Bottrop. Dirk Lewald ist das Gesicht des LC Adler Bottrop. Am System der Förderung von Sportlerinnen und Sportler würde er gerne einige Dinge verändern.
Wenn in Bottrop über Leichtathletik gesprochen wird, dann fällt oft nach wenigen Sekunden der Name Lewald. Und entweder geht es um Marius, Sohn von Dirk und Bottrops Aushängeschild in Sachen Hürdenlauf, Simone Lewald, die den LC Adler managed oder eben um Dirk Lewald (49), nicht nur erster Vorsitzender des von ihm mitgegründeten LC Adler Bottrop, sondern ebenso Trainer und zudem ein Multiaktivist in Sachen Leichtathletik, Breitensport, Behindertensport, Sportförderung, Jugendarbeit und noch einiges mehr.
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Es ist einer der letzten sonnigen, warmen Tage, an dem Dirk Lewald und ich uns im Stadtgarten Bottrop treffen. Ein konkretes Gesprächsthema haben wir mit voller Absicht nicht vereinbart, wir wollen es fließen lassen, sehen, wohin uns der Talk im Park führen wird. Während Fotograf Thomas Gödde uns so platziert, wie er uns gerne haben und in Szene setzen möchte, dreht sich das Gespräch als Erstes doch noch einmal um das Thema, dass uns alle die letzten anderthalb Jahre begleitet hat.
Dirk Lewald weiß um die Bedeutung der Ehrenamtlichen
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Corona und die Folgen. „Das hat dem Sport natürlich nicht geholfen.“, resümiert Dirk Lewald, „Vielen fehlt die regelmäßige Bewegung, das hat gesundheitliche Auswirkungen und für die Vereine war das auch hart. Dass kein Sport getrieben werden konnte, merkt man bei den Neuanmeldungen, man merkt es finanziell und natürlich auch bei den Ehrenamtlichen. Ohne die geht im Breitensport einfach nichts“, sagt Dirk Lewald.
Er ergänzt ganz im Redefluss: „Und da ja nichts stattfinden konnte, muss an einigen Stellen jetzt neu aufgebaut werden. Aber diese Probleme gab es auch vorher, die Probleme wurden durch Corona nur noch einmal sehr deutlich sichtbar gemacht. Es engagieren sich heute weniger Leute ehrenamtlich, als früher. Das ist vielleicht auch einfach eine Generationensache. Zum Glück ist es beim LC Adler so, dass es einige Eltern gibt, die den Jugendbereich sehr aktiv unterstützen. Aber vor einigen Jahren waren das wesentlich mehr Leute als heute. Das Ehrenamt ist ein wertvolles Gut, ohne das der Breitensport schlicht nicht funktioniert.“
Und es erfordert viel Zeit, die auch Dirk Lewald nicht unbegrenzt zur Verfügung hat. Er arbeitet als Ausbildungsleiter im Bereich Elektrotechnik und kümmert sich um die Steuerungsfunktion für die technische Ausbildung der Azubis. Eine Arbeit, die Dirk Lewald ausfüllt und seiner Einstellung, jung im Geist zu bleiben, entgegenkommt. „Aber natürlich merke ich auch das Alter. Mittlerweile …“, sagt er lachend und führt weiter aus: „Früher habe ich auch nach der Arbeit noch Stunden für den Sport drangehängt, aber das geht nicht mehr, ich muss da auch auf mich achten. Wir werden ja nicht jünger.“
Vater und Sohn haben ein besonderes Verhältnis
Dirk Lewald ist jedoch nicht nur im LC Adler aktiv, sondern hat in den letzten Jahren seinen Sohn Marius in seiner sportlichen Karriere als Trainer betreut, ist mit ihm durch ganz Deutschland gereist. Die Wochenenden waren meist mit Leichtathletik ausgefüllt.
Eine Zeit, die er sehr genossen hat. „Marius trainiert ja jetzt in Wattenscheid, aber ich habe die Entwicklung von ihm vor Ort mit begleitet, seit er in den Landesjugendkader berufen würde. Da hat er in Münster trainiert und da sind wir immer zusammen hingefahren. Ich habe dadurch sehr viel Neues im Bereich des Trainings für die Kurzhürden gelernt, so viel an neuen Methoden oder mir angeschaut, wie unterschiedlich Trainer arbeiten, und war dann tatsächlich kurzfristig auch Landestrainer für den Verband Westfalen. Aber das war dann einfach zu viel, und zeitlich für mich nicht mehr zu bewältigen“, beschreibt Dirk Lewald, wie sich seine sportliche Ausbildung parallel zur Karriere seines Sohnes entwickelte.
