Bochum. Nach dem Outing von Thomas Hitzlsperger plädiert der Bochumer Trainer für eine offene Gesellschaft - ohne Diskussionen über sexuelle Neigungen. „Grundsätzlich ist das für mich gar kein Thema“, sagt Neururer. Wir haben weitere Reaktionen aus Bochum gesammelt.

Als erster prominenter Fußballer hat sich Thomas Hitzlsperger, 31-jähriger Ex-Nationalspieler Deutschlands, öffentlich zu seiner Homosexualität bekannt. Allerdings erst nach seiner Karriere.

Eine mutige Entscheidung des Ex-Profis, gerade wenn man bedenkt, dass im Fußballgeschäft homosexuelle Präferenzen zum Großteil als Beleidigung empfunden oder auch benutzt werden. Seine Profikarriere beendete er vor vier Monaten, hat nach seinem Outing also auf dem Platz oder von den Rängen keine sexuellen Anfeindungen mehr zu befürchten.

Neururer interessiert die Sexualität von Spielern nicht

Für Peter Neururer, Trainer des Fußball-Zweitligisten VfL Bochum, ist das Problem, dass daraus ein Problem gemacht werde in der Öffentlichkeit. Er plädiert für eine offene Gesellschaft - ohne Diskussionen über sexuelle Neigungen: „Grundsätzlich ist das für mich gar kein Thema. Aber wenn

jemand gefragt wird, ob er homosexuell ist, und er es ist, dann sollte er es offen sagen“, meint er - und zwar „auch während seiner Karriere. Wenn jeder damit offen umginge, wäre es bald kein Thema mehr.“ Warum es Vorbehalte gebe, im Fußball, bei Fans? „Fußball gilt als Männersport“, sagt Neururer, „mit Männern wird Homosexualität nicht assoziiert. Dabei können Homosexuelle genauso gut Fußball spielen wie Heterosexuelle.“

Neururer ist viel herumgekommen, bei zwölf Vereinen hat der 58-jährige Trainer des VfL Bochum Profiteams trainiert. Darunter könnten auch Homosexuelle gewesen sein - Neururer weiß es nicht, „weil mich die Sexualität von den Spielern nicht interessiert. Ob sie heterosexuell oder homosexuell sind - wen interessiert das?“ Auch in der Kabine sei dies daher nie ein Thema gewesen.

„Ich denke, Herr Hitzlsperger hat den richtigen Zeitpunkt ausgewählt“, meint indes der Fußball-Kreisvorsitzende Bochums, Ulrich Jeromin. „Wenn er jetzt noch spielen würde, dann müsste er sicherlich mit scheußlichen Reaktionen von manchen Fans rechnen. Leider gibt es auch im Fußball einige Idioten, die so ein Outing negativ ausnutzen würden“, kritisiert er. Im Kreis Bochum ist ihm bisher keiner bekannt, der sich outete. Jeromin: „Der DFB hat uns leider bisher nicht auf einen solchen Fall vorbereitet, es war auch noch nie Thema einer Tagung. Es ist langsam an der Zeit, sich auf diese Thematik vorzubereiten.“

Ex-VfL-Jugendleiter Heipertz fordert Umdenken

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Auch der ehemalige Jugendleiter des VfL Bochum und Ex-Coach des Bezirksligisten Vorwärts Kornharpen, Jürgen Heipertz, sieht in dem Outing einen Schritt in die richtige Richtung. „Herr Hitzlsperger hat etwas Wichtiges angesprochen und damit ein absolutes Tabu-Thema in den Fokus gerückt. Leider hätte er zu seiner aktiven Zeit mit etlichen Repressalien rechnen müssen“, meint Heipertz. „Unsere Gesellschaft ist leider noch nicht reif genug. Wir sollten alle viel offener mit solchen Themen umgehen - auch dann, wenn wir in unserer eigenen Erziehung vielleicht etwas anderes gelernt haben. Wir müssen gerade in Deutschland anderen Lebensweisen deutlich offener begegnen“, sagt er.

Auch für den Bezirksliga-Kicker des BV Hiltrop, Dominik Teske, hat die Entscheidung Hitzlsperger durchaus Respekt verdient. „Ich ziehe meinen Hut vor ihm, es war eine sehr mutige Entscheidung. Wenn sich einer in meinem Team outen würde, dann würde ich das absolut akzeptieren. Ob homosexuell oder nicht, der Mensch bleibt ja gleich. Leider sehen das nicht alle Menschen so, deshalb müsste ein aktiver Spieler sicherlich mit zahlreichen Anfeindungen rechnen“, sagt Teske.