Bochum. Andreas Giersberg ist Ultraläufer und legt im Jahr über 4000 Kilometer zurück. Er joggt durch die ganze Welt. Digitalkamera ersetzt die Stoppuhr.
Wenn andere Läufer aus der Puste sind, ist Andreas Giersberg gerade mal warmgelaufen. Er kann keine kurzen Strecken, er läuft das extreme Gegenteil. Läufe, die mindestens die Länge eines Marathons haben. Denn er ist ein Ultraläufer.
Es fing mit abendlichen Runden nach der Arbeit an. „Ich habe mir einfach die Laufschuhe angezogen und bin losgelaufen. Zum Abschalten. Es gibt an der Ruhr auch schöne Strecken“, erzählt Giersberg. Daraus entwickelten sich schnell große Runden, 2004 folgte der erste Marathon, der Ruhr-Marathon von Dortmund nach Essen. „Ich habe mir dabei geschworen, dass es der erste und letzte ist“, erinnert sich der Läufer. Doch dabei blieb es nicht. Mittlerweile ist der Bochumer 156 lange Strecken gelaufen, davon 57 Ultraläufe, die über die Marathon-Distanz hinausgehen.
Bochumer verbindet sein Hobby mit Reisen
Gerne verbindet Giersberg sein Hobby mit Reisen. Sein Lieblingslauf ist der Rennsteiglauf durch den Thüringer Wald, 72 Kilometer lang. Auch im Ausland ist er unterwegs. „Ich lerne Land und Leute kennen und genieße den Lauf, selbst wenn das komisch klingt bei der Kilometerzahl“, sagt der 52-Jährige, der oft seine Digitalkamera dabei hat.
Früher sei er bei den Marathons auf Zeit gelaufen, fühlte sich dabei aber nicht so gut. Seine Bestzeit: 3:23 Stunden. Danach war er platt. „Bei vielen Stadtmarathons ist es außerdem sehr eng“, weiß er. Bei den Ultraläufen möchte er ohne Druck ankommen. „Auf Bergen bleibe ich auch mal eine Weile stehen und genieße die Aussicht.“
Nur kurze Pausen zur Kraftreserve
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Dennoch legt er nur kurze Pausen ein, um nicht aus dem Rhythmus zu gelangen. Die Kraft für 100 Kilometer muss er sich gut einteilen. „Bei Anstiegen gehe ich auch mal ein paar Schritte, um nicht zu viel Energie zu verbrauchen“, sagt er. Zwischendurch muss er auch etwas essen und zur Toilette – wenn es denn auf der Strecke eine gibt. Ein Ultraläufer muss also gut vorbereitet sein, vor allem ausgeruht.
Der Extremläufer verrät aber auch, dass er teilweise Stimmungsschwankungen während der Strecke bekommt. „Nach Kilometer 60 horcht man schon in sich hinein. Wenn der Kopf nicht will, funktioniert es nicht. Wenn der Körper nicht will, auch nicht. Manchmal geht es mir zehn Sekunden später wieder gut und ich laufe weiter“, berichtet Giersberg aus seinem Inneren. Er musste zwar schon einmal einen Lauf abbrechen, aber nicht aufgrund von mentaler Schwäche. „Ich bekam nach 40 Kilometern Bauchschmerzen. Bis Kilometer 56 bin ich noch gelaufen. Dann habe ich mir gedacht, es macht keinen Sinn mehr.“
27 Stunden am Stück unterwegs
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Bei seinem bislang längsten Lauf war er 2017 entlang der ehemaligen Berliner Mauer 27 Stunden für 160 Kilometer unterwegs. „Andere sagen, ich sei wahnsinnig. Wobei wir Ultras schon ein bisschen durchgeknallt sind. Solche Strecken läuft ja wirklich nicht jeder“, sagt Giersberg und ergänzt: „Natürlich quält man sich zwischendurch. Doch wenn ich durchs Ziel laufe, ist das Gänsehaut-Feeling pur. Die Qualen sind vergessen.“
Selbst am nächsten Tag, wenn er die Kilometer in den Beinen merkt, etwa beim Treppensteigen. „Ich grinse dann und fühle mich schon wieder gut.“
>>>Ziel: Auf jedem Kontinent einmal laufen
Das Ziel von Ultraläufer Andreas Giersberg ist es, auf jedem Kontinent einmal gelaufen zu sein. In Asien ist er beispielsweise um das Tote Meer gelaufen, in Südamerika am Zuckerhut und in Südafrika quer durch Kapstadt.
Im April läuft er einen Marathon über die Chinesische Mauer. Es fehlt nur noch Australien.