Er war der Heimtrainer seines Sohnes, allerdings ist es in der Leichtathletik im hiesigen Verband so geregelt, dass die Heimtrainer keinerlei Unterstützung erhalten und deshalb der Aufwand zeitlich nicht zu bewältigen war.
„So kann das einfach nicht funktionieren“ führt er aus und fährt fort: „Ich als ambitionierter Heimtrainer mit allen Trainingslizenzen habe niemals den Eindruck gehabt, dass meine Arbeit vom Verband unterstützt wird. Ganz anders Frank Bartschat, der Landestrainer. Bei ihm konnte ich mir alles abschauen, er hat das unterstützt und daraus ist eine tolle Freundschaft entstanden. Das hatte ich auf Bundesebene auch erwartet, aber das war leider nicht so.“
Über Normen und das Scheitern als Chance
Dirk Lewald ist ein Freund von positiver Motivation und hat dementsprechend viel Kritik an der Arbeit des DLV. Normen sind wichtiger als Weiterentwicklung. Er hinterfragt diesbezüglich das Fördersystem in der deutschen Leichtathletik und die mangelhafte Erfolgsquote der letzten Jahre gibt ihm in seiner Kritik recht.
„Wenn du die jungen Athleten nicht an große Wettkämpfe heranführst, dann kann sich da ja nur schwer was entwickeln. Wenn junge Sportler nicht die große Luft schnuppern dürfen, wie sollen sie dann den Druck aushalten?“ macht er klar, was er vom formalhaften Umgang mit Sportlern und Ergebnissen hält und bringt es in einem Satz auf den Punkt: „Wir haben da einfach überhaupt keine Fehlerkultur, wo ein Scheitern auch als Chance, besser zu werden, begriffen wird.“
Und diese Probleme in der Leichtathletik spiegeln auch wider, wie in Deutschland gesellschaftlich häufig mit Neuerungen, innovativen Ideen und Konzepten umgegangen wird. „Mir passiert da einfach viel zu wenig. Proaktiv in die Grundschulen gehen, Talente entdecken und dann Talente fördern. Darum geht es. Das Fördern kommt leider viel zu kurz. Kinder bewegen sich gerne, man muss nur mal hinschauen, welches Kind besonders gerne dies oder das macht“, sagt Lewald.
Ein Beispiel sei das Bildungssystem. „Da läuft so viel falsch. Ich kriege das als Ausbildungsleiter ja direkt mit. Manchen ist gar nicht klar, dass der Beruf, den sie jetzt erlernen, sie die nächsten Jahrzehnte begleiten wird. Man muss auf das, was man entscheidet, auch Lust haben, sonst ergibt das in meinen Augen wenig Sinn“, hat Dirk Lewald eine klare Haltung dazu, welchen Geist unsere Gesellschaft auch atmen könnte.
Wenn es nach ihm ginge, müsste einiges angegangen und geändert werden. Mit dem Satz: „Das haben wir schon immer so gemacht.“ kann er nichts anfangen, egal ob im Sport, im Beruf, der Schule und im Leben.
Neue Wege sind zu gehen
Anderthalb Stunden sind wie im Fluge vergangen. Wir sprechen darüber, was sich in den Jahren verändert hat, was neu gewonnen wurde und was wir verloren haben. Dirk Lewald ist einer, der bereit ist, die neuen Wege zu gehen.
2014 gründete er mit anderen Aktiven den LC Adler, auch dort machten sie es einfach anders, als sie es bis dato kannten. Mit der Bereitschaft und dem Wissen, Fehler zu machen und daraus zu lernen. Es wurden Events im Rahmen der Leichtathletik kreiert wie das Marktplatzspringen, wie die Sportgala, die jedes Mal aufs Neue ein Zuschauermagnet in Bottrop ist. „Wir brauchen wieder mehr do-it-yourself-Kultur. Wenn eine Idee da ist, dann versuche ich, die umzusetzen. Mehr machen, weniger konsumieren. Das erfüllt auch viel mehr“, fasst Dirk Lewald unser Gespräch zum Schluss zusammen.