Budapest. Für den Wattenscheider Michael Huke war sie sogar die Sensation des deutschen Teams bei der Leichtathletik-WM. Mit dem Sprung rechnete niemand.

Der Kommentator in der Eurosport-Übertragung hat nicht an Christina Honsel geglaubt: „Da sitzt 1,94 Meter, das wissen wir auch, das wird schwer“, sagte er, während Anlauf und Sprung der Wattenscheider Hochspringerin über den Fernsehbildschirm liefen. Um dann zu rufen: „Das schafft sie aaaauch!“ Der Kommentar spiegelte Honsels Gesichtsausdruck wider: Die Hochspringerin des TV Wattenscheid 01 überraschte bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft alle – und vor allem sich selbst.

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„Nach den Deutschen Meisterschaften hätte ich niemals geglaubt, dass ich hier überhaupt im Finale stehe, und dass ich dann auch noch Bestleistung springe“, sagte Christina Honsel vor Ort nach dem Wettkampf dem Internetportal des Deutschen Leichtathletik-Verbands.

Christina Honsel bekommt aus Wattenscheid ein riesiges Kompliment

TV-01-Manager Michael Huke reihte sich ein: „So etwas hat niemand von ihr erwartet, das habe ich ihr auch nicht zugetraut. Das war für mich das sensationellste Ergebnis einer deutschen Athletin bei der WM.“ Auch für den Standort Wattenscheid sei es sehr gut, einen Finalplatz vorweisen zu können. „Darüber freuen wir uns, dass wir einer der wenigen sind – über das Gesamtergebnis freuen wir uns natürlich nicht“, meinte Huke mit Blick auf die Null-Medaillen-Bilanz des DLV-Teams.

Schafft sie es drüber? Christina Honsel springt, schaut – und wird wenig später glücklich jubeln.
Schafft sie es drüber? Christina Honsel springt, schaut – und wird wenig später glücklich jubeln. © dpa | Marcus Brandt

Dass ausgerechnet Honsel ein Glanzlicht setzen würde, hatte sich nicht angedeutet. Mit einer Saisonbestleistung von 1,83 Meter war die 26-Jährige nach Budapest gereist. Seit Monaten plagen sie Verletzungsprobleme, Honsel konnte kaum richtig trainieren. Die Deutsche Meisterschaft war für sie mit 1,81 Meter verkorkst. Immerhin 1,86 bis 1,90 Meter hatte ihr Huke zugetraut. Ihr 1,94-Sprung bedeutete für Honsel am Ende Rang acht. Sie verriet auch, wie sie es trotzdem schaffte: „Es war hart, ich habe viel mit meiner Psychologin gearbeitet, weil es ein Auf und Ab der Gefühle war. Und jetzt ist es so schön, dass es funktioniert hat, und ich bin sehr, sehr glücklich.“

Honsel hat harte Monate hinter sich

Honsel hatte mit körperlichen Verletzungen, aber auch mit Selbstzweifeln zu kämpfen. Noch vor einem knappen Jahr war sie kurz davor, alles hinzuschmeißen – im Winter kam sie dann triumphal zurück mit einer Bestleistung von 1,98 Meter in der Halle. Aber daran konnte sie nicht mehr richtig anknüpfen – pünktlich zur WM war sie nun aber in Form.

Bei einer Technik-Einheit habe sie gemerkt, dass sie gut in Form ist, habe sich Platz acht und eine persönliche Bestleistung vorgenommen. Die schaffte sie dann, der beste Freiluft-Sprung ihrer Karriere, natürlich ihr größter Erfolg. Honsel: „Meine Trainerin Brigitte Kurschilgen hat mir von Anfang an das Gefühl gegeben, dass sie an mich glaubt, das ist sehr, sehr wichtig, weil ich manchmal gezweifelt habe.“

Huke ist froh über Ritter, aber übt auch Kritik

Zum Abschluss der WM setzte Christina Honsel damit auch das Highlight aus Wattenscheider Sicht. Sehr zufrieden war aber auch Kugelstoßerin Julia Ritter mit ihrer Saison-Bestleistung von 18,41 Metern, dem zweitbesten Stoß ihrer Karriere. Sie sei „happy“, sagte Ritter, sie habe sich die ganze Saison sehr unter Druck gesetzt: „Heute habe ich einfach versucht, stolz auf mich zu sein, Spaß zu haben, das Ganze zu genießen.“

Als Fünfzehnte fehlten Ritter 18 Zentimeter zum Finale. Manager Huke war zwiegespalten, trauerte auch der Finalchance hinterher und der Chance, sich im Vergleich zum Vorjahr zu verbessern: „Es ist gut für Olympia, dass sie die Punkte gesammelt hat. Aber ich hätte mir gewünscht, dass sie damit nicht zufrieden ist und im letzten Versuch noch mal mehr riskiert.“

Auch bei Diskuswerfer Daniel Jasinski fehlte nicht viel zum Finale, allerdings lag die Latte auch niedrig, betonte Huke: Bei dem Wurf von 63,36 Metern habe man dem Bronze-Gewinner von Rio die lange Verletzungspause angemerkt. Er blickt Richtung Olympia.

10.000-Meter-Läufer Nils Voigt lief auf Platz 21 mit 29:06,79 Minuten. Verletzungen und eine Krankheit im Trainingslager hatten ihn zurückgeworfen. Huke meinte: „Eine Absage wäre normalerweise wohl besser gewesen, aber bei einer WM weiß man natürlich nie, ob man noch mal so eine Chance bekommt. Mehr war da nicht zu erwarten.“

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Viele Glückwünsche für Christina Honsel

Das gleiche galt vorher allerdings auch für Christina Honsel, die dann zum Abschluss der WM viele ins Staunen versetzte. In den Sozialen Medien gab es viele Glückwünsche von Fans sowie aktiven und ehemaligen Athletinnen und Athleten, unter anderem Speerwurf-Olympiasieger Thomas Röhler. Und der Fernseh-Kommentator kam aus dem Staunen nicht heraus: „Hammerartig! Ganz großartiges Finale von Christina Honsel“, rief er – die Wattenscheiderin strahlte nur. (phil)

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