Bochum. Nicht aggressiv, aber doch bestimmt fiel der Protest der Bochumer Fans aus nach dem 1:4 ihres VfL gegen den Abstiegskandidaten Arminia Bielefeld. Auch Trainer Peter Neururer wurde mit negativen Sprechchören bedacht. Die Stimmung im Bochumer Umfeld ist aufgeheizt vor dem Saisonendspurt.
Am Ende war's dann doch genug. Beinahe für die gesamte Dauer des Spiels hatten die Fans des VfL Bochum davon abgesehen, ihre Mannschaft mit Wut oder Häme zu bedenken. Pfeifkonzert in der Halbzeit, zwischendurch auch mal ungläubiges Staunen ob der Null-und-Nicht-Leistung der Blau-Weißen - im Großen und Ganzen aber als ausdauernder Support hatte sich die Bochumer Osttribüne beim blamablen 1:4 des VfL gegen Bielefeld präsentiert. Bis zu den letzten Zuckungen eines Spiels, das wieder einmal die VfL-Fans eines Besseren belehrte, die gedacht, die sich erhofft hatten, schon jede erdenkliche Spielart von gruseligen Heimspielen gesehen zu haben.
In etwa ab der 86 Minute, als nun wirklich alles klar war nach dem kapitalen Bolzen zum 1:4, den sich mit Patrick Fabian noch einer der besten Bochumer geleistet hatte, wackelte das Fangnetz hinter Andreas Luthe. Die Fans hatten den Zaun hinter dem VfL-Tor eingenommen. Polizei und Ordnungskräfte marschierten auf. Der Pfiff des Unparteiischen verstummte schnell unter denen der Fans, ein paar Zuschauer versuchten den Platz zu stürmen. Deutlich zu vernehmen: "Neururer raus"-Rufe, die man in der Form (zur Verwunderung manches stetigen Beobachters) noch nicht gehört hatte in dieser Saison. Es scheint, als ob das Fass langsam aber sicher übertrieft vor Ernüchterung und Enttäuschung.
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Fabian: "Das geht uns sehr, sehr nahe"
Dieselbe Atmosphäre: ein paar Minuten später in den Katakomben des Bochumer Stadions. Man könnte meinen, es wäre mittlerweile ein Leichtes für jeden VfL-Profi nach einer enttäuschenden Heimniederlage vor die Journalisten zu treten und den branchenüblichen Mix aus Selbstkritik, Enttäuschung und Blick-nach-vorne-Sprech zu bieten. Wer allerdings den ersten Bochumer traf, der Station zwischen Fankurven-Dialog und Dusche machte, bekam etwas mehr zu hören als Routine. "Uns und mir geht das sehr, sehr nahe", sagte ein sichtlich geknickter Patrick Fabian, der ferner angab, "absolutes Verständnis" dafür zu haben, dass man von Seiten der Fans nach Erklärungen suche bei den Spielern.
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Problem nur: Mit zufriedenstellenden Erklärungen können weder Fabian noch seine Teamkollegen dienen - nicht erst seit der Bielefeld-Pleite. An der Systemumstellung zum 4-4-2 habe es nicht gelegen, versicherte Heiko Butscher. "Das hat uns nicht verunsichert, das haben wir schon öfters gespielt." Patrick Fabian nannte die mangelnde Ballsicherheit, eine generelle Verunsicherung bei Ballbesitz als Gründe. Unabhängig vom System. "Wir reiten uns auf Deutsch gesagt immer selbst in die Scheiße rein."
Der VfL baut Bielefeld auf
Unpopulärer, aber näher an der Wahrheit wäre wohl einzugestehen, dass beim VfL derzeit wirklich vieles zusammenkommen muss, damit am Ende ein gutes Spiel steht. Schließlich reiste Bielefeld als ein Team an, das siebenmal in Serie nicht gewonnen hatte, das in Bochum das erste von drei echten Endspielen bestreiten musste - und das in der Anfangsphase genauso auftrat. Bis zum 1:0 war nicht viel zu sehen von der Arminia. Dann stand Latza zu weit von Müller weg. Der lupfte auf Sahar - Treffer. "Da war ein totaler Bruch im Spiel", erkannte VfL-Trainer Peter Neururer treffend. Der VfL taumelte fortan, baute die Arminia damit auf. Selbst als Andreas Luthe den kurz darauf folgenden Elfmeter parierte, gab es keinen Schub zurück in die Spur.
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Was auch damit zusammenhängen mag, dass der VfL in dieser Saison niemals ein Muster, eine Spielidee hat erkennen lassen, auf die er sich in solchen Fällen verlassen könnte. Der VfL braucht das Momentum. Und er muss dieses im Kollektiv erzwingen. Doch das Kollektiv, das Neururer trotz der achtbaren ersten Hälfte beim Meister aus Köln in ein 4-4-2 umformierte, wirkte diesmal gerade in der ersten Halbzeit wirr. Vor der Abwehr-Viererkette gab es keinen Zugriff auf die Bielefelder. Der antrittsstarke und in Köln erfrischende Lukas Klostermann saß zunächst auf der Bank Mit Slawo Freier und Heiko Butscher standen einmal mehr zwei Spieler auf den defensiven Außenbahnen, deren Kerngeschäft nicht das schnelle Laufen ist. Eine mögliche Erklärung: Peter Neururer gab nach dem Spiel in Köln an, er wolle gegen die Arminia "die mental stabilste Mannschaft" auf das Feld schicken. Und genau die begann gut - und knickte dann vollends ein.
VfL Bochum geht mit 1:4 unter
"Ich kann jeden Fan verstehen, der 'Neururer raus' ruft oder pfeift", sagte Peter Neururer in der abschließenden Pressekonferenz. Gut 40 Minuten nach dem Spiel. Da stand sein Kapitän Andreas Luthe immer noch vor der Osttribüne und redete mit den Fans. "Aufgeheizt, aber im Rahmen", sei die Stimmung vor der Osttribüne gewesen, sagte Patrick Fabian, einigermaßen ratlos, um dann aber noch einmal richtig entschieden zu wirken: "Ich kann nur jedem versprechen, dass ich mir bis zur letzten Minute dieser Saison den Arsch aufreiße."