Wattenscheid. Die Achillessehne machte Hendrik Pfeiffers Traum von Olympia zunichte. Im Interview erklärt er, warum die nötige Operation dennoch ein Glücksfall war.

Der Wattenscheider Leichtathlet Hendrik Pfeiffer schaffte beim Düsseldorf-Marathon eine kleine Sensation, als er bei seinem Debüt über die 42,195 Kilometer in einer Zeit von 2:13:11 die Olympia-Norm knackte und sich für Rio 2016 qualifizierte. Doch schon vor dem Marathon hatte der 23-Jährige mit kleineren Verletzungsproblemen zu kämpfen.

Über den Sommer meldete sich dann seine Achillessehne. Pfeiffer wagte im Juli noch einen Start im Halbmarathon bei den Europameisterschaften in Amsterdam. Doch seine Verletzung zwang ihn zum Ausstieg, eine Operation wurde notwendig und zerstörte den Olympia-Traum. Der Wattenscheider verkündete seinen Verzicht und ermöglichte so dem Regensburger Julian Flügel den Start in Rio.

Auch interessant

Redakteur und Laufblogger Stefan Reinke hat mit Hendrik Pfeiffer über Olympia, den Stellenwert der Leichtathletik, den Unterschied zwischen Läufern und Fußballern und über die persönlichen Karriere-Aussichten gesprochen.

"Mir wurde mehr gegeben als genommen"

Nach deiner Verletzung mal eine ganz banale Frage: Wie geht’s?

Hendrik Pfeiffer: Besser als man sich denken könnte. Das Aus für Rio war ein Schock, den ich gut verarbeitet habe. Am 10. August hatte ich die Operation. Es wurde ein Schleimbeutel entfernt, ein Stück Knochen wurde abgeschliffen und ein schon degenerierter Teil der Achillessehne entfernt. Das heißt, wenn ich weiter gemacht hätte, wäre das Ding gerissen. Mit dem Wissen im Hinterkopf war es deutlich leichter, das Olympia-Aus wegzustecken. Mir wurde deutlich mehr gegeben als genommen.

Wie muss man sich so eine Reha vorstellen? Langweilig?

Pfeiffer: Ja, aber ich hatte noch Glück! Ich konnte meine Reha in Herxheim bei Johannes Eisinger, der ein großer Förderer von mir ist, machen. Ich konnte dort alle Einrichtungen, wie den Kraftraum oder das Schwimmbad nutzen und habe viel Unterstützung bekommen. Ohne diesen Kontakt hätte ich bestimmt nicht so eine gute Reha gehabt. Auf dem Alter-G (ein Laufband, in dem durch Luftdruck die Schwerkraft und somit das Körpergewicht gemindert wird, Anm. d. Red.) konnte ich sogar schon wieder laufen. Ich hatte da schon die perfekte Betreuung. Ansonsten sitzt man in der Reha natürlich auch viel rum.

Wie geht es jetzt weiter?

Pfeiffer: Es entwickelt sich sehr gut. Vielleicht kann ich im Oktober wieder joggen. Genau kann ich das nicht prognostizieren. Aber es wird nicht die befürchteten fünf bis sechs Monate dauern. Ich bin dem Plan weit voraus. Im November fahren wir ins Trainingslager, bis dahin möchte ich wieder regelmäßig laufen können.

Du hast dich relativ spät für den Olympia-Verzicht entschieden...

Pfeiffer: Das war sogar relativ früh, also direkt nach der EM in Amsterdam. Ich wollte mich rechtzeitig entscheiden, damit der Julian (Julian Flügel, Anm. d. Red.) noch nachnominiert werden könnte. Der Halbmarathon in Amsterdam sollte die Generalprobe sein. Ich dachte, wenn die misslingt, laufe ich auch nicht in Rio.

Du hattest die Entscheidung in einem bewegenden Blog-Eintrag begründet. Wie war die Resonanz darauf?

Pfeiffer: Sehr positiv. Mit wurde sehr viel Respekt ausgesprochen. Mir haben aber auch viele geraten, um jeden Preis zu Olympia zu fahren und zur Not beim Rennen auszusteigen. Das habe ich mir auch durch den Kopf gehen lassen, aber moralisch konnte ich das nicht vertreten.

Olympia-Tourist ist kein erstrebenswertes Karriere-Ziel?

Auch interessant

Pfeiffer: Auf keinen Fall. Gerade vor dem Hintergrund meiner Entscheidung fand ich die Entscheidung der Hahners auch wie einen Schlag ins Gesicht für mich (die Zwillinge Anna und Lisa Hahner liefen beim Marathon händchenhaltend als 80. und 81. ins Ziel, Anm. d. Red.). Das hat meine Werte konterkariert und hat dann auch noch so eine Aufmerksamkeit bekommen, dass niemand mehr über den 40. Platz von Anja Scherl gesprochen hat. Blöd ist, dass durch die Aktion der Hahners jetzt möglicherweise die Normen wieder verschärft werden sollen. Dann wird’s wieder härter, sich für Olympia zu qualifizieren.

Mit welchen Gedanken hast du Olympia verfolgt? Wehmut? Interesse?

Pfeiffer: Mit Dankbarkeit (lacht)! Ich war im Rehazentrum und lag die ersten zehn Tage nur im Bett. Da war ich heilfroh, dass Olympia lief, sonst hätte ich mich zu Tode gelangweilt. Wehmut war aber auch dabei, vor allem bei der Eröffnungsfeier. Am meisten habe ich mich natürlich auf die Leichtathletik-Wettbewerbe gefreut, wobei es da auch einige unerfreuliche Ereignisse gab. Das Finale über 10.000 Meter der Frauen habe ich ausgemacht. Diese absurde Leistung (die Äthiopierin Almaz Ayana verbesserte den 13 Jahre alten Weltrekord auf 29:17.45 Minuten, Anm. d. Red.) konnte ich mir nicht angucken, das macht keinen Spaß. Meine Bestzeit ist 29:16. Dass eine Frau mit sauberen Mitteln schneller ist als ich, kann ich mir nicht vorstellen.

