Kirchhellen. Marco Hoffmann und Sascha Wisniowski wollen beim VfB Kirchhellen keine Zeit vergeuden. Die erste Prüfung ist gleich ein Sechs-Punkte-Spiel.

Sein Handy stand am vergangenen Donnerstag einfach nicht still, ständig vibrierte und klingelte es. Unter die vielen Weihnachtsgrüße von Freunden und Bekannten mischten sich bis Mittag fast 50 Glückwunsch-Nachrichten. Marco Hoffmann zeigte sich selbst ein wenig überrascht von diesem Bohei. Der 39-Jährige hätte nicht für möglich gehalten, dass sich die Nachricht über den frisch unterschriebenen Vertrag beim Bezirksligisten VfB Kirchhellen so schnell verbreiten könnte und ein solches Echo auslösen würde.

„Ich habe mir die meisten Nachrichten noch gar nicht angeschaut. Du liest gerade die eine, und dann klingelt schon die nächste. Ich lasse das Handy jetzt erst einmal in Ruhe und schaue heute nachmittag noch einmal drauf“, erklärte Hoffmann am Vormittag. Eine ähnliche Situation hatte er Anfang November erlebt, als er und sein Co-Trainer Sascha Wisniowski völlig überraschend den Job beim SV Rhenania verloren hatten. Die Nachrichten lauteten damals anders, hatten aber denselben herzlichen Tenor.

Gestiegene Ansprüche von Marco Hoffmann und Sascha Wisniowski

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Dass er und Sascha Wisniowski nicht lange ohne einen Job bleiben würden, damit hatte Hoffmann gerechnet. Kein Wunder bei der bisherigen Vita: Das Trainerduo hatte den SV Fortuna Bottrop aus der A-Kreisliga geführt und zu einem gestandenen Bezirksligisten geformt. Auch mit Rhenania waren sie in die Bezirksliga aufgestiegen, standen dort auf dem dritten Tabellenplatz als telefonisch die Kündigung kam. Schon in den ersten Tagen nach der Entlassung im Blankenfeld sahen sich beide mit den ersten Angeboten konfrontiert. „Unsere Ansprüche sind ein wenig gestiegen“, ließ Hoffmann damals wissen, „nach Fortuna und Rhenania wollen wir jetzt keine Mannschaft übernehmen, bei der wir komplett bei Null anfangen müssen, und der Verein sollte schon ordentlich aufgestellt sein.“

All das trifft auf den neuen Verein zu, dem sich Hoffmann und Wisniowski nun angeschlossen haben. Der VfB Kirchhellen hatte sich Anfang Dezember in Panik um den sportlichen Verbleib in der Bezirksliga von seinem Trainerteam mit Marc Wischerhoff und Thomas Heimath getrennt. Schon kurze Zeit später klopfte der Bezirksligist bei Hoffmann an. Mit Erfolg.

Intensive und gute Gespräche zwischen Vorstand und Trainern

Kirchhellens Vereinsvorsitzender Georg Garz sprach von intensiven und guten Gesprächen, an deren Ende die Einigung stand. Intensiv wurde es wohl vor allem, weil sich Hoffmann und Wisniowski in Kirchhellen auf ganz neue Gegebenheiten einstellen müssen. Anders als der SV Rhenania sieht der VfB seine Zukunft dauerhaft in der Bezirksliga. Anders als beim SV Rhenania baut der VfB ausschließlich auf Fußballer aus den eigenen Reihen und mit solchen, die sich mit dem Klub und seinen Grundsätzen identifizieren. Dazu gehört für die Fußballer an der Loewenfeldstraße auch der Verzicht, auf Handgelder und monatliche Zuwendungen. „Das gibt es bei uns nicht. Und das wird es bei uns auch nicht geben“, betont Georg Garz immer wieder.

Wie alles im Leben hat das Vor- und Nachteile. Hoffmann und Wisniowski übernehmen ein gefestigtes und organisch gewachsenes Team mit einem ausgeprägten Teamgeist. Die beiden Coaches können aus einem breiten Stamm an Spielern wählen, dazu gehören auch die Akteure der zweiten Mannschaft, die in der Kreisliga A spielen. Aus der Kirchhellener Jugendabteilung bieten sich Jahr für Jahr neue Talente an.

