Berlin. Die 4x100-Meter-Staffel der Männer hat den ersten Deutschen Meistertitel für Wattenscheid geholt – mit Ansage. Für Tatjana Pinto lief es bitter.

Maurice Huke wusste es schon, da hatte er den Staffelstab gerade aus der Hand gegeben. Als dritter war Huke in der 4x100-Meter-Staffel des TV Wattenscheid 01 an der Reihe, übergab den Stab an Schlussläufer Robin Erewa. Der fing auf der Zielgeraden noch den Konkurrenten aus Münster ab und lief im Berliner Olympiastadion die letzten Meter auf dem Weg zum Deutschen Meistertitel für Wattenscheid: Gold für die Staffel!

Auf den TV-Bildern war genau zu sehen, wie Huke Erewa zunächst anfeuert, dann zu lachen beginnt und die Arme hochnimmt, schon bevor Erewa die Ziellinie überquert. Kurz drauf war es amtlich: 39,60 Sekunden brauchten die Wattenscheider in der Aufstellung Philipp Trutenat, Kevin Ugo, Maurice Huke, Robin Erewa. Kein deutsches Quartett war in dieser Saison schneller. Von der „Sprinterhochburg Wattenscheid“ war mal wieder die Rede. „Wir gehen nicht an den Start, um Dritter zu werden“, hatte Kevin Ugo vorher selbstbewusst betont.

TV Wattenscheid 01: Einmal Gold, dreimal Silber, viermal Bronze in Berlin

Das Staffel-Gold war die erste Goldmedaille der Wattenscheider bei diesen Meisterschaften in Berlin, und sie blieb die einzige. Bis dahin war Bronze die Lieblingsfarbe der Athletinnen und Athleten in Blau-Weiß. Kugelstoßerin Julia Ritter hatte schon am Donnerstag den ersten dritten Platz für den TV 01 geholt, am Samstag folgten Jessie Maduka (Dreisprung) und Nils Voigt (5000 Meter). Monika Zapalska holte über 100 Meter Hürden die Silbermedaille. Sonntag folgten Silbermedaillen für Patrick Schneider (400) und Marius Probst (1500 Meter) sowie eine etwas kuriose Bronzemedaille für Kevin Ugo.

Tatjana Pinto vom TV Wattenscheid 01 musste die Deutschen Meisterschaften mit einer Wadenverletzung abbrechen.
Tatjana Pinto vom TV Wattenscheid 01 musste die Deutschen Meisterschaften mit einer Wadenverletzung abbrechen. © Wolfgang Birkenstock | Wolfgang Birkenstock

Der lief im letzten Wettkampf des Wochenendes, dem 200-Meter-Finale. Drei Athleten wurden wegen Fehlstarts ausgeschlossen, wodurch die TV-Übertragungszeit an ihre Grenze geriet. Ugo beendete das Rennen schließlich als Vierter von fünf, die ins Ziel kamen – und bekam Bronze zugesprochen, da auch der Kölner Joshua Hartmann nachträglich disqualifiziert wurde.

Michael Huke ist mit den acht Medaillen sehr zufrieden

TV-01-Manager Michael Huke, Vater des Deutschen Meisters Maurice, war mehr als zufrieden: „So etwa hatten wir es uns ausgerechnet Einmal Gold, dreimal Silber, viermal Bronze – auch wenn wir gerne die ein oder andere Farbe gehabt hätten: eine tolle Ausbeute.“ Er sei „super zufrieden, super happy“ mit dem Gesamtergebnis – und sah dabei sogar noch viel Luft nach oben.

Damit spielte er vor allem auf Tatjana Pinto an. Die hatte am Samstag im 100-Meter-Vorlauf eine Zeit von 11,26 Sekunden abgeliefert und erneut unter Beweis gestellt, dass sie nie abzuschreiben, immer zu Topleistungen in der Lage ist, wenn es darauf ankommt.

Ärger um Sperre für Tatjana Pinto

Auch den Platz im Finale sicherte sie sich, wäre um die Medaillen mitgelaufen – das sollte aber unmittelbar nach den Halbfinals stattfinden. „Für die TV-Übertragung gab es keine Pause“, erklärte Huke die Situation – die hätte Pinto aber gebraucht und meldete sich schließlich mit der Begründung einer Wadenverhärtung ab. Die großen Schlagzeilen schrieb Gina Lückenkemper mit einem tollen Lauf über 10,99 Sekunden, sie war im ersten Halbfinale gestartet, hatte eine etwas längere Pause als die Wattenscheiderin Pinto, für die die Geschichte damit aber nicht ausgestanden war.

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Da sie sich nicht ordnungsgemäß abgemeldet habe, wurde sie vom Wettkampfgericht für alle folgenden Disziplinen gesperrt. „Das stimmt nicht“, sagt Huke, „sie hat sich am Stellplatz abgemeldet, musste dort auch die Startnummer vorzeigen.“

Von dort sei die Info aber nicht weiter an das Technische Informations-Zentrum gegeben worden. Huke sieht keinen Fehler beim TV 01 oder seiner Athletin und trauerte den durch Pintos Sperre verpassten Chancen nach: „Ich bin sicher, dass sie über 200 Meter Gold geholt hätte und auch die Staffel gewinnen hätte können.“

Ohne Pinto wurde das Wattenscheider Quartett um Sophie Bleibtreu, Monika Zapalska, Madleen Malecki und Johanna Bechthold in 45,31 Sekunden Vierte. „Die Wechsel waren nicht gut, sonst wäre auch so Silber drin gewesen“, so Huke. Die Verletzung als Absagegrund war dementsprechend nicht weiter Thema: "Tatjana ist fit."

TV Wattenscheid will eine „Sprinterhochburg“ bleiben

Das starke Gesamtergebnis mit acht Medaillen und der Zurückeroberung des Staffel-Titels wollte er sich dadurch aber nicht madig machen. Und was sagt Huke, der ja selbst als Sprinter bei Olympischen Spielen dabei war, zum Zustand der „Sprinterhochburg“ Wattenscheid?

„Wir haben auch Federn lassen müssen, gerade in den männlichen Einzeldisziplinen“, findet er. „Aber wir arbeiten hart und wollen natürlich eine Hochburg bleiben.“