Wattenscheid. Die SG Wattenscheid träumt gerne von der Regionalliga, die Realität ist aber eine andere. Eine Fehlerkette führte zu hohen finanziellen Verlusten.
Es ist etwas mehr als fünf Jahre her, dass die SG Wattenscheid 09 um ihre Existenz kämpfte. Die Insolvenz 2019 hätte das Ende der Geschichte des ehemaligen Bundesligisten sein können. Als Lehre daraus gab der Vorstand für den Neuaufbau den “Wattenscheider Weg“ aus. Man dürfe nie wieder mehr Geld ausgeben als man einnimmt. Von diesem Weg ist die SGW in der vergangenen Saison abgekommen - und zwar krachend.
120.000 Euro minus hat der Klub in der Saison 2023/24 gemacht. Zwischenzeitlich fehlte Geld, um neue Fanshop-Waren zu bestellen. Über diese Zahl sind selbst Menschen erschrocken, die nah dran am Verein sind, sie ist potenziell existenzbedrohlich. Verantwortliche auf allen Ebenen haben Fehler gemacht - der Verein bezahlt dafür nun teuer.
Wattenscheid 09 wurde nach dem Regionalliga-Abstieg fast durchgereicht
Die ersten Fehler waren sportlicher Natur: Im Sommer 2023 verpasste die sportliche Führung um Christian Pozo y Tamayo und Christian Britscho, nach dem Regionalliga-Abstieg den Kader umzubauen. Der auf den ersten Blick gut besetzte Kader stürzte ans Tabellenende. Erst musste Britscho gehen, dann ging Pozo.
Die sportliche Wende gelang, aber zu einem hohen Preis. Die Angst war groß, ein Abstieg hätte auch gefährlich werden können. Hier ging es ab vom Wattenscheider Weg: Trotz viel geringerer Zuschauereinnahmen investierten die Verantwortlichen in den Kader, gaben Geld aus, das sie nicht hatten.
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Noch mehr: Offenbar gab es dabei keine exakte Planung - zum Beispiel der Abgaben an die Berufsgenossenschaft. Zu den Details schweigen sich die Beteiligten aus - das gilt seit seinem Abschied für den damaligen Sportlichen Leiter Hartmut Fahnenstich, als auch für den Vorstand und vor allem den Aufsichtsrat. Auf die Frage eines Mitglieds zu den Personalwechseln im Sommer antwortete nicht der Aufsichtsrat, sondern Jugendvorstand Dennis Helfer.
Wattenscheid verzichtete nach dem Klassenerhalt aufs Sparen
Bei Wattenscheid 09 gab es kein Korrektiv mehr, und keine Kontrolle - was auch daran lag, dass sich zu viel Arbeit auf zu wenige Schultern verteilte. Zwischenzeitlich waren nur noch zwei Vorstände im Amt. Nach dem geschafften Klassenerhalt müssten aber alle Verantwortlichen zumindest geahnt haben, dass am Ende ein Minus steht. Dass die neue Saison mit dem Umbau des Stadion eine organisatorische und wirtschaftliche Belastungsprobe wird, war offensichtlich und auch öffentlich Thema. Konsequenzen zogen die Verantwortlichen aber nicht. Die Kaderkosten wurden nicht reduziert.
Das ist einerseits nachvollziehbar, geplant wurde aus der Not heraus nach dem plötzlichen Abschied von Fahnenstich und Trainer Engin Yavuzaslan. Aber andererseits war es auch ohne Weitsicht: Ohne das Engagement des neuen Sportvorstands Ertan Ilce im November hätte es eng werden können. Der Spielbetrieb war aber wohl immer gesichert, zumindest die Spielergehälter kamen pünktlich.
Das Fernziel ist die Regionalliga - die Realität heißt Oberliga-Abstiegskampf
Die Aussagen der vergangenen Tage klingen, als hätten die meisten ihre Fehler erkannt. Wie geht es jetzt weiter? Das Fernziel ist die Regionalliga, dafür müsste sich der Personal-Etat aber eher verdreifachen. Die neuen Sponsoren und das neue Stadion bieten zumindest langfristig die Perspektive, dass es wirtschaftlich wie sportlich aufwärts geht. Im besten Fall ist die aktuelle Situation ein Warnschuss.
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Für Regionalliga-Träume ist aber nicht der richtige Zeitpunkt - auch sportlich nicht. Es droht erneut der Abstiegskampf in der Oberliga.
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