Berlin. Handball-Bundestrainer Christian Prokop hat seinen WM-Kader nominiert. Es ist die zweite Chance für den 39-Jährigen nach der verkorksten EM.
Kinder, die an Heiligabend geboren wurden, kennen das Problem. Die Geburtstagsgeschenke fallen meist etwas kleiner aus, abends gibt’s ja schließlich noch die große Bescherung. Für Christian Prokop jährt sich dieses Dilemma am Montag zum 40. Mal. Angesprochen darauf, ob der Handball-Bundestrainer stattdessen vielleicht ein nachträgliches Präsent im Januar annehmen würde, verhärtet sich seine bis dahin entspannte Miene. „Lassen Sie uns ins Turnier starten, lassen Sie uns demütig und konzentriert bleiben“, sagt Prokop.
Als der Bundestrainer am Freitag in Berlin seinen Kader für die WM in Deutschland und Dänemark (10. bis 27. Januar) auf 18 Spieler reduzierte, wollte er nicht über erhöhte Erwartungen sprechen. Oder gar einen möglichen Titelgewinn. Der 39-Jährige hat aus seinen Fehlern gelernt. Nach der verkorksten EM in Kroatien im Januar mit Platz neun soll bei seinem zweiten großen Turnier als Cheftrainer alles besser werden.
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„Das ist eine Erfahrung, die ich vielleicht auch machen musste, um entscheidende Dinge anders anzupacken und in die richtige Richtung zu bringen“, sagt er. „Ich habe viele Spieler überfordert, den einen oder anderen damit auch vor den Kopf gestoßen.“
Kein Gedanke an Rücktritt
Das Vertrauen war weg – zumindest auf Seiten einiger Spieler. Der Verband um DHB-Präsident Andreas Michelmann und Vizepräsident Bob Hanning hielt zu seinem Coach. Deshalb verlor Prokop auch „niemals“ einen Gedanken an Rücktritt. „Ich habe gespürt, dass es am seidenen Faden hing, umso mehr freue ich mich über diese zweite Chance.“
Für diese zweite Chance hat er das ganze Jahr lang hart gearbeitet, Gespräche mit Spielern und Vereinen geführt. „Das Vertrauen hat sich definitiv gestärkt, aber es ist auch kein Geheimnis, dass es aufgebaut werden musste“, sagt er. Doch die 18 Spieler, denen Prokop nun seinerseits das Vertrauen schenkt, stehen hinter ihrem Trainer. Die Verfehlungen der Vergangenheit sollen Erfolgen der Zukunft weichen.
19 Tage vor dem Turnierstart, bevor die DHB-Auswahl gegen ein vereintes Team aus Korea in der Berliner Mercedes-Benz-Arena das Eröffnungsspiel bestreitet, ist diese Aufbruchstimmung spürbar. „Dass das WM-Gefühl aufkommt, merkt man zum Glück auch an den verkauften Karten. 93 Prozent alleine in Berlin ist natürlich eine tolle Geschichte“, sagt DHB-Präsident Michelmann. In Zahlen sind das bereits 170.000 Tickets.
Berliner Drux wieder fit
Prokop hat auch Rückraumspieler Paul Drux von den Füchsen Berlin, der mehr als zwei Monate wegen einer Verletzung pausieren musste, nominiert. „Ich freue mich total, dass ich zu den 18 gehöre und hoffe natürlich, dass ich am Ende auch zu den 16 im Eröffnungsspiel gehöre“, sagt Drux.
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Gestrichen wurde etwas überraschend Europameister Kai Häfner von der TSV Hannover-Burgdorf. Den Vorzug erhielt der Leipziger Franz Semper. „Wer Kai und seine Vergangenheit kennt, der weiß, dass er keinem etwas Schlimmes wünscht, er aber immer bereitsteht, wenn etwas passiert“, sagt Prokop. Im Tor hatte sich der Bundestrainer, der am 10. Januar noch zwei weitere Spieler aus dem Aufgebot streichen muss, schon vor einigen Tagen für Andreas Wolff als Nummer eins entscheiden. Aber auch Silvio Heinevetter wird seine Einsatzzeiten bekommen.
Denn es ist die richtige Mischung, die Prokop gefunden haben will, einen Mix aus Spielern, die mit breiter Brust vorangehen und solchen, die im richtigen Moment ihre Stärke ausspielen. „Wir haben nicht diesen einen Spieler, der eine Partie allein entscheiden wird. Der Einzelne darf gern seine Geschichte schreiben, aber mit der Mannschaft, und das wird uns auszeichnen“, sagt Prokop. Der startet am 28. Dezember in Barsinghausen die intensive Vorbereitung.
„Die Vorfreude ist groß, aber genauso wichtig ist es, jetzt noch ein bisschen Abstand zu kriegen“, sagt der Bundestrainer. Da kommen die Feiertage im Hause Prokop ja genau richtig.