Mülheim. Der Mülheimer Adam Hetmanski nahm erstmals an der „Tor de Géants“ teil und musste dafür mehr als vier Tage lang ohne Schlaf durchhalten.
„Finisher“ steht auf der grünen Weste, die Adam Hetmanski im Gespräch mit dieser Redaktion trägt. Das Kleidungsstück hat der 50-jährige Mülheimer beim Ultratrail du Mont Blanc Ende August abgestaubt. 171 Kilometer musste der Ultraläufer von Marathon Mülheim dort bewältigen. Dennoch war der UTMB für ihn diesmal nur eine Durchgangsstation.
Der 50-Jährige blieb direkt in den Alpen und nahm zum ersten Mal an der Tor de Géants teil, der „Tour der Riesen“. 350 Kilometer lang, 30.000 Meter Höhenunterschied und das Ganze in maximal 150 Stunden. Soweit zu den nackten Zahlen. „Die Tor de Géants stand schon seit Jahren ganz oben auf meiner Liste, das ist ein absolutes Highlight in der Szene“, erklärt der Mülheimer.
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Nur die knapp 900 Besten der Welt durften teilnehmen, 281 von ihnen kamen nicht ins Ziel. „Da zeigt die Strecke, wie brutal sie ist“, sagt der Ultrasportler. Sogar ein Läufer, der zu den erst drei Gesetzten zählte, musste nach 150 Kilometern aufgeben.
Bereut hat Adam Hetmanski seine Premiere im Aostatal freilich keine Sekunde. „Ich war noch nie so zufrieden“, sagt er rückblickend. „Das Ambiente ist einzigartig. Da herrscht ein Geist, den man gar nicht beschreiben kann“, erzählt der 50-Jährige begeistert. Die Einheimischen erlebte er als absolut herzlich. „An jeder Versorgungsstelle kamen vier, fünf Leute auf einen zu. Man hat sich wie zu Hause gefühlt“, sagt Hetmanski.
Mülheimer trainierte bis tief in die Nacht
104 Stunden und 53 Minuten benötigte der Mülheimer Ultraläufer unter dem Strich – ohne Schlaf wohlbemerkt. Viele Wettkämpfe, um sich auf diese Sonderbelastung für den Körper einzustellen, gab es aufgrund der Pandemie im Vorfeld nicht. „Ich habe vor und nach der Arbeit bis tief in die Nacht trainiert, um in diesen Rhythmus reinzukommen“, erklärt der Mülheimer. Der Rest sei Wille.
Das Problem: Der Debütant wusste nicht, was auf ihn zukommt. Vor allem die erste Hälfte war im Hinblick auf die Verpflegung ein Lernprozess. Viel zeit zum Eingewöhnen gab es nicht: Schon nach dem Start ging es zehn Kilometer lang bergauf, am ersten Tag standen bereits zwei 3000er auf dem Programm. „Man muss mit Demut an so einen Berg herangehen“, rät Hetmanski. Er würde niemals davon sprechen, einen Berg bezwungen zu haben. „Er hat dir erlaubt, einmal drüber zu laufen.“
„Bei so einem Wettkampf möchte man in erster Linie ankommen“
Nach 200 Kilometern begann Hetmanski, allmählich mehr ins Risiko zu gehen. „Ab Kilometer 238 gab es kein Halten mehr, da bin ich Zeiten gelaufen wie die Leute ganz vorne“, berichtet der Mülheimer nicht ohne Stolz. „Bei so einem Wettkampf möchte man in erster Linie ankommen aber ich wusste, was ich drauf habe und wollte mich unter den Top 50 etablieren.“
Wenngleich er sich bei Kilometer 288 mit der Versorgungsstation vertat und im dichten Regen des letzten Tages eine Markierung übersah, kam er am Ende als 43. ins Ziel. „Das war Euphorie pur, denn du willst nicht nur dich selbst nicht enttäuschen, sondern auch die Leute, die dir den Rücken freigehalten haben“, erklärt der Ultraläufer. Im Ziel wartete seine Frau, die über GPS den gesamten Lauf verfolgte und fast selbst nicht schlief.
Euphorie täuscht über die Erschöpfung hinweg
Nach dem Zieleinlauf täuschte die Euphorie noch über die Erschöpfung hinweg. Als sich Hetmanski wenig später in die Badewanne setzte, schlief er prompt ein. „Meine Frau hat mich dann rausgeholt und an den Esstisch gesetzt – und da bin ich wieder eingeschlafen“, lacht er rückblickend. So ging es die ersten Tage. „Man hat nur zwei bis drei Tage Zeit, das aufzuholen“, weiß er.
Seit Donnerstag ist er wieder in Mülheim. Und hat schon die nächsten Herausforderungen geplant. Im Oktober steht ein 100-km-Lauf in Belgien auf dem Programm. Und die Tor de Géants soll kein einmaliges Erlebnis gewesen sein. „Der Veranstalter legt noch einen 450-km-Wettbewerb oben drauf“, sagt Hetmanski und man sieht schon an seinen Augen: da will er dabei sein. Schließlich haben sich alle „Finisher“ des 350ers bereits dafür qualifiziert.
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