Bochum. Neue Corona-Regeln: 2G gilt im NRW-Amateursport seit Mittwoch. Bochumer Reaktionen von Kreis- bis Oberliga zwischen Verständnis und „Sauerei“.

Abpfiff für die Ungeimpften, zumindest vorerst. Seit Mittwoch gilt im kompletten Amateursport in Nordrhein-Westfalen die 2G-Regel. Das heißt: Wer nicht als von Corona genesen gilt oder vollständig geimpft ist, kann auch am Amateurfußball-Spielbetrieb nicht mehr teilnehmen, und zwar weder aktiv, noch als Zuschauerin oder Zuschauer auf dem Sportplatz.

Weitergespielt wird im Seniorenbereich, was viele nicht glücklich macht – angefangen beim Sportvorstand des höchsten Amateurklubs der Stadt, Christian Pozo y Tamayo. Bei Oberligist Wattenscheid 09 kann wegen 2G eine „kleine Anzahl“ Spieler nicht mehr teilnehmen. Pozo y Tamayo: „Im Sinne des sportlichen Wettkampfcharakters sollte man meiner Meinung nach die Winterpause vorziehen.“ So könne sich jeder impfen lassen und trotzdem weiterspielen.

2G im Bochumer Fußball: Zustimmung und Ablehnung

Die Aussetzung des Spielbetriebs als Reaktion auf die Einführung der 2G-Regel hatten viele Trainer und Verantwortliche erwartet, wie eine Umfrage der WAZ zeigt – so äußert sich zum Beispiel SW Eppendorfs Sebastian Saitner und Mirko Talaga (BV Hiltrop) sagt: „Ich hätte verstanden, wenn es die Unterbrechung gegeben hätte, freue mich aber, dass wir weiterspielen können.“

Die Reaktionen reichen von Zustimmung („genau richtig“) über Akzeptanz („war zu erwarten“) bis hin zu Skepsis und Ablehnung. Talaga etwa sieht auch eine Wettbewerbsverzerrung, genau wie Markus Deutsch (Union Bergen) oder Cengiz Türker, der Sportliche Leiter von Bezirksliga-Spitzenreiter CF Kurdistan: „Diese Entscheidung beeinflusst uns schon. Zwar nicht unbedingt die Erste Mannschaft, denn dort sind 90 Prozent geimpft oder genesen, aber unsere zweite und dritte Mannschaft.“

Verständnis für die Einführung der 2G-Regel herrscht im Prinzip bei fast allen. Weniger dafür, dass trotzdem einfach weitergespielt wird. „Die 2G-Regelung treibt nun einen Keil in alle Mannschaften und schließt die Ungeimpften vom Sport aus“, sagt CSV Lindens Nico Brüggemann.

Eine „Sauerei“ sieht Cem Dikme von A-Ligist Amacspor Dahlhausen: „Bei uns sind alle geimpft, wir sind davon nicht betroffen, aber ich kenne einige Vereine, die damit Probleme kriegen werden.“ Wer habe schon bei der Kader-Zusammenstellung auf eine mögliche Impfquote achten können?

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Corona und 2G: Ausgang der Spiele hängt wohl von Impfquote ab

Für die DJK TuS Hordel zum Beispiel ist es die Situation eine sportliche Herausforderung, unter den zwei Nicht-Immunisierten ist auch der Torwart. Kontra gibt es vom Westfalenligisten aber nicht. Hordels Sportlicher Leiter Jörg Versen verweist auch auf die Einschränkungen im Privat- und Geschäftsleben und sagt: „Ich bin da komplett bei der Politik und beim Verband.“ Dass immer noch viele Leute ungeimpft seien, sei „unfassbar“. Der hatte die Fortsetzung des Spielbetriebs auch damit begründet, Druck auf Ungeimpfte ausüben zu wollen.

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Wer sich an den letzten Spieltagen vor der Winterpause die Punkte sichert, hängt also auch direkt mit der Impfquote zusammen – das wird sich an der Aufstellung zeigen. Viele Trainer berichten, dass Mannschaft und Trainerstab vollständig geimpft seien (u.a. SC Weitmar 45, Hiltrop, Eppendorf, Dahlhausen) oder zumindest gute beziehungsweise hohe Impfquoten haben (Concordia Wiemelhausen, DJK TuS Hordel, DJK Wattenscheid, Weitmar 45 II, CSV SF Linden, TuS Harpen, CF Kurdistan).

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Soweit die Theorie – am Sonntag folgt die Praxis. Gelsenkirchens Fußball-Kreisvorsitzender Christian Fischer sagte schon, dass er ein „chaotisches Wochenende“ erwarte. Die Kontrolle der Impfausweise wird in den kommenden Wochen fest zum Spieltagsprogramm gehören – dafür ist zunächst der Heimverein verantwortlich. „Aber wie soll ich mir beim Auswärtsspiel sicher sein, dass kein Spieler oder der Verein dabei trickst? Ich sage nur Markus Anfang“, meint Hordels Jörg Versen.

