Bochum. “Wir werden jetzt nicht singend im Bus sitzen, aber erleichtert“, sagte VfL-Interimstrainer Karsten Neitzel nach dem hart erkämpften Pokalerfolg in Havelse. Am Sonntag wollen die Bochumer gegen Energie Cottbus in der Liga nachlegen.

Tiefe Seufzer, Umarmungen, glückliche Gesichter - die Reaktionen auf den hart erkämpften Pokalerfolg des VfL Bochum in Havelse sprachen Bände. Der Druck, der auf den Bochumern vor dem Anpfiff lastete, war riesig, aber er hätte sich im Falle eines Misserfolges noch potenziert. "Für Siege gibt es keinen Ersatz", sagte Sportvorstand Jens Todt aufatmend, während Interimstrainer Karsten Neitzel, nun wieder mit halbwegs normalem Blutdruck, anmerkte: "Wir werden jetzt nicht singend im Bus sitzen, aber erleichtert."

"Wir müssen eine Schüppe drauflegen"

Während der voraufgegangenen neunzig Minuten in der niedersächsischen Fußball-Provinz war Neitzel nicht annähernd so cool gewesen. Rumpelstilzchen hätte sich vermutlich umschulen lassen zum Streitschlichter angesichts dieses Auftritts jenseits der Seitenlinie. Dass die Sitzmöbel am Rande des Rasens keinen Schaden nahmen, ist ausschließlich der chemischen Industrie zu verdanken.

Ruhig zu bleiben wäre aber auch ausgeglicheneren Zeitgenossen wohl kaum gelungen. Denn der Regionalligist lieferte dem VfL einen Kampf auf Augenhöhe, strukturell, technisch und taktisch. In den ersten 45 Minuten war der Gastgeber sogar überlegen - und in der Summe, wie Todt sagte: "ebenbürtig". Weil dem VfL vor allem "Lockerheit und Ruhe am Ball fehlte", so Lukas Sinkiewicz. Ganz wichtig sei es nun, analysierte Neitzel, die "fußballerische Leichtigkeit zurück zu finden, wir müssen eine Schüppe drauflegen".

DFB-Pokal auch finanziell wichtig

Damit wird man sich in den kommenden Tagen vor dem sonntäglichen Gastspiel von Energie Cottbus in Bochum beschäftigen, hoffentlich angetrieben und beflügelt von dem jüngsten Erlebnis und Ergebnis, das mehrere erfreuliche Komponenten beinhaltet. Das Positive, von dem Neitzel sprach, lässt sich ja leicht darstellen. Da wäre an erster Stelle der Sieg an sich, der erste nach langer Durststrecke; dann das Erreichen des Achtelfinales, verbunden mit größerer Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und dem dringend benötigten finanziellen Zubrot. 820000 Euros bescherte diese dritte Runde und der sehr prominente Gegner Bayern München im letzten Jahr den Bochumern. Mit 600- oder 700000 Euros darf man, je nach Gegner, Spielort und Zuschauerinteresse, diesmal also getrost rechnen. Ein Lichtblick im Überlebenskampf.

Und da wären, neben dem Erfolgserlebnis an sich, ja auch noch die drei Tore und die Tatsache, ein Spiel gedreht zu haben. "Das spricht für die Jungs", sagte Karsten Neitzel, der ohnehin nicht am Charakter der Mannschaft zweifelt und für die Selbstkritik und den Kampfgeist ein "dickes Kompliment" machte, auch wenn wir "schon bessere Spiele abgeliefert haben".

"Der Sieg muss der Mannschaft gut tun"

Pflichtspiel-Debütant Daniel Engelbrecht attestierte Neitzel ein riesiges Laufpensum. Engelbrecht habe genau das getan, was er tun sollte. Und auch mit dem Einsatz des eingewechselten Michael Ortega, der in der Nachspielzeit den dritten VfL-Treffer erzielte, war er zufrieden.

"Der Sieg muss der Mannschaft gut tun", sagte Lukas Sinkiewicz, und das klang fast ein wenig beschwörend. Die Lage in der Liga ist ja schließlich für den VfL noch genauso schlimm wie vor diesem Dienstag.