Wattenscheid. Der Oberligist hat ein hartes Jahr hinter sich, wäre fast abgestiegen. Am Ende der Saison 23/24 standen mehr als 100.000 Euro Verlust. So erklärt der Vorstand das Minus.

  • Wattenscheid 09 hat in der Saison 2023/24 den Oberliga-Klassenerhalt geschafft, wäre aber fast abgestiegen
  • In der vergangenen Saison hat der Klub gut 120.000 Euro Verlust gemacht
  • Spielergehälter kamen aber immer pünktlich, der Spielbetrieb sei nicht betroffen

Manchmal ist es eben doch ganz einfach: Am Ende der Mitgliederversammlung der SG Wattenscheid 09 geht es noch um die Spielerpatenpaschaften. Für 19,09 Euro im Monat können Fans die Patenschaft für einen Spieler übernehmen, werden dazu zu einem besonderen Event eingeladen und unterstützen ihren Verein so finanziell. Die Aktion läuft Jahr für Jahr gut, nur drei Spieler sind noch frei. „Firat, nehme ich!“, ruft ein Mann durch den Raum bei der Bekanntgabe - der angesprochene Berkan Firat reagiert mit einem Daumen hoch aus der anderen Ecke des Raumes. Das wäre schon mal geklärt.

So leicht ging in den vergangenen Monaten und Jahren wenig bei Wattenscheid 09, das wurde auch bei der von rund 100 Mitgliedern besuchten Versammlung im „Wohnzimmer“ deutlich. Im Gegenteil: Der Klub hat und hatte große finanzielle Sorgen. Die Zahl, die über allem schwebt: 120.000 Euro Verlust hat die SG Wattenscheid 09 in der Saison 2023/24 geschrieben. Zur Einordnung: Das entspricht etwa dem Etat der ersten Mannschaft für ein halbes Jahr.

Alle Seiten, auch aus Mannschaftskreisen, heißt es aber: Spielergehälter wurden immer gezahlt, kamen vor allem immer pünktlich. Es sei kein Rückfall in alte Zeiten. Die Zahlen sind trotzdem erschreckend.

Wattenscheid 09: Vorstand betont - „Talfahrt ist vorbei“

662.00 Euro eingenommen, 782.000 Euro ausgegeben: Es ist eine schlimme Bilanz, die Vorstand und Aufsichtsrat an diesem Abend präsentieren. Allerdings, so betonen die Verantwortlichen, habe man bereits damit begonnen, Rückstände auszugleichen und sei auf dem richtigen Weg. „Die Talfahrt ist vorbei“, sagen die Vorstandsmitglieder Patrick Lofi und Stefan Beermann einhellig. In den vergangenen Wochen und Monaten ging es darum, diesen Trend zu setzen, insbesondere durch neue Sponsoring-Abschlüsse durch den neuen Sportvorstand Ertan Ilce, aber auch durch persönliches Engagement aus der Vereinsspitze.

VDV-Auswahl gegen Wattenscheid 09
Wattenscheid-Vorstand Stefan Beermann (2.v.l.), hier beim Testspiel gegen die VDV-Auswahl von Peter Neururer. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Die Mitgliederversammlung wurde auch deshalb um einige Wochen verschoben, um einen ordnungsgemäßen Jahresabschluss präsentieren zu können. Wie es zwischenzeitlich um den Klub stand, zeigt ein Detail: So gingen in der Saison die Fanshop-Einnahmen um mehr als 40.000 Euro zurück. Auch deshalb, weil der Verein aufgrund mangelnder Liquidität keine neuen Waren nachbestellen konnte.

Ex-Finanzvorstand Fischer: „Eine Horrorsaison“

Von einer „Horrorsaison“ spricht Christian Fischer bei der Präsentation der Zahlen. Fischer hat sich als Finanzvorstand inzwischen zurückgezogen, präsentiert aber auf Wunsch des Vorstands die Zahlen für die letzte Saison seiner Amtszeit. Nach dem Abstieg aus der Regionalliga war das Ziel das obere Tabellendrittel, stattdessen stieg Wattenscheid fast noch einmal ab, Trainer- und Sportvorstands-Wechsel inklusive. Eine Transfer-Offensive im Winter sorgte für den Umschwung. „Ich will mir nicht ausmalen, was passiert wäre, wären wir abgestiegen“, sagt Fischer. Aber auch so kommt dem Klub die Saison 23/24 teuer zu stehen.

