Bochum. Inga Böge-Krol ist beim Marathon als Schluss-Läuferin unterwegs. Sie hat bereits 15 Mal die Letzten begleitet – auch schon auf Mallorca.
Normalerweise freuen sich alle Läufer, wenn sie nicht als Letzter die Ziellinie überqueren. Bei Inga Böge-Krol ist das anders. Sie läuft regelmäßig bei (Halb-)Marathons als Schluss-Läuferin ein. Denn sie zieht die Letzten, damit sie den Ziel-Schluss nicht verpassen.
Die soziale Ader der Wattenscheiderin ist groß. Sie hilft gerne, wenn es mal auf den langen Distanzen im wahrsten Sinne des Wortes nicht gut läuft. Böge-Krol ist 2005 selbst ihren ersten Marathon gelaufen, den Karstadt-Marathon von Dortmund bis Essen. Dabei blieb sie mit 5:45 Stunden noch eine Dreiviertelstunde vor dem Besenwagen. „Ich habe allerdings weder das Talent, noch die Zeit, um ganz vorne mitzulaufen“, gibt die Lehrerin vom Klaus-Steilmann-Berufskolleg zu. Also hat sie sich eine andere Aufgabe gesucht.
Atmosphäre genießen
Die 50-Jährige möchte den Marathon bewusst erleben. Auch, was um sie herum am Rande geschieht. „Ich klatsche gerne mal Kinder ab oder unterhalte mich unterwegs mit Leuten“, erzählt sie. Hinten auf der Strecke habe sie mehr Spaß und könne die Atmosphäre genießen. Sie betrachtet gerade Wettbewerbe als eine Belohnung für harte Trainingsarbeit.
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„Selbst wenn man als einer der hintersten Läufer ins Ziel kommt, jubeln die Zuschauer dir noch zu. Das fühlt sich an wie ein Sieg“, beschreibt die Bochumerin ihre Gefühle, die sie gerne mit anderen teilen möchte. Denn: „Es ist schade, wenn sich jemand nicht belohnen kann, weil er aussteigen muss.“ Sie hätte sich bei ihrem ersten Marathon ebenfalls jemanden gewünscht, an den sie sich hätte halten können. Doch sie war auf sich gestellt und musste ihre eigene Laufstrategie entwickeln.
Veranstalter fragen bei Läuferin an
Nun gibt sie den Takt für andere vor, macht das Tempo am anderen Ende der Spitze – und fühlt sich dabei pudelwohl. 15 Mal ist sie bereits als Zugpferd mit den letzten Läufern unterwegs gewesen. Mittlerweile fragen die Veranstalter sie sogar an, etwa beim Bochumer Halbmarathon oder dem Viva-West-Marathon. Selbst beim Mallorca-Marathon hat Böge-Krol 2009 schon den Abschluss gebildet. „Ich habe mich dort beworben und geschrieben, dass ich sonst immer erst die Ziellinie überquere, wenn die Sieger schon wieder im Flugzeug nach Hause sitzen“, erzählt sie.
Sie selbst muss natürlich trainiert genug sein, um die Langsamsten ziehen zu können. „Das ist ein Ansporn für mich, ich musste selbst noch nie abbrechen. Ich muss aber sicher sein, das bin ich den Leuten auch schuldig“, meint sie. Zur Sicherheit sind Schluss-Läufer daher immer zu zweit unterwegs. Sie reden den Letzten gut zu, nehmen bei Schwierigkeiten zunächst das Tempo raus und weisen motivierend auf die gute Leistung hin, die jeder bei einem Marathon zeigt. Dann übernehmen sie das Tempo.
Großer Einsatz für die letzten Läufer
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Einmal ist die Schluss-Läuferin vier Kilometer vor dem Ziel zu den letzten Versorgungsstationen und dem Ziel vor gelaufen, um anzukündigen, dass eine Läuferin noch unterwegs ist. „Der Besenwagen holte uns schon ein und die Polizei wollte die Läuferin aus dem Rennen entfernen. Ich habe mich für sie eingesetzt, mich mit der Polizei angelegt“, sagt die gute Seele. Dann kam sie der Starterin noch entgegen und hat sie sogar noch unter der Zeit ins Ziel begleitet. Sie war unheimlich dankbar, so wie viele. Ein Abbruch des Rennens so kurz vor dem Ziel wäre eine harte Niederlage gewesen, für beide. So haben sie gemeinsam gesiegt.
Inga Böge-Krol bekomme viele positive Rückmeldungen, Umarmungen und Fotos. „Das beste war die Nominierung zur Hobbyläuferin des Jahres 2017. Dabei habe ich zwar nicht gewonnen, aber dennoch so viele Menschen zum und beim Laufen motiviert.“
>>>Kenianer wunderten sich über die Schluss-Zeit
Inga Böge-Krol wurde bei einer Abschlussparty mal von den schnellsten afrikanischen Läufern auf ihre Schluss-Zeit angesprochen, die sie auf ihrem Shirt trug. „Sie fragten mich, was ich unterwegs so lange mache.“
Die Bochumerin muss sich auch böse Kommentare anhören, wenn sie ganz hinten läuft. Die Zuschauer erkennen ihre Funktion nicht immer, obwohl sie durch ein Shirt kenntlich gemacht ist. Ein Kommentar: „Das wandern wir ja in derselben Zeit.“