Bochum. Holger Just, Therapeut der VfL Sparkassen Stars Bochum, hielt Deutschlands Helden fit. Er spricht über die WM, die Stars und wie es weitergeht.

Allmählich ist Holger Just wieder im Alltag angekommen, wieder bei seiner Familie. Das große Kino, oder „den großen Bahnhof“, wie es der Leitende Therapeut des Basketball-Zweitligisten VfL Sparkassen Bochum nennt, hat er hinter sich gelassen. Es sind wieder die Kleinigkeiten, die anstehen, die er in den vergangenen Wochen vermisst hat. Mal wieder selbst einkaufen zu gehen, oder am Steuer eines Wagens zu sitzen. Selbst entscheiden zu können, wohin man abends geht, ohne sich wie ein Teenager aus dem Haus schleichen zu müssen.

Es waren intensive Wochen, die hinter dem 57-Jährigen liegen. Nun darf er sich Weltmeister nennen. Mit der deutschen Basketball-Nationalmannschaft war der Physiotherapeut beim Turnier in Japan, Indonesien und auf den Philippinen. Statt Manila oder Okinawa sind seine Arbeitsplätze nun wieder in Bochum und auf Schalke.

Empfang der deutschen Basketball-WM-Helden: „Das war Spielersache“

Doch bis wieder die normale Unruhe in sein Leben eingekehrt ist, hat es doch noch ein paar Tage gedauert. Die Feierlichkeiten in Frankfurt am Main beim Hauptsponsor der Nationalmannschaft habe er sich gespart. „Ich war da auch kaputt“, sagt Just. Nach einer 20-stündigen Reise nur allzu verständlich. „Außerdem war das Spielersache.“

Über Düsseldorf und Essen und schließlich mit dem Taxi führte sein Weg nach Hause. An Ruhe war da erstmal nicht zu denken. Zwar hatte der Leitende Therapeut bei Medicos auf Schalke noch den Mittwoch frei bekommen, aber beschäftigungslos war er nicht. Presseanfragen, Anrufe und Nachrichten hielten ihn gut in Trab. „Das war fast stressiger als die Wochen davor.“

Niklas Geske (l.) ist für Bochums Physiotherapeut und Weltmeister Holger Just „einer der besten Pick-and-Roll-Spieler Deutschlands“.
Niklas Geske (l.) ist für Bochums Physiotherapeut und Weltmeister Holger Just „einer der besten Pick-and-Roll-Spieler Deutschlands“. © FUNKE Foto Services | Uwe Ernst

Dass die Weltmeisterschaft auch für Just kein Spaziergang war, zeigte ihm sein Körper erst, als eigentlich alles schon vorbei war. „Als ich nach der Titelfeier den Physioraum aufgeräumt habe, habe ich geweint“, erinnert er sich. Die Emotionen hatten sich über das Turnier in ihm aufgestaut. Was es auch war, Erleichterung, Freude oder vielleicht auch Wehmut, es musste raus. Just war bei jedem großen und heiklen Moment, wie beim Disput zwischen Dennis Schröder und Daniel Theis, dabei, er war Teil des Teams.

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Mit Polizeieskorte zum Training oder Spiel - Just sammelt verschiedene Eindrücke

Und so saß er auch im Bus, wenn es mit Polizeieskorte Richtung Training oder Spiel ging. „Ich war kein einziges Mal am Pool“, sagt er mit einem Lachen. Aber schön sei es nicht gewesen, sich in Zivil zum kleinen Geburtstagsumtrunk des DBB-Pressesprechers am Sicherheitspersonal vorbei in eine Kneipe zu verdrücken. Eine Kopfschüttel-Anekdote.

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Die Eindrücke, der er im WM-Spielort Manila oder beim Showcase in Abu Dhabi sammelte, lassen ihn nicht mehr los. Fast ungefragt erzählt er davon. Von dem Elend, das er auf den Philippinen gesehen hat – „Da schämst du dich, wenn du in deinem Hotelzimmer sitzt, dir alles hinterhergetragen wird und du dann auf die Straßen guckst.“ Und im krassen Kontrast dazu, den Wohlstand und „surrealen“ Prunk-Luxus in den Vereinigten Arabischen Emiraten. „Ich bin froh, wieder zu Hause zu sein.“ Doch nicht nur in seiner Erinnerung haben sich die letzten Wochen festgegraben – auch sein Körper hat noch etwas mitgenommen. „Mein Kopf ist von dem Klima noch etwas zu“, meint er.

Die Olympischen Spiele 2024 sind für Just kein Thema

Reisestrapazen außerhalb Deutschlands und der A40 werden Just in den nächsten Jahren nicht mehr beschäftigen. Diese, seine erste Weltmeisterschaft ist auch seine letzte. Als „freischaffender Künstler“ hatte er bereits von 2007 bis 2017 für den DBB gearbeitet, jetzt noch die WM, dann ist erstmal Schluss. „Es war auch gar nicht geplant.“ Die Olympischen Spiele 2024 in Paris sind für ihn kein Thema. Und nicht nur, weil nur ein Physio mit im Olympischen Dorf wohnen darf und er sich außerhalb eine Bleibe hätte suchen müssen.

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Holger Just lässt die große Basketball-Welt mit allem Glitter und Begleitumständen nun wieder hinter sich. Auch wenn er mit allen Spielern aus dem WM-Kader mehr als gut ausgekommen ist. Mit „the special one“ und WM-MVP Dennis Schröder, der mehr Familienmensch ist, als es den Anschein macht. Mit Johannes Voigtmann, dem „inoffiziellen Leader“ der Nationalmannschaft. Und, und, und. Just war immer dabei. Mit helfenden Händen und offenen Ohren.

Just traut den VfL Sparkassen Stars sportlich sehr viel zu

Die Bühne ist nun wieder kleiner, für ihn aber nicht weniger von Bedeutung. Bei den VfL Sparkassenstars, dessen leitender Therapeut er ist, beginnt am Ende des Monats die Saison in der zweiten Basketball-Bundesliga, der ProA. Wenn es nach ihm geht, ist der Weg dort für den Bochumer Männer-Basketball noch nicht vorbei. „Bochum wächst als Basketballstadt“, sagt er. Da in anderen Ruhrgebietsstädten der Männer-Basketball doch eher stiefmütterlich behandelt werde, könne sich Bochum so noch mehr hervortun. Der Aufstieg in die Bundesliga wäre ein schönes Ziel, „damit das Ruhrgebiet dort auch vertreten ist“.

Ob NBA-Profi oder VfL-Spieler: Muskel bleibt Muskel!

Noch ist Bochum noch nicht bereit für die Basketball-Bundesliga. Die Rundsporthalle als Heimstätte wäre im Oberhaus nicht mehr ausreichend. Von der Qualität der Mannschaft ist Just indes überzeugt. „Niklas Geske ist meiner Meinung nach der beste pick-and-roll-Spieler Deutschlands“, meint er. „Und mit Felix Banobre haben wir einen super Coach.“

Die Reise zur WM hat in Holger Just einiges bewegt, einiges verändert. Aber auf seine Arbeit hat das keine Auswirkungen. „Die Behandlung ist die gleiche“, sagt er. Muskel bleibt Muskel, Schmerz bleibt Schmerz, ob er nun einen NBA-Profi und Weltmeister vor sich auf der Liege hat, oder einen VfL-Spieler: „Ich mache meinen Job.“