Bochum. Der VfL Bochum hat noch einen Defensivspieler verpflichtet. Erhan Masovic ist serbischer U21-Nationalspieler. Die Sommertransferbilanz.

Bis zur letzten Sekunde hat der VfL Bochum nicht gewartet, wohl aber bis zum letzten Tag. Nach dem Wechsel von Vitaly Janelt zum englischen Zweitligisten FC Brentford hat der Zweitligist am Montag kurz vor dem Ende der Transferperiode noch einen neuen Defensivspieler verpflichtet und damit auf die personellen Engpässe in der Abwehr reagiert.

Erhan Masovic ist serbischer U21-Nationalspieler. Er kommt ablösefrei vom belgischen Spitzenklub FC Brügge zum VfL Bochum. Beim Revierverein unterschrieb der rechte Innenverteidiger, der auch im defensiven Mittelfeld spielen kann, einen Vertrag über drei Jahre bis zum 30. Juni 2023.

Decarlis Verletzung zwingt den VfL Bochum zum Handeln

Armel Bella-Kotchap, hier beim Spiel in Karlsruhe, soll nach wie vor die Zukunft gehören, vorerst weiterhin beim VfL Bochum.
Armel Bella-Kotchap, hier beim Spiel in Karlsruhe, soll nach wie vor die Zukunft gehören, vorerst weiterhin beim VfL Bochum. © dpa | Uli Deck

Da Saulo Decarli auf ungewisse Zeit ausfällt, sahen Trainer Thomas Reis und Sport-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz schon länger Handlungsbedarf in der Verteidigung. Mit den Stammkräften Maxim Leitsch und Vasileios Lampropoulos sowie Armel Bella-Kotchap verfügt der VfL innen nur über drei Profis, die den höheren Ansprüchen genügen. Mit Masovic kommt ein Vierter hinzu, der auch auf der Sechs spielen könnte. Dort verfügt Bochum mit Robert Tesche, Anthony Losilla und Zugang Raman Chibsah über drei erfahrene Profis. Weitere Spieler wie etwa Thomas Eisfeld könnten diese Position – oder bei leichter taktischer Varianz auf der Acht – aber spielen.

Bockhorn fehlt die Spielpraxis

Masovic’ Verpflichtung ist also in erster Linie eine Konsequenz der dünn besetzten Viererkette, in der ganz links Danilo Soaeres und ganz rechts Cristian Gamboa derzeit keine Konkurrenz fürchten müssen. Die jungen Stelios Kokovas und Moritz Römling sind vom A-Team weit entfernt, Herbert Bockhorn muss erst einmal länger am Stück verletzungsfrei trainieren, zudem fehlt ihm komplett die Spielpraxis: In dieser und der kompletten Vorsaison in Englands Championship (Huddersfield) kam er auf keinen Einsatz. Und Lars Holtkamp, talentiert und lernwillig, aber noch nicht auf dem Niveau seiner Konkurrenten, ist eher im Zentrum zuhause als außen.

Auf den Außenbahnen gibt es derzeit keine echte Konkurrenz-Situation

Folge: Brennt es auf den defensiven Außenbahnen, müssen Innenverteidiger in die Bresche springen. Bella-Kotchap kann das nur im Notfall. Der schnelle Linksfuß Leitsch, der diese Position auch in der Jugend oft genug gespielt hat, hat das drauf auf der linken Bahn. Er musste bereits in Karlsruhe die Lücke stopfen, als sich Soares wegen einer Prellung auswechseln ließ. Als linker Innenverteidiger allerdings ist Leitsch stärker und wertvoller für Bochum.

Mit Masovic gibt es nun eine Alternative mehr. Zudem hat Bochum erneut einen jungen Spieler verpflichtet, der mit erst 21 Jahren Entwicklungspotenzial hat. Das hat natürlich auch finanzielle Gründe, denn fertige Spieler auf ambitioniertem Zweitliga-Niveau gibt es nicht zum Nulltarif, und einen teuren back-up kann sich Bochum auch in der Gehaltsklasse nicht leisten. Zudem könnte es bei guter Entwicklung eines Tages eine Ablösesumme geben.

VfL Bochum hat keinen Leihspieler unter Vertrag und keinen Spieler ausgeliehen

Auffallend in diesem Kontext: Auf Leihspieler hat der VfL Bochum in dieser Transferperiode gänzlich verzichtet. Aktuell hat Bochum weder selbst einen Leihspieler im Kader noch hat er einen eigenen Spieler an einen anderen Klub ausgeliehen. Letzteres auch, weil es keine für alle Seiten zufrieden stellende Abnehmer gab für Kandidaten wie Stelios Kokovas oder Baris Ekincier. Dabei war gerade wegen der Corona-Pandemie und der finanziellen Engpässe genau das Gegenteil erwartet worden, nicht nur beim VfL Bochum.

Krank: Maxim Leitsch musste seine U21-Länderspielreise erst einmal absagen.
Krank: Maxim Leitsch musste seine U21-Länderspielreise erst einmal absagen. © Jürgen Fromme /firo Sportphoto

Und: Bis auf Herbert Bockhorn, auch wegen seiner Vorgeschichte, haben inklusive des zuvor nur ausgeliehenen Vasileios Lampropoulos alle sieben Zugänge einen Vertrag über mindestens zwei, meist drei Jahre unterschrieben. Bei Bockhhorn gilt der Kontrakt ein Jahr mit der Option für den Verein auf ein weiteres Jahr. Unterm Strich setzt der VfL also auch auf eine Wertsteigerung seines international bestückten Kaders.