Fußballer dürfen beim VfB Kirchhellen kein Geld kosten

Aber - und auch das kam zwischen dem VfB-Vorstand und dem Trainergespann zur Sprache: Die Möglichkeiten, auf sportliche Krisen zu reagieren, sind beim VfB Kirchhellen stark eingeschränkt. Der Verein wird sich in der Winterpause nicht um externe Verstärkungen bemühen, um das Team leistungsfähiger aufzustellen. Ein Scheckbuch, das eingesetzt werden könnte, um leichter die sportlichen Ziele zu erreichen, gibt es nicht. Ein Umstand, der schon den Handlungsspielraum des Vorgänger-Duos eingeschränkt hatte. Wischerhoff und Heimath mussten schwer improvisieren, als die Personaldecke aus unterschiedlichen Gründen vorne und hinten nicht mehr ausreichte.

„Back to the roots“, sagt Hoffmann und erinnert sich an die Anfänge seiner Trainerlaufbahn bei den Senioren, „beim SV Fortuna war die Situation damals eine ganz ähnliche. Wir haben dort auch die ersten Jahre nur mit eigenen Spielern gearbeitet.“ Die Dynamik, die das mit sich bringt, ist Hoffmann bewusst: „Bei Misserfolg ist der Trainer die einzige Stellschraube, die der Verein hat.“ Ein Umstand, mit der er klar kommt und dem er auch Positives abgewinnen kann: „Alle Beteiligten wissen sofort, worauf es ankommt. Das gilt für uns Trainer und natürlich auch für die Spieler.“

An neue Vereinsfarben werden sich Hoffmann und Wisniowski nicht gewöhnen müssen, wohl aber an neue Gegner. Denn der Wechsel vom Blankenfeld ins Löwenfeld bedeutet auch den Sprung vom Niederrhein nach Westfalen. Die Derbys gegen den VfB Bottrop, Fortuna Bottrop oder den FC Bottrop weichen nun Spielen gegen Traditionsclubs wie den SC Hassel, den SV Zweckel oder den VfB Hüls, nicht selten geht es auch aufs Land. „Darauf freuen wir uns besonders“, sagt Hoffmann, „in Westfalen sind wir noch ein unbeschriebenes Blatt.“

Hoffmann führt die ersten Gespräche mit den Spielern

Noch bevor Hoffmann am Donnerstag alle Nachrichten auf seinem Handy studiert hatte, arbeitete er schon die ersten Punkte einer spontanen To-do-Liste ab. Dazu gehörte auch ein erstes Telefonat mit Teamkapitän Fabian Mohs. Weitere Gespräche mit Spielern des Kaders werden folgen, auch eine erste Zusammenkunft vor dem für den 9. Januar geplanten Auftakt zur Vorbereitung. „Die Mannschaft kenne ich vor allem aus der Gegnerperspektive. Die Spiele gegen den VfB waren nie einfach“, so Hoffmann, der sich noch an das letzte Aufeinandertreffen im Juli erinnert. Damals gewann er mit Rhenania an der Loewenfeldstraße 2:1, „Mannschaftlich war dem VfB kaum beizukommen, am Ende hat die individuelle Klasse den Ausschlag gebeben.“

Hoffmann und Wisniowski werden nur wenige Wochen bleiben, um die Mannschaft kennenzulernen und auf die Aufgaben der Bezirksliga-Rückrunde vorzubereiten. „Es geht jetzt vor allem darum, dass die Spieler Selbstbewusstsein aufbauen“, sagt Hoffmann. Das wird nötig sein, zumal schon das erste Spiel richtungsweisenden Charakter haben wird. Der VfB Kirchhellen muss zum Rückrundenauftakt beim SV Zweckel antreten. Das Kellerduell am 13. Februar ist gleich ein Sechs-Punkte-Spiel.

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