Wattenscheid. Wattenscheids Tim Kaminski spricht über die Führungskrise bei 09, das Verhältnis von Trainer und Team und die schwierige Perspektive für die Spieler bei der SGW.

Im perfekten Fall macht die SG Wattenscheid 09 am Sonntag mit einem Heimsieg über den FC Eintracht Rheine (Livestream auf waz.de) den Klassenerhalt in der Oberliga Westfalen perfekt - es wäre ein sportlich versöhnliches Ende einer Horrorsaison. Im perfekten Fall würde unmittelbar danach die verbindliche Planung für die kommende Spielzeit beginnen, die besser werden soll, besser werden muss. Es ist aber nichts perfekt bei der SG Wattenscheid 09, im Gegenteil. Nachdem Sportchef Hartmut Fahnenstich und Trainer Engin Yavuzaslan am Mittwoch ihren Rücktritt zum Saisonende angekündigt haben, steckt der Klub in einer Führungskrise.

Es ist wieder das „alte Wattenscheid“, wie es einer formulierte, der seit vielen Jahren am Verein hängt. Der Verein macht seinem Ruf als Krisenklub nach vier ziemlich stabilen Jahren alle Ehre. Der Rest der Vereinsführung hätte lieber gesehen, wenn Fahnenstich und Yavuzaslan ihre Entscheidung erst am Montag, am besten erst nach geschafftem Klassenerhalt bekanntgegeben hätten - die beiden entschieden sich anders und überraschten auch die Mannschaft damit, wie Tim Kaminski erklärt.

Der 24-Jährige ist echter 09er, spielt seit vier Jahren für Wattenscheids Erste und wird das Team am Sonntag voraussichtlich als Kapitän aufs Feld führen. Im WAZ-Interview beschreibt Kaminski, was die aktuelle Situation für die Mannschaft bedeutet - und was die Spieler sich für das Spiel am Sonntag vornehmen. Anstoß im Lohrheidestadion ist am Sonntag um 15 Uhr.

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Herr Kaminski, seit einigen Wochen gab es Unruhe in der Vereinsführung der SG Wattenscheid 09 - Mittwochabend wurde Ihnen dann die Entscheidung mitgeteilt, dass Egnin Yavuzaslan und Hartmut Fahnenstich aufhören. Wie war Ihre Reaktion?

Es war vor allem sehr überraschend. Vorher haben die beiden davon nichts gezeigt, wir haben ja auch Vertragsgespräche geführt. Sie kamen in die Kabine und haben uns gesagt, dass sie aufhören. Das war wie ein Schlag ins Gesicht, damit habe ich nicht gerechnet.

Wattenscheid 09: „Sehr überraschend“, dass Trainer und Vorstand gehen

Haben Sie von Unstimmigkeiten im Vorstand nichts mitbekommen?

Nein, das haben die Verantwortlichen von uns ferngehalten - aber das ging jetzt nicht mehr, hieß es in der Kabine. Das war nicht abzusehen, dass es so überschwappt. Wir hatten ja auch sportlichen Erfolg, von daher hat sich das nicht abgezeichnet für uns.

Engin Yavuzaslan ist nur noch für drei Spiele Trainer der SG Wattenscheid 09 - dann endet seine Amtszeit.
Engin Yavuzaslan ist nur noch für drei Spiele Trainer der SG Wattenscheid 09 - dann endet seine Amtszeit. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Es heißt aber auch, dass es zwischen Mannschaft und Trainer oft nicht passte, dass die Ansprache des Trainers nicht gut ankam, dass er zu harsch war. Stimmt das?

Wenn man nicht spielt, ist man unzufrieden, das gibt es immer. Ich kann da aber auch nur für mich sprechen, ich habe gespielt, bin jetzt zweiter Kapitän - mir ging es also gut, ich komme mit dem Trainer klar. Das Training war immer intensiv, es hat Bock gemacht. Es wird immer geredet, es ist nicht jeder glücklich, der Trainer ist nicht immer der beste Freund, das gehört dazu. Es ist aber nicht so, dass die ganze Mannschaft gegen den Trainer ist.

Verlängern oder gehen? Wattenscheider Spieler stehen vor vielen Fragen

Wie es für den Verein und die Mannschaft weitergeht, ist noch unklar - selbst wenn der Klassenerhalt am Sonntag perfekt ist, gibt es ja noch keinen neuen Trainer, keinen Sportvorstand. Was bedeutet das für Ihre Zukunftsplanung und die Ihrer Mitspieler?

Das ist schwierig. Bisher hatten wir Klarheit - jetzt ist alles wieder auf Null! Man weiß ja auch gar nicht, ob mündliche Versprechungen jetzt überhaupt für nächste Saison noch gültig sind.

Immer voller Einsatz für die SG Wattenscheid 09: Verteidiger Tim Kaminski, hier im Spiel gegen die TSG Sprockhövel.
Immer voller Einsatz für die SG Wattenscheid 09: Verteidiger Tim Kaminski, hier im Spiel gegen die TSG Sprockhövel. © FUNKE Foto Services | Rainer Raffalski

Können Sie verstehen, wenn ein Spieler, der ein vergleichbares Angebot eines anderen Klubs hat, jetzt dort zusagt - und in Wattenscheid absagt?

Ja, natürlich. Es gab ja Gespräche, aber es weiß ja niemand, wie es weitergeht: Wie der neue Vorstand plant, ob der Trainer einen überhaupt noch will. Man braucht Klarheit - und wir haben viele richtig gute Spieler im Kader, die auch andere Anfragen haben.

Kaminski würde gerne bleiben - die Mannschaft will unbedingt den Klassenerhalt

Sie selbst würden gerne bei Wattenscheid verlängern, Sie waren sich schon so gut wie einig mit den Verantwortlichen, haben wir gehört. Können Sie etwas zu Ihrer Zukunft sagen?

Es stimmt, es gibt noch ein paar Details, aber grundsätzlich würde ich gerne bleuben. Bei mir haben sich aber auch andere Klubs gemeldet, ich höre mir das an.

Was bedeutet die neue Situation für das Spiel gegen Rheine am Sonntag?

Nichts. Wenn wir als Spieler miteinander sprechen oder schreiben, geht es immer darum, dass wir unbedingt gewinnen wollen und unbedingt den Klassenerhalt schaffen wollen. In der Mannschaft stimmt es, sonst hätten wir in Clarholz keinen Punkt geholt. Wir wollen unseren Teil dazu tun, dass möglichst schnell Ruhe hereinkommt. Alles andere können wir nicht beeinflussen.

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