Und der Marathon?

Pfeiffer: Der Marathon war natürlich ein Highlight. Ich habe sehr genau verfolgt, was die Jungs machen. Die haben wacker gekämpft, aber ich glaube, ich hätte in dem Rennen auch nicht schlecht ausgesehen. Dass der Amerikaner Jared Ward Sechster und der nur ein Jahr ältere Brite Callum Hawkins Neunter wurde, hat mir Mut gemacht. Die sind mir zwar noch etwas voraus, aber da komme ich auf jeden Fall hin. Wenn die unter die Top 10 rennen, macht mir das Hoffnungen für Tokio.

Warum Hendrik Pfeiffer Leichtathlet statt Profi-Fußballer wurde 

Bei Olympia haben Weiße offenbar ohnehin bessere Chancen, vordere Plätze zu belegen, während bei den großen Marathons die Afrikaner vorweg laufen. Wie kommt das?

Pfeiffer: Ein Grund ist natürlich, dass pro Land nur drei Läufer starten können. Dadurch fallen 99 Prozent der Kenianer und Äthiopier schon mal weg. Ich glaube aber, dass man bei Olympia viel durch Taktik rausholen kann. Die Kenianer haben dort keinen Tempomacher und müssen auf eigene Faust laufen, was sie in der Regeln nicht so gut können. Da hat man gute Chancen, wenn man mit einer vernünftigen Taktik läuft.

Wie bist du überhaupt zur Leichtathletik gekommen?

Auch interessant

Pfeiffer: Ich war Fußballer und technisch ganz gut, hatte konditionell aber Schwierigkeiten. Um besser zu werden, habe ich mich dem LAZ Rhede angeschlossen und habe den einen oder anderen Volkslauf mitgemacht. Dann war aber relativ schnell klar, dass ich beim Laufen bleiben würde.

Warum?

Pfeiffer: Es hat mir mehr Spaß gemacht und die Umgangsformen sind besser als beim Fußball. Fußball war nicht meine Welt. Es hieß ja mal, dass ich zur Leichtathletik gegangen wäre, weil ich zu dick für Schalke gewesen sei. Das stimmt nicht ganz. Ein paar Jungs von meinem Verein hatten die Chance, zu einem Probetraining bei Schalke zu gehen, aber da wurde ich gar nicht erst hingeschickt, vor allem wegen meiner damaligen Statur.

Hast du bereut, nicht Fußballer geworden zu sein, speziell mit dem Blick aufs Geld?

Pfeiffer: Nee. Ich bin zwar sicher, dass ich es mindestens in die zweite Liga geschafft hätte, wo es mir finanziell natürlich deutlich besser gehen würde. Aber ich mache das, was mir Spaß macht. Beim Laufen mache ich vieles aus Idealismus. Ich kicke immer noch gerne, aber Laufen ist als Sport ehrlicher, weil die Zeiten klar messbar und vergleichbar sind – außer, es kommt Doping ins Spiel. Beim Fußball ist man zu sehr auf die Gunst der Mitspieler und des Trainers angewiesen.

Welche Umfänge trainierst du?

Hendrik Pfeiffer (in schwarz) wird nach seiner Achillessehnen-Operation vorsichtig ans Training herangeführt.
Hendrik Pfeiffer (in schwarz) wird nach seiner Achillessehnen-Operation vorsichtig ans Training herangeführt. © Stefan Reinke

Pfeiffer: In der Marathon-Vorbereitung waren es 180, manchmal 200 Kilometer in der Woche...

ächz...

Pfeiffer: … ja, das ist schon viel (lacht). Jetzt gehe ich erst mal wieder zurück auf die Bahn, da werden die Einheiten dann kürzer, aber dafür schneller. Durch die Reha werde ich wohl mehr im Alter-G laufen, um Verletzungen zu vermeiden.

Die Leichtathletik rückt nur alle zwei oder vier Jahre, bei Weltmeisterschaften und Olympia, in den Fokus. Was hast du durch die verpassten Olympischen Spiele für deine Karriere verpasst, um dich ins Schaufenster zu stellen?

Pfeiffer: Sehr viel! Das ist sehr bitter. Ich hätte ein Karriere-Ziel erreicht. Und als Olympia-Teilnehmer läuft in jungen Jahren sicherlich einiges leichter ab, auch in Sachen Sponsoring. Da habe ich bestimmt große Einbußen. Aber ich bin trotzdem stolz, dass ich verzichtet habe, weil ich zu meinen Werten gestanden habe. Ich werde mich niemals verbiegen oder meine Seele verkaufen.

Welche Erleichterung bringt es, Sponsoren oder Ausrüster zu haben? Wie sieht diese Unterstützung aus?

