Essen. Der WM-Auftakt hat gezeigt: Torlinientechnologie, Freistoßspray und Co. merzen nur einen kleinen Teil der Fehlerquellen aus, die dem Fußball innewohnen. Das macht sie nicht unwichtig, lässt aber erkennen, warum sich finanziell klamme Klubs gegen die teure Technologie aussprechen. Ein Kommentar.
Vielleicht hätte die Fifa nicht so angeben sollen.
Da gab's diese Szene kurz nach dem kroatischen 1:0 im Eröffnungsspiel. Von Marcelos Bein schleicht der Ball in Seelenruhe über die Linie. Selbst Mondlandungs-Verschwörungstheoretiker dürften nicht an der Wahrhaftigkeit dieses Treffers gezweifelt haben. Trotzdem schickt die Fifa wenige Momente später ihre Torlinientechnik-Animation über die TV-Geräte in aller Welt. Als ob sie sagen wollte: Seht her, was wir Tolles können, wir sind große Reformer, unser Spiel kommt jetzt ohne Zweifel aus. Und der Fußballgott? Dachte sich wohl: Ihr Angeber, die Regeln hier mache immer noch ich, und ich habe das Spiel mit Zweifeln erfunden!
Der WM-Auftakt ist ein Aufmarsch der Fehlentscheidungen
Eine Halbzeit später tut der durchaus stämmige Fred so, als ob ihm ein Kontakt Marke Mückenstich zu Boden zwingt, und es gibt Elfmeter. Tags darauf muss Mexiko drei reguläre Tore schießen, bevor mal eins anerkannt wird. Und Spanien bekommt erst einen äußerst fragwürdigen Elfmeter zugesprochen und kassiert dann ein Gegentor, dem ein klares Foul vorausgeht. Der Fußballgott lehnt sich bequem und zufrieden zurück.
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Der WM-Auftakt ist ein Auftakt der Fehlentscheidungen. Trotz der Torlinientechnologie. Trotz Rasierschaums auf dem Rasen bei Freistößen. Und womöglich wäre er das auch gewesen, wenn die Unparteiischen mit Rucksack auflaufen, Lupen, Ferngläser und Lügendetektoren mit sich führen würden. Es gibt sie, diese kniffligen Szenen, die in der TV-Slomo, aber nicht zwingend von einem Menschen binnen einer Sekunde erkannt werden können.
Nur ein kleiner Teil der Fußball-Fehlerquellen wird ausgemerzt
Es ist nichts Schlechtes daran, mit der Torlinientechnik Zweifel ausräumen zu wollen. In einem Spiel, indem es um viel Prestige, um viel Geld, teils um Arbeitsplätze geht. Fraglos: Da, wo man es sich leisten kann, zum Beispiel bei den Organisatoren eines DFB-Pokalfinales, ist es zu begrüßen, wenn sie zum Einsatz kommt. Dieser WM-Auftakt macht aber umso verständlicher, dass ein finanziell klammer Zweitligist, sagen wir mal: Darmstadt 98, auch in Zukunft nicht jubelnd in seine kleine Geldbörse greifen will, wenn es um die Einführung einer kostspieligen Technologie geht, die letztlich nur einen kleinen Teil aller Fußball-Fehlerquellen ausmerzt.