Dortmund. Baltrum ist Erholung pur. Unser Laufblogger wollte auf der Insel in die Marathon-Vorbereitung starten. Doch dann kam ein unerwarteter Luftangriff.
Es hätte so schön werden können! Der Urlaub auf meiner Lieblingsinsel Baltrum sollte einerseits Erholung bringen und andererseits der Startpunkt für meine Marathon-Vorbereitung sein. Das mit der Erholung hat geklappt - kein Wunder, ist die kleine Insel doch purer Balsam für gestresste Großstadt-Seelen. Aber das mit der Marathon-Vorbereitung wollte nicht so richtig klappen.
Schon am ersten Tag zog ich mir beim Kajakfahren auf der Nordsee eine Blockade des ISG (ein Gelenk im Beckenbereich) zu. Ja, das Alter setzt einem dann doch irgendwann zu. Zwei Sitzungen beim Inselarzt halfen, sodass ich zum ersten Baltrum-Lauf wieder fit und einsatzbereit war. Dieser Lauf findet in der Saison an jedem Dienstagnachmittag statt und führt auf 5,35 Kilometern über sehr abwechslungsreiches Geläuf. Das Teilnehmerfeld ist durchaus stark, die Siegerzeit liegt in der Regel um die 21 bis 22 Minuten.
Gemütlicher Lauf mit dem Bürgermeister
Mit einer Zeit von 29:29 Minuten blieb ich weit hinter meinen Erwartungen zurück, aber da ich ja gerade erst von meiner ISG-Blockade befreit worden war, war ich nicht enttäuscht. Vielmehr war der Lauf ein Ansporn, jetzt richtig durchzustarten. Außerdem war ich für den Abend noch mit dem Bürgermeister der Insel zu einem gemütlichen Lauf verabredet. Gemeinsam trabten wir durch die Dünen und erörterten Baltrums große Finanzsorgen, die die Insel zum Griechenland Deutschlands machen. Ich muss zugeben: Ich beneide den Bürgermeister nicht um seine Aufgabe, die Finanzen der Insel auf Vordermann zu bringen. Komisch nur, dass er meinen Vorschlag, auf Baltrum einen Marathon zu installieren, nicht sofort begeistert mit in die nächste Ratssitzung genommen hat...
An den kommenden Tagen machte ich morgendliche Strandläufe - ein wahrer Genuss. Als ein großer Wetterumschwung angekündigt war, machte ich mich zu meinem ersten langen Lauf auf. Ich joggte am Strand Richtung Ostende. Es wurde immer einsamer. Ich lief an einem Priel entlang an einer Möwenkolonie vorbei. Das gefiel einem der Vögel offenbar nicht. Das Tier ging zum Angriff auf mich über und flog einige Manöver, die ich als Drohgebärden interpretierte. Also setzte ich zum Spurt an und rannte weg. Dabei drehte ich mich einmal kurz um, um zu prüfen, ob die Möwe es noch auf mich abgesehen hatte - und schon war es geschehen: Plötzlich drehte sich die Welt um mich, Himmel, Strand, Wasser, Priel - nichts war mehr da, wo es hingehört. Ein Schlag auf den mit kleinen Wellen gerippten Sandboden, ein Puzelbaum, ich lag am Boden. Mit einem blutigen und pochenden Knie.
Mit dickem Knie über die Insel gehumpelt
Regen setzte ein, ich nahm meinen Lauf wieder auf, weil ich immer noch an die Möwe dachte, die sich vermutlich vor Lachen im Sand wälzte. Ich watete an einer seichten Stelle durch das Priel und lief leicht humpelnd in die Dünen. Als der Schmerz etwas nachließ, setzte ich meinen Lauf in einem ungelenken Trab fort. In der Wohnung behandelte ich das Knie mit Eis. An Lauferei war erst einmal nicht zu denken.
Beruhigend war, dass ich auf weichem Boden schmerzfrei gehen und langsam traben konnte. Am Strand und in den Dünen hatte ich also keine Probleme. Die Schmerzen schwanden, die Schwellung ging zurück. Beim nächsten Baltrum-Lauf verbesserte ich mich um mehr als zwei Minuten. An einem stürmischen Tag lief ich gleich zweimal um die Insel, unter anderem bei starkem Gegenwind am Strand. Die Blicke derer, die mir mit Rückenwind spazierend entgegen kamen, waren dabei schon Motivation genug - eine Mischung aus Anerkennung und Zweifel an meiner Zurechnungsfähigkeit.
Wieder zu Hause setzte dann ein schlichter Spaziergang auf hartem Asphalt meinem Knie wieder zu. Die Haxe wurde tatsächlich wieder dick. Aber jetzt ist es wieder gut. Behutsam werde ich nun die Trainingsdosis steigern. Berlin, ich komme!