Auch interessant

Pfeiffer: Wir sind sehr auf Unterstützung angewiesen. Nicht nur finanziell, sondern zum Beispiel so wie bei mir mit der Möglichkeit, die Reha zu machen. Das ist natürlich eine Unterstützung, die erst zum Tragen kommt, wenn man verletzt ist. Aber sie ist sehr wichtig. Finanziell muss man irgendwie über die Runden kommen. Man lebt von der Hand in den Mund. Das ist bei Leichtathleten halt so. Es gibt gute Jahre und schlechtere. Ich möchte natürlich nicht meinen Eltern auf der Tasche liegen. Die wichtigsten Stützen sind der TV Wattenscheid und die Sporthilfe. Ich habe auch noch einen kleinen Nebenjob als studentische Hilfskraft für Sport und arbeite noch als Pressesprecher für den Verein. Sicherheit sieht anders aus. Ich wäre bestimmt noch eine ganze Ecke besser, wenn ich keinen Nebenjob haben müsste. Daher sind Sponsoren sehr wichtig.

Viele Sportler sichern sich über die Bundeswehr oder die Polizei ab.

Pfeiffer: Das habe ich auch überlegt, aber die Bundeswehr ist überhaupt nichts für mich. Ich habe mich für den Weg entschieden, es so zu versuchen. Momentan funktioniert es auch ganz gut.

"Ich kann mich mit dem IOC nicht identifizieren" 

Man könnte es verlogen nennen, dass die Öffentlichkeit von Sportlern, die ihr vier Jahre lang egal sind, erwartet, bei Olympia mit Spitzenleistungen zu glänzen...

Pfeiffer: Es ist verlogen. Und sehr schade, dass es so wenig Wertschätzung gibt. Die Leichtathletik ist seit der Antike eine der Kernsportarten. Für mich als Sportler war es ein Schlag ins Gesicht, dass die Hamburger gegen Olympia gestimmt haben. Jetzt wurde wieder vor allem auf den Leichtathleten und den Schwimmern herumgehackt. Aber man muss auch sehen, dass in diesen Sportarten die internationale Konkurrenz am größten ist. Ohne das diskreditieren zu wollen, aber beim Springreiten machen weniger Leute mit als beim 100-Meter-Lauf oder beim Marathon.

Auch interessant

Dazu kommt gerade in den Ausdauersportarten das Doping-Problem. Ich gehe davon aus, dass Deutschland weitgehend sauber ist. Daher finde ich es schon bedenklich, die Leistungen nur durch die Anzahl der Medaillen zu vergleichen und auf den vermeintlich erfolglosen Sportlern rumzuhacken. Eine Top-20-Platzierung beim Marathon hat angesichts der großen Konkurrenz einen hohen Stellenwert. Das müssten die Medien allerdings transparenter machen und erklären.

In der Bevölkerung stößt Olympia nicht wegen des Sports auf Ablehnung, sondern wegen der Kosten, Korruption und Filz. In wie weit können Athleten dafür sorgen, dass der sportliche Aspekt wieder in den Vordergrund rückt?

Pfeiffer: Wir brauchen eine Plattform und müssen selber dafür sorgen, dass wir uns der breiten Masse präsentieren. Wenn alle an einem Strang ziehen und den Menschen zeigen, was wir für unseren Sport investieren, wie hart wir arbeiten und wie viel wir aus purem Idealismus machen, wäre das ein gutes Gegenbild zu dem Bild, das zum Beispiel das IOC abgibt. Natürlich ist das filzig. Aber es ist einfach schade, dass das dann zu unseren Lasten geht. Die Medien müssen zeigen, was es für einen Sportler bedeutet, bei Olympia zu starten.

In den Medien gibt es nur Robert Harting. Gefühlt ist das seit Jahrzehnten der einzige Leichtathlet, der den Mund aufmacht. Müsst ihr alle mutiger werden?

Harting attackiert IOC-Chef Bach: 'Teil des Doping-Systems'

weitere Videos

    Pfeiffer: Meine Meinung unterscheidet sich nicht großartig von der Robert Hartings. Aber er wird halt angerufen und gefragt. Ich finde super, was Robert Harting macht, auch dass er Thomas Bach kritisiert hat. Aber man hat ja gesehen – sofort hat er einen auf den Deckel bekommen. Ich kann mich auch nicht mit dem IOC identifizieren.

    Beim Schwimmen und in der Leichtathletik liegen Aufwand und Ertrag in krassem Missverhältnis, wenn man sich Trainingsumfänge und -zeiten ansieht. Müsstet dann nicht gerade ihr so laut sein, bis die Medien nicht mehr weghören können?

    Pfeiffer: Die Strukturen sind gewachsen. Auf den ersten drei Seiten der Zeitung steht Fußball. Ich kann nur appellieren, den anderen Sportarten Raum zu geben und auch mit erbrachten Leistungen angemessener umzugehen. Paul Biedermann ist bei Olympia Sechster geworden und wird dargestellt, als hätte er völlig versagt. Das hat mich sehr geärgert. Oder eben dass Anja Scherls Leistung im Marathon überhaupt nicht gewürdigt wurde, vor allem bei ihrem Hintergrund (sie ist Hobby-Läuferin und arbeitet Vollzeit, Anm. d. Red.). Ich persönlich kann nicht viel mehr tun, als meine Meinung auf Facebook zu posten oder sie bei Gelegenheit zu vertreten und zu hoffen, dass viele es lesen.

    Wie kann sich die Leichtathletik interessanter für den Nachwuchs machen? Meinen Kindern ist es irgendwann zu langweilig geworden, Dinge zu tun, die auf den ersten Blick wenig mit Leichtathletik zu tun haben. Die sehen die Großen auf der Bahn laufen, selber machen sie aber noch Kinderleichtathletik.

