fortuna ist ein Arbeiter- und Malocherklub im besten Sinne. Ich kann mich nur bei allen bedanken, die mir diese Jahre ermöglicht haben. Vor allem bei meiner Frau, natürlich, meiner Familie, aber auch bei allen anderen, Spielern, Trainern und den vielen Ehrenamtlichen. Die Ultras nicht zu vergessen. Und auf Rheinbaben geht man nie ganz. Wer weiß, vielleicht stehe ich irgendwann mal hinter dem Grill.”

Das Heimspiel des SV Fortuna Bottrop gegen den Tabellenzweiten Spvgg Sterkrade 06/07 am Sonntag wird das letzte für Marcel Leidgebel sein. Anstoß der Partie an der Rheinbabenstraße ist um 15.30 Uhr.

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