Gevelsberg. . Er wurde erst Anfang des Jahres zum ersten Mal für die Nationalmannschaft nominiert. Im Auftaktspiel der Eliterunde bestritt Lukas Klostermann trotzdem die gesamte Spielzeit. Jetzt will der Fußballer aus Gevelsberg mit der deutschen U17 zur Europameisterschaft.
Vielleicht erinnert sich Lukas Klostermann in diesem Augenblick im tiefen Unterbewusstsein an die Anfänge seiner Karriere. An die Tage beim VfL Gevelsberg, an denen er sich als Stürmer versuchen musste. Also sprintet Klostermann mit langen, raumgreifenden Schritten über die rechte Außenbahn bis zur Torauslinie, während der Lärm auf den Tribünen anschwillt. Ein kurzer Blick in den Strafraum - und wenige Augenblicke später drischt Donis Avdijaj den von Klostermann klug in Richtung Elfmeterpunkt gepassten Ball zur 2:1-Führung ins Netz. Die Erlösung. Der Dosenöffner - oder wie immer der moderne Fußballer Kloppscher Prägung die spielentscheidenden Szenen nennt.
Am Ende gewinnt die deutsche Nationalmannschaft der U17-Junioren die Auftaktpartie der Eliterunde mit 5:2 gegen Bulgarien. „Das war sehr wichtig“, sagt Lukas Klostermann. Denn nur der Turniersieger qualifiziert sich für die Europameisterschaft in der Slowakei. Am heutigen Donnerstag trifft die Mannschaft in Iserlohn (Anpfiff 15 Uhr / Hembergstadion) auf Estland, bevor am Ostersonntag in Ahlen gegen die starke Ukraine ein echtes Endspiel droht.
„Die ersten Minuten in Rheda waren nicht die allerbesten“, sagt Lukas Klostermann selbstkritisch, „auch von mir nicht.“ Sein Vater Andree kennt die Gründe: „Die Jungs waren nervös. Das hat man ihnen angemerkt.“
Aber wer will das speziell dem 16-jährigen Abwehrspieler aus Gevelsberg anlasten?
Klausuren im Trainingslager
VfL BochumErst Anfang dieses Jahres wurde er erstmals zur Nationalmannschaft berufen. Er, der Abwehrspieler des VfL Bochum, der in der D-Jugend aus Gevelsberg zum SSV Hagen wechselte und seit drei Jahren an der Castroper Straße zuhause ist. Im Schnelldurchgang erlebte Klostermann anschließend den alltäglichen Wahnsinn eines Junioren-Nationalspielers. Trainingslager in La Manga/Spanien, Algarve Cup in Portugal, Lehrgänge, Vereinstraining - ein Tag dürfte mehr als 24 Stunden haben, eine Woche mehr als sieben Tage. „Als ich die erste Einladung erhalten habe, da habe ich mich mega gefreut“, sagt Klostermann trotzdem. „Das ist irgendwie eine Bestätigung der eigenen Leistung und eine zusätzliche Motivation.“
Das Trikot mit dem Adler auf der Brust überziehen zu dürfen - der Traum eines jeden Fußballers gleich welchen Alters.
Auf den Spuren von Leon Goretzka?
Und Klostermann will seinen Platz nicht wieder hergeben. Dass er aus der Talentschmiede des VfL Bochum entspringt, die zuletzt durch den Sprung des 17-jährigen Leon Goretzka in den Profi-Kader auf sich aufmerksam machte, lässt den Gevelsberger aber keinesfalls abheben. „Es wäre ziemlich vermessen, wenn ich mich mit Leon vergleichen würde“, erklärt er, „Leon ist ein absolutes Ausnahmetalent.“
Klostermann plant bescheidener. Ohne seine Ziele aus den Augen zu verlieren. Neben der Fußball-Karriere steht im nächsten Jahr das Abitur auf dem Plan.
Wie er all das schafft?
„Ich erhalte vom Verein, aber auch von meinen Eltern, Mitspielern und Freunden viel Hilfe“, erklärt der junge Mann. „Stressig wird es, wenn ich auf Länderspielmaßnahmen bin und dort Klausuren schreiben muss“, erzählt er. Während des Trainingslagers zum Beispiel standen Arbeiten in Englisch und Mathe an - unter der Aufsicht der DFB-Lehrer.
Ein besonderer Moment
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Ohne Schulbücher kommt Klostermann in diesen Tagen in der Sportschule Kaiserau, dem Quartier der Mannschaft, auch nicht aus. Das Dasein als Nationalspieler hält aber genügend Abwechslung bereit. Zum Beispiel den Moment vor den Spielen, wenn die deutsche Hymne gespielt wird. „Unbeschreiblich“, sagt Lukas Klostermann über seine Gefühle in diesem Augenblick. „Es ist etwas ganz anderes, wenn man zu Hause vor dem Fernseher sitzt und sich die Spiele anschaut oder auf dem Platz steht und mitsingt.“
Ob er wie in Rheda auch in Iserlohn in der Startelf steht? „Keine Ahnung“, sagt er, und ergänzt: „Das müssen Sie den Trainer fragen.“ Stefan Böger wird es sich gut überlegen, ob er auf diesen 16-jährigen Verteidiger verzichten kann. Einen Verteidiger mit Ballgefühl, mit Übersicht und Stürmer-Vergangenheit.
Obwohl: Wenn sich Lukas Klostermann an die Anfänge seiner Karriere erinnert, als er Richtung Torauslinie läuft, müssten ihm Flugeinlagen als Torwart durch den Kopf gehen. Denn dort landete er kurzzeitig, nachdem ihn seine Freunde in den Verein mitnahmen. Und den Grundstein für die Karriere vom Straßenfußballer zum Nationalspieler legten.