    Auch interessant

    Pfeiffer: Viele verlieren vielleicht auch die Lust, weil die Idole, die produziert werden, eben nicht aus der Leichtathletik kommen. Wenn Robert Harting so bekannt wäre wie Marco Reus, hätten bestimmt mehr Leute Bock auf Diskus. Andererseits plädiere ich auch dafür, möglichst früh den Leistungsgedanken einzubringen. Unsere Konkurrenten aus Kenia fangen mit acht Jahren an, sich miteinander zu messen und nicht nur zu spielen. Natürlich ist es ein guter Ansatz, den Kindern erst einmal Spaß zu vermitteln. Aber wenn das Training leistungsorientierter wäre, ohne die Kinder zu drängen, käme auch mehr Erfolg. Wenn Kinder zum Beispiel fangen spielen, rennen sie ja auch um die Wette und messen sich miteinander.

    Geht ihr als Verein in die Schulen und werbt dort?

    Pfeiffer: Wir arbeiten mit Schulen zusammen und bieten Schnupperkurse und Probetrainings an. Da wird schon viel versucht.

    Im Erwachsenenbereich erlebt der Laufsport einen Boom. Kannst du als Profi Hobby-Läufer, die plötzlich von Wettkämpfen reden, überhaupt ernst nehmen?

    Pfeiffer: Laufen ist Volkssport. Ich finde es toll, wie diese Community wächst. Das Laufen hat den großen Vorteil, dass alle – egal, auf welcher Leistungsebene – das gleiche Problem haben, sobald sie sich an Zeiten orientieren. Es ist egal, ob ich über zehn Kilometer von 50 Minuten auf 49 will oder von 29 auf 28 Minuten. Die Freude über eine erreichte Zeit ist gleich. Das macht den Reiz von großen Volksläufen aus. Da steht die Elite zusammen mit Hobby-Läufern am Start und alle haben ein ähnliches Ziel. Diese Mischung gibt es nur beim Laufen. Diese Verzahnung von Spitzensport und Breitensport ist cool.

    42 Tipps für Lauf-Anfänger

    1. Gehen Sie zum Arzt.

    Wenn Sie sich unsicher fühlen, ob ihr Herz oder ihre Knochen und Gelenke der neuen sportlichen Betätigung gewachsen sind, lassen Sie sich von einem Arzt durchchecken. Wenn es wirklich nur ein moderates Training aus Walking- und Lauf-Intervallen sein soll, wird die Antwort des Mediziners in 99 Prozent der Fälle "JA!" lauten. Aber sicher ist sicher, oder?

    2. Nicht lange zaudern – loslaufen.

    Warum warten? Wenn es Ihr Kalender zulässt, laufen Sie los, am besten gleich nachdem Sie diese Tipps zu Ende gelesen haben.

    3. Definieren Sie Ziele.

    Läufer haben immer ein Ziel. Vielleicht sogar mehrere Ziele. Wollen Sie abnehmen? Fitter werden? Schneller und schlanker werden? An einem Marathon teilnehmen? Ziele motivieren und helfen, das Training zu strukturieren. Achten Sie darauf, dass die Ziele realistisch sind. Gerade als blutiger Anfänger sollten Sie nicht jetzt schon mit der Teilnahme an einem Laufwettbewerb liebäugeln. Ein klassisches Anfänger-Ziel ist es, 30 Minuten am Stück laufen zu können.

    4. Bleiben Sie locker (Teil 1).

    So schön Ziele sind, unter Druck sollten Sie sich aber nicht setzen. Sie trainieren schließlich nicht für Olympia.

    5. Laufen, nicht rennen.

    Mit dem Laufsport anzufangen ist so etwas wie die Entdeckung der Langsamkeit. Sie wollen kein Sprintstar werden, sondern Ihre Ausdauer schulen. Das geht nur mit wohldosierten, langsamen Läufen. Wenn sie bislang körperlich inaktiv waren, starten Sie noch langsamer, mit Walking oder Intervallen aus langen Walking- und kurzen Lauf-Abschnitten. Als Faustregel gilt: Wenn Sie sich beim Laufen unterhalten (oder als stiller Zeitgenosse: locker durch die Nase atmen) können, bewegen Sie sich im grünen Bereich.

    6. Schämen Sie sich nicht.

    Laufen ist demokratisch. Das bedeutet, dass Sie auf Ihrer Runde im Park Läufer sehen, die eine, zwei oder zweihundert Klassen schneller und besser laufen als Sie. Haben Sie aber keine Angst, sich zu blamieren. Jeder Läufer hat einmal angefangen und hinter jedem leichtfüßigen Tempomacher stecken Jahre harten Trainings. Die allermeisten Läufer wissen das und begegnen Anfängern mit Respekt und Anerkennung. Läufer lachen sich nicht gegenseitig aus, sondern lächeln sich an.

    7. Suchen Sie sich Gesellschaft.

    Laufen ist ein Individualsport. Sie brauchen keine Mannschaft und keine Gegner. Dennoch: Mitläufer motivieren und disziplinieren. Mit einem Laufpartner fallen viele Trainingeinheiten leichter, und wenn Sie beim Laufen plaudern, können Sie sicher sein, dass Sie nicht zu schnell werden.

    8. Teilen Sie sich anderen mit.

    Ja, Läufer sind ein geschwätziges Völkchen. Das hat Gründe. Erstens sind wir so wahnsinnig stolz auf unsere Leistung und wollen diesen Stolz mit anderen Menschen teilen – gerne auch unaufgefordert. Zweitens erhöht es den sozialen Druck, weiterhin zu laufen. Verkünden Sie im Familien- und Freundeskreis, dass Sie genau heute in einem Jahr an einem Lauf über fünf Kilometer teilnehmen werden. Es wäre ja schon peinlich, zugeben zu müssen, dass man die Laufschuhe schon wieder an den Nagel gehängt hat, wenn man wenige Monate zuvor stolz von der letzten Runde im Park geschwärmt hat. Wenn Sie im Bekanntenkreis Läufer haben, werden Sie bald merken, wie inspirierend es sein kann, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen.