Bochum: Wattenscheid 09 gegen 1. FC Gievenbeck
Versöhnlicher Abschluss: Wattenscheid 09 schaffte am Ende der Saison 23/24 doch noch den Oberliga-Klassenerhalt, Christian Fischer verabschiedete viele Spieler. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Woher kommen 120.000 Euro Verlust? Wattenscheid nahm sowohl weniger Geld ein als erhofft und gab mehr aus als geplant. Wattenscheid leistete sich einen katastrophalen Fehlstart, gewann ein Jahr lang kein Heimspiel. Die Konsequenz: Der Zuschauerschnitt fiel von über 1000 auf 716.

Woher kommen 120.000 Euro Verlust?

Diese vier Punkte hebt Fischer hervor:

  • Weniger Zuschauer, weniger Einnahmen: Durch den Ticketverkauf nahm Wattenscheid nur 128.000 Euro ein, statt 193.000.
  • Weniger Zuschauer, weniger Verkauf: Trotz Preis-Erhöhungen stiegen die Verkäufe nicht an. Von 123.000 Euro fiel der Catering-Umsatz auf 96.000 Euro. Eingeplant waren 132.000 Euro.
  • 68.000 Euro zahlte Wattenscheid insgesamt an die Berufsgenossenschaft, von einem Teil davon wurden die Verantwortlichen nach eigener Aussage überrascht. 330.000 Euro Personalkosten im Hauptverein stehen am Ende in der Rechnung.
  • 68.000 Euro ist die Summe, die der Klub für Sicherheitskosten ausgab. „Wir haben es in den Gesprächen mit Stadt und Polizei nicht geschafft, gegenzusteuern. Diese Zahl ist kaufmännischer Wahnsinn“, sagt Fischer. Viele Liga-Konkurrenten arbeiteten vor allem mit ehrenamtlichen Ordnern.

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Ausdrücklich betonen die Verantwortlichen die gute Zusammenarbeit mit der Stadt Bochum. Um den Verein während des Stadionumbaus zu entlasten, hat die Stadt Bochum den Klub im vergangenen Jahr finanziell unterstützt, wie Stadt und Verein bestätigen. Es handelt sich dabei um einen vierstelligen Betrag in Größenordnung der Ticket-Einnahmen eines 09-Heimspiels. Fragen zu Details der Zahlung beantwortete die Stadt Bochum nicht.

Wattenscheid 09: Kaderkosten bleiben gleich, Sponsoringeinnahmen steigen

Und wie sieht es aktuell aus? Wattenscheid 09 hat in der aktuellen Saison nur mit knapp 80.000 Euro Zuschauereinnahmen kalkuliert, da der Großteil der Heimspiele ohne Sitzplätze und Überdachung an der Berliner Straße stattfindet. Im Gegenzug sind auch die Sicherheitskosten viel niedriger. Der Kader soll etwa gleich teuer sein wie in der vergangenen Saison.

Die aktuelle Spielzeit sei nicht gefährdet, heißt es. Das liegt vor allem an den Sponsoringeinnahmen: Hier liegt Wattenscheid dank der jüngsten Abschlüsse über Plan bei mehr als 280.000 Euro. Als Personaletat für die erste Mannschaft sind 235.000 Euro plus 18.000 Euro Prämien eingeplant. Saisonziel ist der möglichst frühe Klassenerhalt, danach steigen die sportlichen Ziele. Der Umzug ins neue Stadion soll wirtschaftlich wie sportlich Auftrieb geben. Christian Fischer richtete sein Wort an die sportlich Verantwortlichen: „Werdet sportlich erfolgreich - dann erledigen sich viele Dinge.“

Die anwesenden Mitglieder des Vereins entlasteten den Vorstand bei einer Gegenstimme und fünf Enthaltungen, den Aufsichtsrat ohne Gegenstimme, aber mit neun Enthaltungen.

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