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Corona und 2G im Bochumer Fußball: Ausführliche Statements

  • Michael Drews, Trainer Weitmar 45 II: „Ich persönlich bin da zwiegespalten und finde es grenzwertig, Ungeimpfte vom Freiluftsport auszuschließen. Wir haben zwar nur einen Spieler in unseren Reihen, der noch nicht als vollständig geimpft gilt, aber wenn es Vereine gibt, die eine geringere Impfquote haben und möglicherweise aufgrund dessen nicht antreten können, könnte das zu einer Wettbewerbsverzerrung führen. Meiner Meinung nach wäre diese Situation vermeidbar gewesen, wenn man jetzt in die vorzeitige Winterpause gegangen wäre. Das hätte Spielern und Vereinen mehr Vorlaufzeit verschafft.“
  • Mirko Talaga, Trainer BV Hiltrop: „Dass Vereine, die jetzt möglicherweise auf ungeimpfte Spieler verzichten müssen, darin eine Wettbewerbsverzerrung sehen, kann ich ein Stück weit verstehen. Wir selbst sind alle durchgeimpft und dementsprechend davon nicht betroffen. Die Vorgaben umzusetzen, wird allerdings eine Mammutaufgabe für die Vereine. Da sind wir insbesondere auf die Hilfe unserer Ehrenamtlichen angewiesen und ich bin gespannt darauf, wer für die Kontrolle der korrekten Umsetzung zuständig sein wird.
  • Hasan Gören, Trainer DJK Wattenscheid: „Dass man sich impfen lassen sollte und muss, ist ja keine Überraschung. Uns trifft das nicht so hart; ich glaube, bei uns sind alle geimpft oder genesen. Ich finde aber überraschend, wie schnell diese Regel kam – es wäre besser, wenn es möglich gewesen wäre, bis zum Winter mit 3G zu spielen, um sich auf 2G einstellen zu können. Eine Ungerechtigkeit ist für mich allerdings, dass bei uns 2G gilt und in der Bundesliga oder auch Regionalliga 3G gilt. Wir sind doch alle Menschen, die Fußball spielen.“
  • Sebastian Saitner, Trainer SW Eppendorf: „Ich habe mit einer vorzeitigen Pause gerechnet, die bei einem Blick auf die aktuellen Inzidenzwerte aus meiner Sicht auch verständlich gewesen wäre. Wir haben uns die Impfnachweise unserer Spieler bereits im Sommer vorlegen lassen und sind von den jetzigen Einschränkungen nicht betroffen. Bei den Spielen haben bisher unser Kassierer sowie Ordner und Vorstandsmitglieder die Kontrolle der 3G-Nachweise übernommen. Die jetzt noch mal strengeren Vorgaben zu kontrollieren, ist allerdings eine echte Mammutaufgabe, bei der man auch abwägen muss, wie viel Aufwand und Verantwortung man den ehrenamtlichen Helfern zumuten kann. Deswegen hätte ich eine vorzeitige Winterpause gut gefunden, um den Vereinen und Spielern mehr Vorlauf zu geben, sich auf die neuen Regelungen einzustellen.“
  • Jens Grembowietz, Trainer Concordia Wiemelhausen: „Es ist sehr kurzfristig, wie diese Regel eingeführt wurde, aber eigentlich kann das keinen überraschen, dass es so gekommen ist. Es wird darauf hinauslaufen, dass einige Mannschaften mit sechs oder sieben geimpften Probleme bekommen. Ich höre aber auch schon das Gegenargument, dass alle genug Zeit hatten. Wir sind in der glücklichen Lage, dass die Mannschaft fast zu 100 Prozent geimpft ist. Es gibt ein Für und Wider. Ich habe das Gefühl, wir drehen uns in dieser Pandemie im Kreis. Ich bin jetzt gespannt, wie die Regelung in der Praxis aussieht und wie am Sonntag kontrolliert wird.“
  • Cem Dikme, Trainer Amacspor Dahlhausen: „Ich halte es für eine Sauerei, den Amateurfußball erneut so bluten zu lassen. Bei uns sind alle geimpft, wir sind davon also nicht betroffen, aber ich kenne einige Vereine, die damit Probleme kriegen werden, den Spielbetrieb aufrecht zu erhalten, zumal sich mir die Frage stellt, wer die korrekte Umsetzung kontrollieren soll. Wäre eine mögliche 2G-Regelung bereits im Sommer angekündigt worden, hätte man sich darauf einstellen können, so ist es zu kurzfristig, als dass ungeimpfte Spieler überhaupt die Chance hätten, durch eine Impfung zeitnah weiter am Spielbetrieb teilnehmen zu können. Leute, die Bedenken gegenüber einer Impfung haben, so auszuschließen, finde ich nicht in Ordnung. Da wäre es besser gewesen, jetzt vorzeitig in die Winterpause zu gehen und in Ruhe einen Plan aufzustellen, wann man die ausgefallenen Spiele im neuen Jahr nachholen kann.“