    9. Führen Sie Buch.

    Nein, Sie müssen kein akribisches Trainingstagebuch führen, in dem Sie alle Läufe nebst der gelaufenen Entfernungen und Zeiten festhalten. Es schadet aber auch nicht. Eine große Hilfe sind Apps, die beim Laufen per GPS all die Daten erfassen, die in ein gut geführtes Tagebuch gehören. Es motiviert, zu sehen, woher man kommt und welche Fortschritte man gemacht hat.

    10. Keine Angst vor Technik.

    Gerade Männer lassen sich mit einem simplen Trick an die frische Luft locken: Man muss ihren Spieltrieb wecken. Es gibt so tolle GPS-Uhren, Smartphone-Apps, Sensoren und allerlei technischen Schnickschnack, der Sie zwar kein Deut schneller macht, aber Spaß bereitet, wenn ein gewisses Interesse an solchen Spielchen vorhanden ist.

    11. Nicht zu früh einkaufen.

    Bevor Sie sich einen großen Fuhrpark mit zwei Paar Laufschuhen, GPS-Uhr, Pulsmesser, Trinkgurt und allem, was der Laufshop hergibt, zulegen, absolvieren Sie zunächst einmal ein paar Läufe pur. Für eine erste kurze Runde um den Häuserblock reichen auch die Sportschuhe, die schon seit Neujahr 2010 im Schrank liegen. Aber wirklich nur zum Testen, denn:

    12. Sparen Sie nicht am falschen Ende.

    Wenn Sie gemerkt haben, dass Laufen Ihr Ding ist, dann kaufen Sie sich Laufschuhe. Aber nicht beim Online-Versand, sondern im Fachgeschäft. In den allermeisten Fachgeschäften werden Sie von Läufern bedient, die wissen, was an Ihren Fuß gehört. Schlechte Nachricht: Die Farbe ist eher kein Kriterium, wenn es darum geht, den richtigen Schuh zu finden.

    13. Halten Sie Maß.

    Einmal die Woche laufen ist gut, zweimal ist besser. Öfter ist am Anfang unnötig. Überfordern Sie sich nicht, unterfordern Sie sich aber auch nicht. Zwei Läufe in der Woche, am besten mit unterschiedlicher Intensität, bringen Sie schnell nach vorne. Laufen Sie sonntags lang und langsam, mittwochs kurz und knackig.

    14. Lernen Sie Regen lieben.

    An der See sagt man, es gibt kein Wetter, sondern nur falsch angezogene Leute. Bei Läufern ist das ähnlich. Hier gilt: Es gibt kein Wetter, nur Bedingungen. Ja, es fällt schwer, sich zum Training aufzuraffen, wenn es draußen gießt. Aber wissen Sie was? Den Regen spüren Sie vielleicht zwei Kilometer lang. Sie schwitzen beim Laufen ohnehin, werden also eh nass. Und ziehen Sie sich nicht zu dick an, weil es regnet. Nichts ist fieser als klatschnasse Klamotten, die am Körper kleben, wenn der Regen längst vorbei ist. Am schnellsten trocknet nackte Haut. Haben Sie keine Angst davor, auszukühlen. So lange Sie sich bewegen, sind Sie auf der sicheren Seite. Laufen Sie weiter und freuen Sie sich auf die heiße Dusche.

    15. Bringen Sie Abwechslung ins Training.

    Mit unterschiedlichen Trainingsinhalten fordern Sie Körper und Geist. Schon mit zwei Laufeinheiten können Sie geistig und körperlich so fordern, dass das Training nicht langweilig und der Körper fitter wird. Suchen Sie gezielt nach Strecken mit unterschiedlicher Bodenbeschaffenheit und variieren Sie das Tempo.

    16. Lernen Sie Ihren Körper neu kennen.

    Nach dem ersten Training wird Ihr Körper mit Ihnen sprechen. Nein, schon während des ersten Trainings wird Ihr Körper Hassbotschaften senden. Die Muttersprache Ihres Körpers: Schmerz. Achten Sie genau auf die Signale und lernen Sie Anstrengung von echten Schmerzen zu unterscheiden. Das ist entscheidend für Ihr Training und für Ihre Gesundheit.

    17. Werden Sie Sportler.

    Haben Sie da oben das Wort "Training" gelesen? Richtig! Laufen ist Sport und Sportler trainieren. Sehen Sie sich als Sportler, nehmen Sie Ihren Sport und sich ernst.

    18. Bleiben Sie locker (Teil 2).

    Ja, Sie dürfen sich als Sportler fühlen. Das klingt wichtig und lädt das Laufen positiv auf. Aber überfrachten Sie das Laufen nicht, um nicht erdrückt zu werden. Am Ende geht es um Fitness, nicht um die Olympianorm.

    19. Schärfen Sie Ihr Bewusstsein.

    Das klingt esoterisch, meint aber lediglich, dass Sie den Schwung, den die Lauferei in Ihr Leben bringt, nutzen können, um beispielsweise bewusster zu essen. Mit zunehmender Dauer werden Sie durch den Sport ein neues Körpergefühl bekommen. Lassen Sie sich darauf ein und geben Sie Ihrem Körper das, was er braucht. Kleiner Extra-Tipp: Das sind nicht immer Pommes.

    20. Verpflichten Sie sich.

    Erstellen Sie einen Trainingsplan. Der kann ganz minimalistisch sein und lediglich zwei wöchentliche Einträge im Kalender umfassen. Aber wenn das Training im Kalender steht, steht es im Kalender. Ihre Antwort auf die Frage, ob Sie am Mittwochabend Zeit haben, lautet dann schlicht und ergreifend: "Nein, da habe ich Training."

