Wattenscheid. Die SG Wattenscheid 09 hat sich von Trainer Christian Britscho getrennt – das löst aber kaum alle Sorgen. Auch im Kader gibt es Probleme.
Die Fehler-Analyse bei der SG Wattenscheid 09 begann unmittelbar nach Abpfiff des 2:4 gegen Erkenschwick am Sonntagnachmittag und dauerte bis in den späten Abend, am Montag ging es weiter. Nach einem Punkt aus sechs Spielen war klar: Ein „Weiter so“ könne es nicht geben, sagte Sportvorstand Christian Pozo y Tamayo. Von außen betrachtet ging es vor allem um die Frage, ob Christian Britscho Trainer bleibt – die ist nun beantwortet, Britscho ist seit Montag nicht mehr Wattenscheider Trainer. Jetzt geht es weiter: Denn auch wenn Britscho im Zentrum der Kritik stand, war der Trainer nur ein Teil des Problems.
Immer deutlicher wird, dass die Mannschaft instabil ist, völlig verunsichert, und sich von Kleinigkeiten aus der Bahn werfen lässt. Dabei hat die Mannschaft den Anspruch, gegen jeden Gegner in der Oberliga etwas holen zu können, wie Tom Sindermann bekräftigte. Von diesem Selbstbewusstsein war auf dem Feld aber zuletzt nur wenig zu sehen. In der ordentlichen Anfangsphase gegen Erkenschwick hätte Felix Casalino das 1:0 machen können, vergab aber – ein emotionaler Knackpunkt. Danach ging alles seinen Gang.
Wattenscheid 09: Britscho schafft es nicht, den Teufelskreis zu durchbrechen
Vorne keine Tore, hinten die Fehler und am Ende die folgerichtige Niederlage, die fünfte in sechs Spielen. Britscho hat es nicht geschafft, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Selbst reinschießen konnte er den Ball allerdings auch nicht. Hier musste Sportvorstand Pozo abwägen – und traf eine schwierige Entscheidung. Denn mit einem neuen Trainer bleiben trotzdem einige Baustellen.
Unabhängig davon, wer im Krisen-Traditionsduell bei den SF Siegen am Sonntag Trainer ist: Er wird wieder ohne Kapitän Jeff Malcherek auskommen müssen und auch ohne den bislang stabilsten Wattenscheider, Torwart Phil Lenuweit (beide Rotsperre). Unabhängig davon, wer Trainer ist, muss von der Mannschaft mehr kommen. Die Spieler nahmen sich vor allem selbst in die Pflicht. Ersatzkapitän Sindermann: „Ich spreche keinem ab, dass er heute wollte, aber in der ein oder anderen Situation fehlte es an Intensität.“
Schurigs Appell an die Mannschaft: „Sind keine 14 Jahre mehr“
Marvin Schurig, spielender Co-Trainer, zeichnete (noch vor dem Trainerwechsel) diesen Weg aus dem Schlamassel: „Wir müssen noch enger zusammenrücken und auch innerhalb der Kabine klare Ansagen machen, wie es läuft – und wie nicht.“ Auf die Frage, ob es an klaren Worten fehle, antwortete er: „Wir müssen als Spieler das unter uns klären, wir sind keine 14 Jahre mehr, sondern gestandene Männer. Jedem ist klar, was gut war und was nicht. Und das, was nicht gut war, überwiegt halt.“ Klare Ansagen in der Kabine und dann intensives Training als Einheit, um sich dort die Erfolgserlebnisse für den Sonntag zu holen, so das Rezept des erfahrenen Schurig.
Gefragt sind Leute, die vorangehen – und daran scheint es zu fehlen. Schurig ist einer, auf dem linken Flügel spielt der 34-Jährige aber auch nicht seine Paradeposition, früher oder später könnte da Nils da Costa übernehmen. Sindermann ist nach seiner Verletzungspause entfernt von 100 Prozent und kann dem Spiel nicht seinen Stempel aufdrücken. Arda Nebi ist verletzt. Viele andere Spieler sind vor allem mit ihren eigenen Formkrisen beschäftigt – einzig Dennis Lerche taugt als so etwas wie ein Anführer, der die anderen mitreißt. Lerches starke Entwicklung war auch ein großer Verdient von Christian Britscho. Diese Probleme würden bei einem Trainerwechsel ja nicht automatisch verschwinden.
Britschos taktischer Plan geht nur bis zur Pause auf
Der hatte Britscho Sonntag mit der Umstellung auf Dreierkette sogar eine theoretisch passende Taktik entwickelt, den gefährlichen Erkenschwicker Sturm zu stoppen. Die beste Strategie hilft aber nichts, wenn man dem Gegner die Tore selbst vorlegt wie etwa vor dem 0:2. Serhat Kacmaz erwischte als Vertreter des Rot-gesperrten Malcherek einen schwarzen Tag, war auch bei den beiden folgenden Standard-Gegentoren mit in der Verlosung – jedes Wochenende leistet sich ein anderer Spieler schwer erklärbare Fehler. Das zieht sich durch, seit Monaten, seit fast einem Jahr eigentlich.
Die Ergebnisse sprachen gegen den Trainer – und den Kader
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Britscho hat immer wieder viel probiert, personell wie taktisch. Die Ergebnisse aber änderten sich nicht. Es fühlte sich an, als würde die bittere, aber eigentlich abgehakte Regionalliga-Saison nahtlos weitergehen, nur mit schwächeren Gegnern. Diesen Rucksack schleppen vor allem die etablierten Spieler mit sich herum.
Der entscheidende Beweggrund für den Trainerwechsel war auch die Perspektive, alles auf Null zu setzen, die Veränderung um der Veränderung willen. Der Umbruch im Kader reichte dafür offensichtlich nicht aus.
Hinweis: Wir haben diesen Artikel nach dem Trainerwechsel am Montagabend aktualisiert.
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