Belek. . Das 16-jährige Mittelfeld-Talent Leon Goretzka wird zwar von prominenten Klubs umworben, will aber beim VfL Bochum seine Profikarriere starten. Das bekräftigte Goretzka im Trainingslager in der Türkei.

Auf einem roten Sessel sitzt der gebürtige Bochumer nun, mit Blick aufs Meer zur Linken und die edle, weitläufige Lobby des „Cornelia Diamond Resort“ im türkischen Belek zur Rechten.

Etwas müde ist er, vom „Training, das intensiver ist als in der Jugend“, sagt der 16-Jährige - mit Christoph Dabrowski (33), mit Slawo Freier (31), mit all’ den mehr oder minder gestandenen Profis. Seit er sechs ist spielt er beim VfL. „Ja, das ist schon ein Traum, hier dabei zu sein“, sagt Goretzka, der Neuling im Trainingslager, der sich ein Zimmer teilt mit dem dienstältesten Bochumer Profi Philipp Bönig (31). Und er wirkt dabei schon erstaunlich abgeklärt, in jedem Fall: wie ein Junge mit klaren Zielen. Denn das soll ja erst der Anfang eines großen Traumes sein, „im Ruhrstadion zu spielen für den VfL“.

Bis 2014 an den VfL gebunden

B-Jugendspieler ist er zurzeit noch, deshalb musste der für sein Alter körperlich schon sehr weite „Sechser“ beim Testspiel gegen Aachen am Sonntag zusehen - er ist noch zu jung, auch in der Rückrunde erhält der VfL keine Spielgenehmigung für sein „Juwel“. In der kommenden Saison soll, ja wird sich das ändern. Zahlreiche Topklubs, darunter der FC Bayern München, haben längst angefragt, wollen den Kapitän der deutschen U-17-Nationalmannschaft verpflichten. Doch Goretzka, als Jugendspieler an den VfL bis 2014 gebunden, sagt klipp und klar: „Meine ersten Schritte im Profibereich will ich auf jeden Fall in Bochum machen.“ Dies sei „der einzig richtige Weg.“ Das hat er abgesprochen mit seinem Vater Konrad Goretzka, der ihn fördert, aber auch behutsam begleitet auf dem Weg zum Profi, wie auch Sportvorstand Jens Todt weiß. Gespräche hat es längst gegeben, im Sommer dürfte Goretzka seinen ersten Profivertrag unterschreiben. „Wir wollen ihn langfristig binden“, sagt Todt. Und Trainer Andreas Bergmann erklärt: „Ich weiß, dass er in der nächsten Saison in meinem Kader sein wird - wenn er nicht plötzlich rückwärts läuft.“

Auch interessant

Bisher kannte der Junge fast nur eine Richtung: bergauf. Nach ein paar Spielen in der B-Jugend rückte der zentrale Mittelfeldspieler zu Saisonbeginn in die A-Jugend auf, erzielte als offensiv ausgerichteter Sechser - Toni Kroos ist fußballerisch sein Vorbild - sechs Treffer in acht Spielen. „Leon ist ein Ausnahmespieler, wie ich ihn in der A-Jugend noch nie hatte“, schwärmt Nachwuchstrainer Dariusz Wosz. Todt sagt: „Er ist ein ziemlich kompletter Spieler, schon sehr reif, sehr cool. Er hat eine hohe Spielintelligenz, ist stark in den Zweikämpfen und auch noch torgefährlich.“

Natürlich aber, betont der Vorstand, fehle noch Robustheit, und „Rückschläge hatte er auch noch nicht zu verkraften“. Der VfL müht sich sichtlich, das auf den im Sommer dann 17-Jährigen kein zu hoher Erwartungsdruck einprasselt: „Er wird sicherlich früh seine Einsätze bekommen, aber man kann nicht davon ausgehen, dass er gleich eine Korsettstange der Mannschaft wird.“

In zwei Jahren will Goretzka sein Abitur machen

So sieht es auch der Umworbene selbst, der nicht den Eindruck macht, angesichts der rasanten Entwicklung und prominenten Bewerbern den Boden unter den Füßen zu verlieren. „Meine Familie sorgt schon dafür, dass ich auf dem Teppich bleibe.“ Der Schüler hat einen guten Draht zu seinen drei älteren Schwestern, zu seiner von seinem Vater getrennt lebenden Mutter. Erster „Ansprechpartner“ ist der Papa, bei dem er wohnt. Seine Leistungen in der Schule - Leon besucht die Stufe elf des Alice-Salomon-Berufskollegs - sollen nicht leiden. Erst fünf Tage vor dem Abflug in die Türkei kam er ja von einem Zehn-Tages-Trainingslager aus dem spanischen La Manga mit der U-17-Nationalmannschaft zurück. Und erhielt in der Schule die Ergebnisse der jüngsten Klausuren: Überall stand eine 2, nur in Mathe eine 3 minus („Das ist noch mein Problemfach“). Vater und Schulleiter gaben ihr Ja-Wort zum erneuten Kofferpacken.

In zwei Jahren will Leon Goretzka, der zuvor die Pestalozzi-Realschule in Wattenscheid besucht hat, sein Abitur machen, dafür holt er versäumten Stoff nach, allein oder mit Lehrern am Olympiastützpunkt in Wattenscheid, wenn Bedarf besteht. Wofür er dankbar ist: „OSP und VfL bieten mir eine Riesenunterstützung.“ Schließlich ist er als Fußballer ständig gefordert, trainiert auch in Bochum bereits zweimal pro Woche bei den Profis mit, dazu die A-Jugend, das Nationalteam, Lehrgänge, Reisen. Zu viel Stress für einen 16-Jährigen? „Nein“, sagt Goretzka. „Fußball zu spielen ist Freizeit, macht Spaß, sonst würde die Leistung auch nicht stimmen. Ich kann mir kein besseres Leben vorstellen.“