    21,0975. Mut zur Lücke.

    Natürlich ist regelmäßiges Training wichtig. Aber Sie sind ja kein Profi. Im Vierkampf zwischen Job, Familie, Freizeitstress und Training muss der Sport ab und zu eben auch den Kürzeren ziehen.

    22. Laden Sie das Laufen positiv auf.

    Mal ehrlich: Wann haben Sie so richtig Zeit für sich selbst? Wann haben Sie Zeit, um zu sich zu finden und ungestört den Gedanken freien Lauf zu lassen? Fast nie. Außer beim Laufen. Ein langer Aufenthalt an der frischen Luft ist nicht nur für den Körper eine Frischzellenkur, sondern auch für den Geist. Erklären Sie den langen Sonntagslauf zu ihrem wöchentlichen persönlichen Wellness-Trip. Und wenn der Tag auf der Arbeit zu stressig war, schlüpfen Sie in Ihre Laufschuhe und traben Sie los.

    23. Überprüfen Sie Ihre Ziele.

    Sie laufen jetzt schon seit sechs Monaten, schaffen aber immer noch keinen Marathon und haben auch nicht zehn Kilo abgespeckt? Wenn Sie dennoch nicht enttäuscht sind, haben Sie alles richtig gemacht. Halten Sie nach ein paar Monaten inne, lauschen in sich hinein und justieren Sie Ihre Ziele notfalls neu. Vielleicht war der Job zu stressig, und Sie konnten wirklich nur einmal in der Woche laufen. Vielleicht war es auch unglücklich, genau in dem Halbjahr mit dem Sport anzufangen, in dem sich die Geburtstage häufen und eine Kuchenschlacht auf die andere folgt. Mit Geduld und Fleiß wird alles gut.

    24. Kalkulieren Sie Rückschläge ein.

    Weder der Leistungszuwachs beim Laufen noch die Gewichtsreduktion durch das Laufen erfolgen linear. In den ersten Wochen wird Ihre Leistung schier explodieren und die Waage wird Minusrekorde anzeigen. Aber, Vorsicht! Durch das Training bauen Sie Muskeln auf – und die wiegen mehr als Fett. Es kann also gut sei, dass sie nach einer Weile sogar wieder mehr auf die Waage bringen, obwohl Sie Fett abgebaut haben.

    25. Achten Sie auf die Kleidung.

    Nein, nicht die Farbe ist entscheidend, sondern die Funktionalität. Ein atmungsaktives Stöffchen ist gerade bei Hitze Gold wert. Und auch bei Kälte helfen moderne Funktionsfasern dabei, dass der Körper beim Laufen nicht überhitzt. Denken Sie daran, dass Sie beim Loslaufen ruhig noch ein bisschen frösteln können. Unterwegs wird Ihnen schon noch warm.

    26. Büffeln Sie Theorie.

    Natürlich können Sie laufen. Schuhe an und raus – was kann daran schwierig sein? Doch wie bei jedem Hobby gibt es auch bei der Lauferei Kniffe, mit denen es leichter, schneller oder gesünder geht. Es gibt unzählige Laufbücher. Der Klassiker für Einsteiger sind die Bücher von Herbert Steffny, allen voran "Das große Laufbuch", das Läufer vom ersten Zubinden der Schnürsenkel bis zur Marathon-Ziellinie begleitet. Andere Autoren widmen sich dem Thema humorig (Achim Achilles) oder anekdotisch-autobiographisch (Sven Lorig "Lässig Laufen"). Eines haben die Autoren gemeinsam: Sie vermitteln den Spaß am Sport.

    27. Trinken Sie genug.

    Sport ist eine schweißtreibende Sache. Speziell in der warmen Jahreszeit verliert der Körper beim Laufen viel Flüssigkeit. Denken Sie also daran, bei langen Läufen etwas Wasser mitzunehmen. Noch besser: Trinken Sie schon lange vor dem Start. In der Regel reicht Mineralwasser, wenn Sie nicht gerade 30 Kilometer bei 30 Grad abreißen wollen.

    28. Verschieben Sie langsam Ihre Grenze.

    Als Anfänger sind Sie vermutlich meist auf einer vertrauten Standardstrecke unterwegs und laufen zum Beispiel glatte fünf Kilometer oder glatte 45 Minuten... wie auch immer. Viele Anfänger laufen jedenfalls wie nach Stechuhr und machen Feierabend, sobald sie das Tagesziel erreicht haben. Dabei können Sie mit Ihren Grenzen spielen, zum Beispiel so: Sie fühlen sich gut und haben die fünf Kilometer schon in 43 Minuten geschafft. Machen Sie doch einfach die 45 Minuten voll und schon haben Sie Ihre Grenze ein Stückchen verschoben. Umgekehrt geht es genau so. Sie laufen auf Zeit und haben nach 45 Minuten eine krumme Zahl wie 5,3 Kilometer auf dem Tacho – machen sie doch einfach die sechs Kilometer voll. Das Prinzip "Wer x km schafft, schafft auch y km" funktioniert gerade am Anfang einer Laufkarriere hervorragend.

