Wattenscheid. Wattenscheids Nils Hönicke geht in die Kreisliga. Im WAZ-Interview spricht er über Hintergründe, Ziele und den Wiederaufbau nach der Insolvenz.

Für den Fußball-Oberligisten SG Wattenscheid 09 war es eine bittere Nachricht: Mittelfeldspieler Nils Hönicke wird den Westfalen-Oberligisten im Sommer verlassen. Was die WAZ am Mittwochnachmittag vermeldete, bestätigte der Verein am Abend mit einer Video-Botschaft. Einen Tag später sprachen wir mit dem 28-Jährigen über die Gründe für seinen Abschied, seine Pläne und eine besondere Situation, die er im Lohrheidestadion erlebte.

Herr Hönicke, Sie werden zum Saisonende aufhören. Aus welchem Grund?

Ausschließlich wegen der Zeit. Mein Lebensmittelpunkt ist Münster. Da lebe ich mit meiner Freundin, außerdem arbeite und studiere ich dort. Momentan fahre ich fast täglich nach Wattenscheid. Das ist eine große zeitliche Belastung.

Sie sind ein Kind des Ruhrgebiets. Wie kommt man damit in Münster zurecht?

Ganz gut eigentlich, ich mag die Menschen in der Region. Es ist weniger locker als im Ruhrgebiet. Aber an den Tugenden, die in meiner Heimat gelten, erfreuen sich meine neuen Mannschaftskollegen ganz sicher auch.

Anführer mit großem Einsatz: Nils Hönicke von Wattenscheid 09.
Anführer mit großem Einsatz: Nils Hönicke von Wattenscheid 09. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Wann haben Sie gemerkt, dass der Aufwand zu groß ist?

Das hat sich allmählich eingeschlichen. Alles, was ich mache, mache ich mit viel Herzblut. Das gilt auch für mein Privatleben. Meine Freundin und ich wollen schließlich eine gemeinsame Zukunft planen. Vieles im Privaten hat stark unter dem Fußball gelitten.

Warum haben Sie das überhaupt auf sich genommen?

Ich habe immer gesagt und sage es auch weiterhin: Wattenscheid 09 ist eine Herzensangelegenheit. Ich habe die Entscheidung damals bewusst getroffen und würde sie heute wieder so treffen. Ich gehe als Spieler, als Fan aber bleibe ich.

Und was machen Sie nun?

Ich bleibe dem Fußball natürlich treu, spiele aber ab der kommenden Saison in der Kreisliga für die DJK SV Mauritz. Das ist bei mir direkt um die Ecke. Da trainiere ich dann zweimal pro Woche. Dann bleiben Zeit und Energie für andere Dinge.

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Sie haben im Winter gesagt, dass Sie mit Wattenscheid aufsteigen wollen.

Ja, der Wunsch besteht auch immer noch. Das wäre doch ein super Abschied. Und ich werde alles dafür tun, dass wir das schaffen werden. Dafür habe ich auch in den vergangenen zwei Jahren, die sehr intensiv waren, alles gegeben.

Sie waren einer der ersten Spieler, die nach dem Neustart zugesagt haben.

Ja, weil ich zu hundert Prozent hinter der ganzen Sache stehe. Was alle in dem Verein aufgebaut haben, ist unfassbar. Erst die Insolvenz, dann die Pandemie. Alle haben ihr letztes Hemd für den Verein gegeben. Deshalb tut mir die Entscheidung auch so weh. Auch wenn ich mich manchmal kritisch geäußert habe.

Denken Sie oft an die frühe Zeit nach dem Neustart zurück?

Ja, vor allem an eine der ersten Trainingseinheiten, an denen ich wieder teilgenommen habe.

Warum?

Da war ich etwas früher da, um noch ein bisschen mit unserem Platzwart zu quatschen. Das haben wir immer mal wieder gemacht, das hat mir gut getan.

Und dann?

Ich kam gerade von der Arbeit, hatte ein ordentliches Hemd und eine schicke Hose an. Ich sah also echt seriös aus. Als ich durch das Stadiontor gegangen bin, kam ein junger Mann auf mich zu und rief: ‚Ey, kommst du auch wegen Sozialstunden?‘ Ich war etwas verdutzt, habe dann aber gesagt: ‚Nee, eigentlich wegen Fußball.‘ Wir haben danach noch ein wenig geredet. Unser Platzwart hat mich dann aufgeklärt und gesagt: ‚Den hat die Stadt uns geschickt.‘ Ich glaube, solche Szenen gibt es außerhalb des Ruhrgebiets nicht so oft.

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