Wattenscheid. Wattenscheid 09 klebt am Tabellenende und weiß nicht, wie es dort weggkommt. Ein Trainerwechsel ist denkbar – aber die Fehler machen die Spieler.
Wut, Frust, Ratlosigkeit, Enttäuschung, Zermürbung – die Spieler und Verantwortlichen der SG Wattenscheid 09 boten eine breite Palette negativer Gefühle nach dem 2:4 gegen die SpVgg Erkenschwick. Der Abwärtstrend des Regionalliga-Absteigers hält an. Das Spiel war über weite Strecken eine Fortsetzung der bisherigen Saison. Über allem steht vor allem ein Gefühl: Die Mannschaft will zwar irgendwie, aber sie ist verunsichert – und sie glaubt nicht an sich. Wie man da rauskommt? Völlig unklar.
Ein Trainerwechsel ist angesichts von einem Punkt aus sechs Spielen natürlich eine Option, aber keineswegs beschlossen. Ob Christian Britscho in einer Woche in Siegen auf der Bank sitzt, ist offen. Es wird viele Gespräche geben in den kommenden Tagen.
Wattenscheid 09: Britscho bekommt Rückendeckung von Niemöller
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Volle Rückendeckung bekam Britscho von Gästetrainer Magnus Niemöller, der den Verlierern große Komplimente machte und den Auftritt lobte: „Ganz, ganz kurzfristig“ werde sich wieder Erfolg einstellen, meinte er mit Blick auf die Wattenscheider Mentalität und die vielen Ausfälle.
Komplimente für Verlierer – die schmecken der SGW schon seit Monaten nicht mehr, in der Tabelle zählen sie schon gar nicht. „Wir müssen daran arbeiten, den Turnaround zu schaffen“, meinte der spielende Co-Trainer Marvin Schurig. „Wir haben ansatzweise gezeigt, dass wir das können, aber solange wir das über 90 Minuten nicht richtig auf den Platz bringen, brauchen wir gar nicht über Siege zu sprechen.“
Britscho kommentierte die Fehler seines Teams mit dem Satz: „So nutzt alles Rennen und Kämpfen nichts.“ Tom Sindermann, erstmals wieder in der Startelf und Kapitän, aber noch nicht bei 100 Prozent, beklagte indes fehlende „Intensität“.
Innerhalb weniger Minuten wird aus 0:1 ein 1:4 – Rot für Britscho und Lenuweit
In der ersten Hälfte machte Wattenscheid kein schlechtes Spiel, aber es war eben auch höchstens okay. Besondere Energie, unbedingter Wille vor 950 Fans war nicht zu spüren. Nach der Pause folgten aber wieder schlimme individuelle Fehler, aus einem 0:1 wurde innerhalb weniger Minuten ein 1:4 – und die Wattenscheider schauten zu, vor allem beim dritten und vierten Erkenschwicker Tor, die beide nach Eckbällen fielen.
Britscho bemängelte wie schon vor einer Woche, dass seine Spieler „klare Absprachen“ nicht eingehalten hätten – diese führten dann zu einfachen Toren. Er sagte: „Das sind für mich Déjà-vu-Erlebnisse und wenn wir die nicht abstellen, dann wird es in jedem Spiel schwierig. Die vier Gegentore, das hatte mit Oberliga-Verteidigung wenig zu tun. Das muss ich mir und den Jungs ankreiden“, sagte der Trainer und übernahm auch seinen Teil der Verantwortung an der Niederlage. Man habe gerade Standards nicht nur angesprochen, sondern trainiert. Der Ärger darüber sei „grenzenlos“.
Britscho sah den Großteil des Spiels von der Tribüne: Er wollte in der ersten Hälfte den Schiedsrichter auf einen Fehler aufmerksam machen. Dabei lief er einige Schritte aufs Feld und sah die Rote Karte. „Das war einfach nur dämlich von mir“, sagte Britscho. Es war nicht die einzige Rote Karte, auch Torwart Phil Lenuweit sah in der Nachspielzeit Rot, und zwar für eine Notbremse. Tim Kaminski stand daher im Tor, als David Szduy den fälligen Erkenschwicker Elfmeter neben das Tor schoss. Aber das machte aber keinen Unterschied mehr.
Casalino vergibt große Chance – danach gehen die Köpfe runter
Abseits dieser Kuriosität war es zu viel schon Bekanntes für Wattenscheid 09 – oder eben „Déjà-vu-Erlebnisse“, die die Mannschaft zurückwarfen. Eine klare vergebene Chance wie von Felix Casalino, der ein möglicherweise befreiendes 1:0 verpasste. Schlechte Verteidigung wie von Schurig, Oluremi Williams und Eduard Renke, die den Erkenschwicker Christian Warnat nicht fair aufhalten konnten. Schurig klagte über eine Fehlentscheidung – „schlecht verteidigt“, urteilte Britscho. Stefan Oerterer verwandelte zur Pausenführung.
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Mit großen Ambitionen und offensiverem Personal (da Costa und Lewicki) kam die SGW aus der Pause und schenkte das Spiel her. Wortmann sorgte nach einem Fehler im Aufbauspiel für die kalte Dusche mit dem 2:0. Dennis Lerche verkürzte umgehend, aber weil Mike Jordan und Philipp Rosenkranz bei zwei Ecken ganz frei waren, stand es schnell 1:4.
Dennis Lerche brachte die SGW nochmal auf 2:4 heran, aber Verunsicherung und Fehler bestimmten weiter das Wattenscheider Spiel. Nach ganz großer Aufholjagd roch es nie – die Comeback-Qualität der vergangenen Saison geht den Wattenscheider aktuell auch ab. Von Lerche vielleicht abgesehen fehlte die Überzeugung. Woher soll sie auch kommen?
Britscho bedankt sich bei den Fans
Trost macht nur der Zuspruch von den Rängen, der allerdings diesmal auch schon deutlich matter klang als zuletzt. „Mir tut es leid für den Verein und die Fans“, sagte Cheftrainer Christian Britscho, bedankte sich für die Unterstützung und klang dabei schon ein wenig nach Abschied: „Das tut der Mannschaft richtig gut – macht das weiter, bleibt bei den Jungs, helft ihnen weiter.“ Niemand mache Fehler extra, man werde auch weiter daran arbeiten, diese abzustellen. „Aber wann es so weit ist, das weiß ich nicht, ich bin kein Prophet, ich bin kein Hellseher. Ich glaube nur, dass dieser Support der einzige Weg ist, der den Jungs hilft.“
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