    29. Dehnen, aber richtig.

    Jetzt wird's fies. Dehnen gehört zu den langweiligsten Seiten des Sports. Aber es hilft, wenn Sie es richtig machen. Daher gibt es eine gute Nachricht: Weniger ist mehr. Dehnen Sie Ihre Beinmuskeln langsam und schonend und vor allem erst nach dem Laufen, wenn die Muskulatur warm und geschmeidig ist. Ihre Waden, Oberschenkelvor- und rückseiten sowie die Adduktoren werden es Ihnen danken. Allerdings hat sich die Lehrmeinung zum Thema Dehnen in den vergangenen Jahren gefühlt zehn Mal geändert. Fest steht: Dehnen Sie nicht in den Schmerz hinein.

    30. Machen Sie sich warm.

    Fast so fies wie Dehnübungen, aber immerhin mit sportlichem Touch, ist das Warmlaufen vor dem Laufen. Wenn Sie ohnehin einen langen, langsamen Lauf geplant haben, können Sie die ersten zwei Kilometer zum Warmwerden nutzen. Soll es aber kurz und knackig werden, freuen sich Ihre Muskeln, Bänder und Gelenke, wenn Sie ihnen zwei Kilometer gönnen, um in Fahrt zu kommen.

    31. Machen Sie Stabis.

    Stabilisationsübungen wie Situps oder Liegestütze setzen jedem Training die Krone auf. Sie sind langweilig und zu allem Überfluss auch noch anstrengend. Und mit Laufen haben sie überhaupt nichts zu tun. Und dennoch: Wir Läufer neigen dazu, uns liebevoll um unsere Beine zu kümmern, den Rest des Körpers aber sträflich zu vernachlässigen. Dabei hängen die Beine doch am Oberkörper, da liegt es doch nahe, den gleich mitzutrainieren. Das gilt insbesondere für die Körpermitte, also Lendenwirbelsäule und Bauchmuskeln. Wer viel am Schreibtisch sitzt, kennt den Lendenwirbelbereich als diese schwächliche Stelle oberhalb des Gesäß'. Da sind keine Muskeln, keine Knochen – es klafft ein leeres, schwaches Loch. Dieses Loch gilt es zu füllen. Auch hier gibt es eine gute Nachricht: Stabis sind zwar heftig, dauern aber nicht lange. Regelmäßig 15 Minuten nach dem Laufen zeigen schon Wirkung.

    32. Schaffen Sie Ausgleich.

    Es ist verrückt: Das Laufen sorgt für ein ausgeglichenes Seelenleben, dafür belastet es Ihren Körper recht einseitig. Die Folge können verkürzte Muskeln in den Oberschenkeln sein. Wenn Sie Ihren Laufstil und Ihr allgemeines Wohlbefinden verbessern wollen, schauen Sie sich nach einer Zweit-Sportart um, die möglichst wenig mit Laufen zu tun hat. Mein Tipp: Yoga oder Pilates. Ihr Körper wird es Ihnen danken.

    33. Laufen Sie auch mal morgens.

    Selbst wenn Sie zu den Menschen gehören, die fünf Mal auf die Schlummertaste des Weckers drücken, bevor sie sich aus dem Bett wälzen, sollten Sie sich mal einen Ruck geben und vor der Arbeit laufen. Ja, sogar vor dem Frühstück. Wenn man sich erst einmal überwunden hat, bringen ein Tässchen Espresso und eine Scheibe Zwieback genug Energie, um den einen oder anderen Kilometer abzureißen, bevor der Tag so richtig beginnt. Als Belohnung winken a) ein gutes Gewissen, heute schon den inneren Schweinehund besiegt zu haben und b) ein Körpergefühl wie nach einer Sauerstoffdusche. Aufpassen müssen Sie aber auf c), den Hunger, mit dem sich der Körper gerne für Morgenläufe rächt. Aber essen Sie ruhig – schließlich sind Sie Läufer.

    34. Laufen Sie auf der Tartanbahn.

    Einmal fühlen wie ein Profi, das wäre was. Für Läufer bedeutet das, ein paar Runden auf der Tartanbahn zu drehen. In vielen Städten gibt es öffentliche Sportanlagen mit einer vernünftigen Laufbahn. Schon nach wenigen Metern werden Sie spüren, warum die Profis auf genau diesem Belag rennen und nicht auf Asphalt. Außerdem ist eine Laufbahn genau 400 Meter lang (auf Bahn 1) und somit prima geeignet, wenn Sie sich mal einem privaten Leistungstest unterziehen möchten. Denken Sie aber daran, dass 10.000 Meter gleich 25 Runden sind. Das kann langweilig werden. Richtig ärgerlich wird es aber, wenn Sie sich in Runde Zwölf nicht mehr sicher sind, ob das jetzt wirklich die zwölfte oder doch schon die dreizehnte Runde ist. Abhilfe schaffen zum Beispiel Gummibänder ums Handgelenk, von denen sie nach jeder Runde eines wegwerfen.

    35. Gönnen Sie sich Pausen.

    Wenn es ums Training geht, ist immer nur von den aktiven Einheiten die Rede, nie aber von der wichtigen Zeit dazwischen. Klar, auf Partys kann man schlecht damit angeben, dass man seit zwei Tagen wie wahnsinnig regeneriert und gerade mitten in der Superkompensation steckt. "Ich bin heute Morgen schon zehn Kilometer gelaufen" kommt irgendwie besser. Dennoch: Kein Training ohne Regeneration. Das Training stellt lediglich einen Reiz (Sportlersprech für "Belastung" bzw. "Beschädigung") für den Körper dar. In der Pause zwischen den Einheiten zieht der Körper seine Konsequenzen aus der Belastung und passt sich an. Er investiert in den Ausbau seiner Infrastruktur. Mit jedem Lauf machen Sie etwas kaputt und erschöpfen Ihre Energiereserven. Während Sie pausieren, repariert der Körper die von Ihnen angerichteten Schäden und verstärkt Bänder, Muskeln und Energiespeicher. Wenn Sie während dieser Phase trainieren, trainieren Sie sich kaputt. Lassen Sie in der Anfangszeit also mindestens zwei, eher drei Tage Pause zwischen den Einheiten.

