Rio de Janeiro. Alles riskiert, alles gewonnen: Mit einem 1:0-Sieg im gegen Frankreich zog die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ins WM-Halbfinale ein. Bundestrainer Joachim Löw ging mit grundlegenden Änderungen hohes Risiko in Rio. Doch der Plan ging auf, weil ein Dortmunder entscheidend dabei half.
Die vielen deutschen Fans im legendären Maracana-Stadion von Rio de Janeiro staunten und raunten, als die Mannschaftsaufstellung durch die Arena hallte: Erstaunliche Namen waren zu vernehmen und ihre Anordnung auf dem Platz war nicht weniger erstaunlich. Bundestrainer Joachim Löw hatte auf fast unglaubliche Weise umgeschmissen, woran er bislang geglaubt hatte. Den bisherigen zentralen Mittelfeldspieler Philipp Lahm beorderte er auf die rechte Abwehrseite, von wo Jerome Boatng in die Mitte neben Mats Hummels rückte. Und im Mittelfeld bot Löw Sami Khedira und Bastian Schweinsteiger gemeinsam auf, platzierte Toni Kroos als Spielmacher und entsendete Miroslav Klose in den Strum. Thomas Müller spielte dafür im rechten offensiven Mittelfeld. Rochade XXL, Risiko XXL.
Bis zur Halbzeit rentierte sich der Wagemut, zumindest anhand des Ergebnisses betrachtet. Mats Hummels sorgte für die Führung. Nach einem Freistoß von Toni Kroos setzte er sich gegen Raphael Varane durch und den Ball mit dem Kopf unter die Latte (12. Minute). Erleichterter Jubel auf dem Rasen – und an der Trainerbank. Allerdings: Es blieb die einzige nennenswerte Torchance in der ersten Hälfte. Das Kombinationsspiel stockte in der gegnerischen Hälfte gegen einen Gegner, der mit langen Bällen über die deutsche Abwehr zu Chancen kam.
Deutsche Deckung wirkte unaufgeräumt
Mathieu Valbuena hob den Ball von der linken Seite gefühlvoll auf Karim Benzema, der doch der Volleyschuss des Stürmers aus elf Metern ging am Tor vorbei (7.). Vier Minuten später war der Mann von Real Madrid Adressat eines Zuspiels von Antoine Griezmann, doch Hummels klärte die Hereingabe vor dem Tor. Am ärgsten geriet der knappe deutsche Vorsprung allerdings in Gefahr, als erneut Valbuena vor dem Tor auftauchte. Dessen Schuss wischte Manuel Neuer aus dem Tor, allerdings vor die Füße von Benzema. Hummels blockte den versuch im letzten Augenblick (34.).
Frankreich wirkte gefährlicher, versäumte es allerdings sich entscheidende Szenen herauszuspielen. Dennoch wirkte die deutsche Deckung – vor allem über die rechte Lahm-Seite – angreifbar und unaufgeräumt. Doch mehr als eine minder gefährliche Kopfball-Chance von Raphael Varane (60.) sprang vorerst nicht heraus bei den Bemühungen. Auf der Gegenseite waren ein Schuss von Thomas Müller - vorbei (70.) – und einer des eingewechselten Andre Schürrle – gehalten (75.) – das Nennenswerteste.
Schürrle mit zwei guten Chancen in der Schlussphase
So wankte die Partie in die spannende Schlussviertelstunde. Frankreich brauchte ein Tor – und trachtete mit größer werdendem Risiko danach. Mit einer Finte entledigte sich Benzema einem Zweikampf mit Lahm, doch erneut wurde sein Schuss abgeblockt: wieder von Hummels (76.). Keine 60 Sekunden später probierte es Blaise Matuidi aus spitzem Winkel, doch der Ball landete auf den Fäusten Neuers.
Die französischen Bemühungen öffneten Räume für Konter. Die große Chance zur Entscheidung bot sich in der 82. Minute: Mesut Özils Hereingabe verfehlte Thomas Müller, aber Andre Schürrle stand plötzlich frei vor Hugo Lloris, doch der Keeper parierte den unpräzisen Flachschuss. Fünf Minuten später wieder Schürrle: Freigespielt von Müller wurde sein Schuss aus elf Metern abgeblockt.
Deutschland musste weiter zittern, ohne aber größere Chancen zuzulassen. Nach vier Minuten Nachspielzeit erlöste der Schlusspfiff Schwarz, Rot und Gold, das nun im Halbfinale am kommenden Dienstag auf den Sieger der Partie Brasilien gegen Kolumbien trifft.