Essen. . Wir nennen fünf Gründe, warum die Handball-Nationalmannschaft bei der WM in Katar bisher so überzeugt. Einer ist zweifellos Trainer Dagur Sigurdsson.

Patrick Groetzki wusste, bei wem er sich bedanken musste. Kaum hatte die deutsche Handball-Nationalmannschaft Argentinien bei der WM in Katar mit 28:23 geschlagen, da stürmte der Rechtsaußen auf Carsten Lichtlein zu und fiel ihm um den Hals.

Nicht nur, weil der Gummersbacher Torwart Lichtlein bei diesem Turnier starke Paraden in Serie zeigt, sondern weil er beim Sieg über Argentinien mit einem besonderen Glanz-Lichtlein aufwartete: Der Keeper leitete mit seinen Abwürfen, beim weitesten sogar von Kreis zu Kreis präzise auf Groetzki, zahlreiche Tempogegenstöße und Treffer ein. Der Torwart ist aber nur eine von mehreren Ursachen dafür, dass Deutschland plötzlich eine so starke WM spielt. Warum das so ist? Fünf gute Gründe.

Der Trainer
Schon der hierzulande legendäre Heiner Brand hatte gegen Ende seiner Amtszeit ein Problem damit, den freien Fall der Handball-Nationalmannschaft – abgesehen von einem Zwischenhoch bei der WM 2013 – zu bremsen. Unter Martin Heuberger setzte sich die Talfahrt fort. Seit der Isländer Dagur Sigurdsson das Sagen hat, ist auf einmal alles anders. Sigurdsson strahlt im Gegensatz zu Heuberger schon rein körperlich Souveränität aus, er genoss zudem bereits einen hervorragenden Ruf als Vereinstrainer. Das überträgt sich auf die Spieler, die wissen, dass ihr Coach im Spiel immer eine Antwort auf verschiedene Situationen hat: Beim 30:30 gegen Dänemark etwa überraschte er den Gegner anfangs mit einer 4:2-Deckung.

Das Selbstvertrauen
Hatten wir es schon erwähnt: Sigurdsson, der dem Team große Freiräume gewährt, lebt Zuversicht vor – im Gegensatz zu seinem Vorgänger Martin Heuberger. Das färbt ab auf die Mannschaft.

Die Torhüter
Ohne zwei gute Keeper geht’s im Handball international nicht mehr. Deutschland hat sie. Carsten Lichtlein, bereits 34, zeigte in mehreren Spielen seine Klasse, zuletzt beim Sieg über Argentinien. Gegen Dänemark hatte er nicht seinen besten Tag, dafür hielt Silvio Heineveter stark, als er ins Spiel kam. Um diese Position muss sich Deutschland bei der WM nicht sorgen.

Die Wildcard
Viel tiefer konnte der deutsche Handball nicht mehr sinken. Das Nationalteam des größten Verbandes der Welt, der sich der stärksten Liga der Welt rühmt, rutschte erst über eine deftig nach Kuhhandel riechende Wildcard in die WM. Das aber spornte offenbar alle an und brachte das Team in eine angenehme Ausgangsposition: Die Spieler hatten in der Vorrunde nichts zu verlieren, konnten nur überraschen. Die Frage bleibt, wie gut sie ab dem Achtelfinale mit dem steigenden Druck klar kommen.

Kader und Taktik
Bislang setzt die Mannschaft die Vorstellungen des Trainer präzise um: Zwei starke Keeper, eine gute Abwehr, ein disziplinierter Angriff, der versucht, unnötige Ballverluste zu minimieren, dazu erfolgreiche Gegenstöße. Dagur Sigurdsson vertraut auf ein relativ junges Team. Mit 26,7 Jahren stellt Deutschland in Katar die jüngste Mannschaft Europas.

Dabei setzt der Isländer auf einen harten Kern aus sieben Feldspielern, aus denen er viel herauskitzelt. Dass Linksaußen Uwe Gensheimer und Rechtsaußen Groetzki gute Spieler sind, weiß man seit Jahren. Aber bei dieser WM stehen sie richtig auf dem Gas. Martin Strobel ist agil, Steffen Weinhold überragt bislang, die Kreisläufer Patrick Wiencek und Henrik Pekeler spielen stark. Und wenn Talente wie Paul Drux gebraucht werden, sind sie da.

Fazit
Ab dem Achtelfinale wird es eng, aber eines hat dieses deutsche Team jetzt schon erreicht: Es ist wieder im Gespräch, nicht mehr im Gerede.