    36. Seien Sie geduldig.

    Gerade am Anfang explodiert die Leistungsfähigkeit. Die Fortschritte sind riesig, es fühlt sich an, als habe der Körper nur darauf gewartet, dass Sie ihn endlich sachgerecht einsetzen. Überfordern Sie sich jetzt aber nicht. Das Herz-Kreislauf-System, das Lungenvolumen und ihr Stoffwechsel passen sich in der Tat sehr schnell den neuen Gegebenheiten an. Doch Knochen und Bänder brauchen länger und hinken der Entwicklung ihres restlichen Systems um viele Monate hinterher. Steigern Sie also nicht zu schnell ihr Tempo und die gelaufenen Kilometer. Bei jedem Schritt wirken enorme Kräfte auf Ihre Muskeln, Knochen und Gelenke ein. Ermüdungsbrüche oder Bänderrisse drohen, wenn Sie die Belastungsschraube überdrehen.

    37. Finger weg von Pillen und Pulvern.

    Läufer sind ein konsumfreudiges Völkchen. Das wissen auch die Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln. Diese Wunder in Pillenform sollen uns schneller, schlanker und schöner machen. Aminosäuren, Enzyme, Pflanzenextrakte à la Ackerschachtelhalm – in der Apotheke bekommen Sie alles, was das Herz begehrt. Aber ganz ehrlich: Wenn Sie Ihren Körper nicht mit einem Hardcore-Marathontraining auslaugen, benötigen Sie überhaupt nichts davon. Eine ausgewogene Ernährung reicht vollkommen aus. Wenn Sie unbedingt Geld ausgeben wollen, dann für gute Schuhe aus dem Fachhandel.

    38. Mut zum Wettkampf.

    Irgendwann wird bei vielen Läufern der Spieltrieb geweckt. Alleine im Wald zu laufen, wird auf Dauer zu öde, der Mensch will sich mit anderen messen. Nein, Sie wollen nicht mit neun Monaten Lauferfahrung am Berlin-Marathon teilnehmen. Aber bei Ihnen in der Nähe gibt es doch bestimmt einen schönen Volkslauf über fünf Kilometer. Melden Sie sich an, laufen Sie mit und erfahren Sie, wie es ist, im Pulk eines Läuferfeldes zu laufen. Doch, Vorsicht: Suchtgefahr!

    39. Holen Sie sich Tipps von Profis.

    Auch absolute Laufanfänger sollten keine Angst davor haben, sich einen Trainer zu leisten. Das hört sich total überkandidelt und profihaft an, ist es aber nicht. Es gibt in allen größeren Städten Leichtathletikvereine, Lauftreffs oder Laufschulen, in denen Experten gerne ihr Wissen weitergeben. Speziell in den Laufschulen erlernen Anfänger das Lauf-ABC.

    40. Kaufen Sie ein zweites Paar Schuhe.

    Nein, dieser Text wird nicht vom Bundesverband deutscher Laufschuhverkäufer gesponsert. Dennoch sei Ihnen ans Herz gelegt, mit mehr als einem Paar Schuhe zu laufen. Sie können sich zum Beispiel ein bequemes Paar für lange und langsame und eines für kurze und knackige Läufe zulegen. Wichtig ist, dass die Schuhe möglichst unterschiedlich sind, um bei steigenden Trainingsumfängen einseitige Belastungen zu verhindern. Manche Experten raten, so viele Paar Schuhe zu laufen, wie Sie Trainingseinheiten in der Woche absolvieren. Ich plädiere für einen Mittelweg: Für den Anfang reichen zwei Paar.

    41. Probieren Sie's mal barfuß.

    Füße, die ständig in gedämpfte und stabilisierte Schuhe gesteckt werden, stumpfen ab und werden sozusagen dumm. Sie müssen nicht arbeiten. Befreien Sie daher von Zeit zu Zeit Ihre Füße und laufen Sie barfuß. Natürlich nicht auf Gedeih und Verderb. Aber wenn Sie einen Rasenplatz, eine (häufchenfreie) Wiese oder gar einen Strand in der Nähe haben, scheuen Sie sich nicht davor, einfach mal die Schuhe auszuziehen und zwei Kilometer ganz locker und langsam barfuß zu traben. Eine Alternative dazu sind Minimalschuhe, die den Fuß schützen, aber nicht stützen. Dadurch müssen die vielen, vielen Fußmuskeln ständig auf Unebenheiten, Stöckchen und Steinchen reagieren und die Lage des Fußes leicht justieren. Das stärkt die Muskulatur und erhöht die Konzentration.

    42,195. Seien Sie stolz.

    Wie oft haben Sie im Alltag einen Grund, so richtig stolz auf Ihre Leistung zu sein? Vermutlich selten. Mit dem Laufen schenken Sie sich Erfolgserlebnisse auf Bestellung. Feiern Sie sich dafür, dass Sie es geschafft haben, bei strömendem Regen laufen zu gehen. Zelebrieren Sie die neue Bestzeit auf Ihrer Hausstrecke. Seien Sie sich bewusst, dass Sie mit jedem Schritt, den Sie Ihrer neuen Leidenschaft widmen, etwas leisten, um das andere Sie heimlich beneiden. Sie sind keine Couch-Kartoffel mehr, Sie sind Läufer. Feiern Sie das mit einem großen Stück Kuchen - Sie haben es verdient und können es sich leisten.

    1/42