Wattenscheid. Wattenscheid 09 abschreiben? Davor warnt Felix Casalino im WAZ-Interview vorm Heimspiel gegen Gütersloh. Und erklärt, wie er mit Kritik umgeht.

Fünf Spiele liegen noch vor dem Fußball-Oberligisten SG Wattenscheid 09. In der Aufstiegsrunde zur Regionalliga hat der ehemalige Bundesligist zuletzt seine hervorragende Ausgangsposition verspielt. Ein Grund dafür: Die schwache Chancenauswertung. Vor dem Heimspiel gegen den FC Gütersloh (Sonntag, 15 Uhr) sprachen wir mit Stürmer Felix Casalino über die Möglichkeiten der Mannschaft sowie die kränkelnde Offensive.

Felix Casalino, wie geht’s Ihnen momentan?

Grundsätzlich sehr gut. Wir hatten mit dem 0:1 in Rhynern einen kleinen Dämpfer. Aber wir müssen uns ganz schnell zurückholen und das große Ganze sehen.

Und persönlich?

In jeder Sportart gibt’s einzelne Situationen, über die man sprechen kann, weil sie besser hätten laufen können. Mit der Mannschaft und mit mir bin ich zufrieden. Es ist meine erste Oberliga-Saison, die ich durchspiele und mit Ausnahme eines Spiels (Corona, Anm.d.Red.) frei von Verletzungen bin.

Wattenscheid 09: „Dass wir oben stehen, ist keine Eintagsfliege“

Wattenscheid 09 ist seit der Insolvenz 2019 einen besonderen Weg gegeangen. Merken Sie das immer noch?

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Ich führe mir das schon immer vor Augen. Aus so einem Loch so schnell rauszukommen und sportlich so viel zu erreichen, ist gut. Da gibt’s Vereine, die dafür viel länger brauchen.

Das Umfeld wirkt gerade etwas enttäuscht, weil zuletzt der Erfolg ausblieb. Haben Sie das gemerkt?

Vor der Saison hat uns niemand gesagt, dass wir aufsteigen können. Aber mit jedem Spiel, das du gewinnst, setzt du dich mehr unter Druck. Wir sind auch hungrig, weil wir das Beste rausholen wollen. Dass wir es zuletzt nicht gemacht haben, ärgert uns und ärgert die Fans. Im Laufe der Saison haben wir gemerkt, dass etwas möglich ist, so ist für uns das Ziel Aufstieg entstanden. Was wir bisher schon erreicht haben, hat uns die Augen geöffnet für das, was möglich ist.

Es ist aber schwieriger geworden. Ist noch was drin?

Wer jetzt sagt, dass wir es nicht mehr schaffen, rechnet entweder falsch oder hat das Vertrauen in die Mannschaft verloren. Dass wir da oben stehen, ist doch keine Eintagsfliege. Da steckt ein System hinter. In der Aufstiegsrunde gibt es noch so viele Spiele, in denen Punkte geholt und Top-Mannschaften weggenommen werden. Wer jetzt einen Haken dranmacht, der ist in meinen Augen bekloppt.

„Um Spiele zu gewinnen, müssen wir Tore machen“

Bedarf es dazu nicht langsam einer Steigerung in der Offensive?

Klar, um Spiele zu gewinnen, müssen wir ja Tore machen. Nach dem Spiel gegen Kaan-Marienborn (1:1, Anm.d.Red.) haben sich unsere Verteidiger geärgert, dass sie das Gegentor in der Nachspielzeit nicht verhindert haben. Ich habe mich geärgert, dass ich nicht zweimal getroffen habe. Die Spiele sind sehr eng.

Das gilt auch für das Spiel gegen Gütersloh. Wie beurteilen Sie die Durchschlagskraft?

Schauen wir doch mal, wer in unserer Mannschaft die Tore schießt. Das waren auch Verteidiger wie Timm Esser oder Freddie Wiebel. Bei uns ist es eher verteilt, andere Mannschaften wie zum Beispiel Rhynern haben Top-Torjäger. Ich will es aber nicht schönreden, dass wir zuletzt das eine oder andere Tor mehr hätten schießen können. Das schmälert aber nicht die ganze Saison.

Casalino kennt das Feedback von Instagram und YouTube

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Sie gelten als sensibel - ist das so?

Jein. Ich bin ein Spieler, der offen und freundlich ist, und die Nähe zu den Menschen sucht. Durch meinen Job mit meinem Youtube- und Instagram-Kanal komme ich gar nicht drumherum. Da kann ich dem ständigen Feedback gar nicht entfliehen. Mache ich auch nicht, ich gehe kritischen Situationen nicht aus dem Weg. Sonst würden wir uns jetzt gar nicht unterhalten. Zum Thema Sensibilität kann ich sagen, dass ich Stimmungen innerhalb der Mannschaft wahrnehme. Aber ich zerbreche nicht daran, wenn es negativ ist.

Wie gehen Sie mit scharfer Kritik an Ihnen um?

Felix Casalino von der SG Wattenscheid 09 gegen Kaan-Marienborn. Einmal traf er in diesem Spiel – hätte aber auch gerne noch ein Tor mehr erzielt.
Felix Casalino von der SG Wattenscheid 09 gegen Kaan-Marienborn. Einmal traf er in diesem Spiel – hätte aber auch gerne noch ein Tor mehr erzielt. © FUNKE Foto Services | Dietmar Wäsche

Mich selbst zu hinterfragen, ist etwas, das ich ohnehin immer mache. Wenn der Schiri abpfeift, weiß ich, ob ich ein gutes Spiel gemacht habe oder nicht. Ich schaue aber auch immer, von wem die Kritik kommt. Ist das einer, der Bock hat, mir was an den Kopf zu werfen, aber vorher noch nie mit mir geredet hat? In der Öffentlichkeit hat mich noch nie jemand unter der Gürtellinie beleidigt, im Internet schon. Anonym natürlich. Und dann? Ich gucke dann nach der jeweiligen Intention. Ist es jemand der neidisch sein könnte? Will mich einfach jemand beleidigen? Früher habe ich mir viele Kommentare durchgelesen, mittlerweile mache ich das nicht mehr. Ich bin ein positiver Mensch, deshalb bedeutet es mir viel mehr, wenn mir jemand aus meinem Umfeld sagt, dass etwas von mir gut war.

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Dann bleiben wir positiv: Warum gewinnt Wattenscheid das Spiel am Sonntag?

Weil wir da unterstreichen werden, was wir uns erarbeitet haben. Wir wollen unserem Ziel ein Stück näher kommen.

Mit einem Tor von Felix Casalino?

Wenn wir 3:0 gewinnen und ich kein Tor schieße bin kein bisschen weniger glücklich, als würde ich eins beisteuern. Wobei (überlegt kurz) … ein bisschen glücklicher würde es mich doch machen, wenn ich selbst treffe.

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