Wattenscheid/München. Der TV Wattenscheid 01 ist mit einem starken Aufgebot bei der Leichtathletik-EM in München. Direkt zum Start gibt es die Chance auf Medaillen.
Los geht es: Am Montag beginnen die Leichtathletik-Europameisterschaften in München und für den TV Wattenscheid 01 stehen direkt einige der wichtigsten Wettbewerbe an. Mit zehn Athletinnen und Athleten ist kein deutscher Verein besser vertreten als der TV 01 – allein das ist schon ein Erfolg. Ob die Heim-EM auch sportlich eine Wattenscheider Erfolgsgeschichte wird, wird sich früh in dieser Woche entscheiden. Vermutlich schon am Montag, genauer gesagt.
Eins der großen Themen im Vorfeld war die Startzeit des Marathons – um 11.30 Uhr fällt der Startschuss für Medaillenkandidat Amanal Petros und Hendrik Pfeiffer, der für Deutschland in der Team-Wertung läuft. Normalerweise werden Marathonläufe deutlich eher gestartet, um der Mittagshitze aus dem Weg zu gehen. Die Vorbereitung in Kenia hilft dabei übrigens nur wenig – auf der Südhalbkugel ist gerade Winter.
Amanal Petros will den Europameistertitel holen
„Gesundheitsgefährdend“, nennt TV-01-Manager Michael Huke den Plan, und sagt voraus: „Es werden sicher viele ausscheiden.“ Und hofft, dass es nicht Pfeiffer oder Petros trifft, zumal Petros wohl die größte Wattenscheider Medaillenhoffnung in dieser Woche ist.
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„Mit meiner Bestzeit bin ich der Drittbeste, der in München an den Start geht“, sagte der 27-Jährige vor dem Wettkampf im Interview von „Münchner Merkur“ und der „tz“. „Aber ich fühle mich fit. Natürlich gehe ich an die Startlinie, um gewinnen zu wollen.“ Seine Bestzeit von 2:06:27 Stunden auf den gut 41 Kilometern stellte er im Dezember in Valencia auf.
Um Zeiten wird es allerdings kaum gehen. Wegen der Bedingungen und weil es eine Meisterschaft ist. „Es wird ein taktisches Rennen“, meint Huke. Petros schrieb vor einem Jahr Schlagzeilen, als er das olympische Marathonrennen lange anführte. Am Ende baute er ab, belegte Platz 30. Wenn er in München um den Titel laufen will, wird es eher darum gehen, die Kräfte gut einzuteilen und die Konkurrenz richtig zu belauern. „München möchte ich klug angehen. Ich werde nicht wieder sofort vorne mitlaufen wie bei Olympia“, sagt Petros. „Da wollte ich mich einfach mal mit den Topstars zeigen. Zeigen, dass ich mithalten kann.“ Nun geht es ums Gewinnen.
Die Situation in seiner Heimat belastet Petros sehr
Privat ist Petros’ Situation nicht einfach. Seine Familie lebt in Tigray, das vom äthiopischen Bürgerkrieg betroffen ist.
„Das ist eine enorme Belastung. Ich weiß einfach nicht, wie es ihnen in Tigray geht“, sagte Petros, der seit langem keinen Kontakt zur Familie hat, weil es dort weder Strom noch Internet gibt. „Eigentlich ist alles zerstört. Die Gedanken daran belasten mich jeden Tag. Das kostet mich viel Kraft“, bekannte er. „Ich versuche so viel zu trainieren, damit ich müde werde. Dann kann man auch mal ein bisschen schlafen.“ Rekorde und Siege widmete er in der Vergangenheit seiner Familie.
Die Situation in seiner Heimat belastet Petros sehr
Rein sportliche Päckchen zu tragen haben Tatjana Pinto, Julia Ritter und Patrick Schneider, die ebenfalls bereit am Montag, dem ersten Wettkampftag, gefordert sind.
Um 11.05 Uhr, das ZDF überträgt live, läuft Tatjana Pinto in den 100-Meter-Vorläufen. Vor einer Woche verzichtete sie wegen Knieproblemen aufs Finale des Lohrheide-Meetings, als Vorsichtsmaßnahme. Sie sei grundsätzlich fit, sagt Huke über das Wattenscheider Aushängeschild. „Aber es muss eben immer behandelt werden.“ Und die Belastung geschieht immer im Wissen: Die Halbfinal- und Finalläufe finden Dienstag statt – am nächsten Wochenende steht aber auch noch die 4x100-Meter-Staffel an. Zuletzt gewann das Quartett um Pinto und Gina Lückenkemper WM-Bronze, war der Lichtblick im DLV-Team. Die Staffel soll im Zweifel Vorrang haben vor dem Einzel-Wettbewerb.
Die Heim-EM als Faktor: „Bis in die Haarspitzen motiviert“
Ab 11.20 Uhr ist dazu Julia Ritter in der Kugelstoß-Qualifikation im Einsatz. Wenn sie unter die besten zwölf kommt, ist sie ab halb neun im Finale am Abend dabei. Ritter war im Frühsommer in Topform, weder bei der DM noch bei der WM kam sie aber an ihre Bestleistungen heran. „Sie darf es nicht mit Gewalt versuchen“, sagt Huke und spricht dabei ein Thema an, was viele im deutschen Team betreffen dürfte.
Die Motivation bei einer Heim-EM ist extra-hoch, der Druck auch. „Das Publikum spielt eine Rolle“, sagt Huke. „Es ist zwar nicht wie beim Fußball, dass die Fans für einen und gegen den anderen sind. Aber ich weiß noch, wie es für mich bei der WM in Stuttgart 1993 war: Man ist bis in die Haarspitzen motiviert.“ Dabei aber auch cool und fokussiert zu sein, das ist die Aufgabe.
Auch für Patrick Schneider, der um 19 Uhr seinen 400-Meter-Vorlauf bestreitet – Huke rechnet ihn zu den erweiterten Final-Kandidaten. Das würde dann am Dienstag steigen. (mit dpa)
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