Erhan Masovic spielte zuletzt in der 1. Liga von Dänemark

Masovic ist Kapitän der serbischen U21-Nationalmannschaft, für die er bereits als 18-Jähriger debütierte. Bereits mit 17 stieg er beim Belgrader Club FK Cukanicki zum Profi auf. 2017 wechselte er zum belgischen Spitzenverein FC Brügge, wo er aber den Durchbruch nicht schaffte und bis heute kein Pflichtspiel bestritt. Nach einer Saison ohne Einsatz verlieh ihn Brügge an den AS Trencin (Slowakei) und in der Vorsaison 2019/20 dann an den AC Horsens (Dänemark). Dort kam er auf 22 Pflichtspiel-Einsätze, meistens allerdings wurde er erst spät eingewechselt. Insgesamt kommt er auf 62 Einsätze in den ersten Ligen Serbiens, der Slowakei und Dänemarks. Jetzt schlägt er in der 2. deutschen Liga ein neues Kapitel auf.

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„Erhan Masovic ist ein entwicklungsfähiger Spieler, der trotz seines jungen Alters schon einiges an internationaler Erfahrung gesammelt hat“, sagt Bochums Sport-Geschäftsführer Sebastian Schindzielorz. „Er kann variabel eingesetzt werden, sowohl als Innenverteidiger als auch im defensiven Mittelfeld. Als Kapitän der serbischen U21 hat er zudem gelernt, mit Verantwortung umzugehen.”

Masovic freut sich naturgemäß auf den VfL, „die 2. Bundesliga hat ein hohes Niveau“, wird er in der Pressemitteilung des Klubs zitiert. Um sich schnell einzuleben und einzufinden, sagte er nach Rücksprache mit dem Verband die Länderspiele mit der U21 Serbiens ab, kann also in dieser Woche ins Training beim VfL einsteigen. Zuvor müssen zwei negative Corona-Testergebnisse vorliegen.

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Applaus für den Applaus: (v.l.) Manuel Riemann, Anthony Losilla und Robert Tesche.
Von Markus Rensinghoff und Ralf Ritter

Alle Neuzugänge kommen ablösefrei

Damit hat der VfL seine Transferaktivitäten in dieser Periode beendet und setzt die Saison mit 29 Profis, darunter drei Torhütern, fort. Sechs, mit Lampropoulos sieben Neuzugänge zählen zum Kader, alle kamen ablösefrei: Herbert Bockhorn, Gerrit Holtmann, Raman Chibsah, Soma Novothny, Tarsis Bonga und nun Erhan Masovic. Zudem erhielt Lars Holtkamp einen Profivertrag und Baris Ekincier kehrte nach seiner Leihe (Klagenfurt) zurück. Auf der anderen Seite hat der VfL wie berichtet für Vitaly Janelt und Dominik Baumgartner knapp eine Millionen Euro Transfereinnahmen erzielt.

Weder bei der deutschen U21 noch beim VfL am Ball ist vorerst dagegen Maxim Leitsch. Er ist erkrankt. Ob der Verteidiger noch zum Nationalteam nachreist, ist noch offen.

Der Kader des VfL Bochum 2020/21 mit allen Zu- und Abgängen und Vertragslaufzeiten:

Tor: Manuel Riemann (Vertrag bis 2023), Patrick Drewes (2021), Paul Grave

Abwehr: Danilo Soares (2024), Armel Bella-Kotchap (2024), Erhan Masovic (2023), Saulo Decarli (2022), Maxim Leitsch (2022), Vasileios Lampropoulos (2022), Cristian Gamboa (2021), Herbert Bockhorn (2021 plus Option für VfL), Stelios Kokovas, Moritz Römling

Mittelfeld zentral: Robert Zulj (2023), Lars Holtkamp (2022), Raman Chibsah (2022), Anthony Losilla (2021), Robert Tesche (2021), Sebastian Maier (2021), Thomas Eisfeld (2021)

Angriff mit offensiven Flügeln: Silvere Ganvoula (2023), Tarsis Bonga (2023), Gerrit Holtmann (2023), Simon Zoller (2022), Baris Ekincier (2022), Tom Weilandt (2022), Soma Novothny (2022), Danny Blum (2021), Milos Pantovic (2021)

Abgänge: Vitaly Janelt (FC Brentford, Ablöse ca. 600.000 Euro), Dominik Baumgartner (Wolfsberger AC, nach Leihe vom WAC fest verpflichtet, rund 350.00 Euro), Patrick Fabian (Karriere-Ende), Stefano Celozzi (offen), alle ablösefrei: Simon Lorenz (Holstein Kiel), Ulrich Bapoh (VfL Osnabrück), Maxwell Gyamfi (Hamburger SV II), Jan Wellers (RW Oberhausen), Jordi Osei-Tutu (war ausgeliehen vom FC Arsenal/jetzt FC Cardiff), Manuel Wintzheimer (war ausgeliehen vom Hamburger SV, jetzt HSV).

Zugänge: (alle ablösefrei): Vasileios Lampropoulos (war zuvor vom VfL ausgeliehen von La Coruna), Tarsis Bonga (Chemnitzer FC/3. Liga), Lars Holtkamp (eigene Jugend), Baris Ekincier (nach Leihe zu Klagenfurt zurück), Herbert Bockhorn (Huddersfield/England), Gerrit Holtmann (Mainz 05/war 19/20 ausgeliehen an SC Paderborn), Raman Chibsah (Gaziantep FK/Türkei), Soma Novothny (Ujpest FC/Ungarn), Erhan Masovic (FC Brügge, war 19/20 ausgeliehen an AC Horsens/Dänemark)