Bochum. Die Hinrunde ist vorbei – Zeit, vor dem Rückrunden-Auftakt gegen Herbstmeister Fortuna Düsseldorf eine kleine Bilanz zu ziehen. Der erschreckendste Wert: Gegen die Top sieben der Liga verbuchte der VfL Bochum keinen Punkt – mit einer Tordifferenz von 3:20.

Als Sascha Rösler mit einem Fallrückzieher Düsseldorfs erstes Saisontor erzielte und der VfL Bochum seiner ersten Ernüchterung entgegen sah, ahnte noch niemand, mit welcher Wucht sich die beiden Teams entwickeln würden in der Hinrunde. Sagenhafte 41 Punkte hat der nach dem souveränen 2:0 in Duisburg weiter unbesiegte Herbstmeister geholt, nicht einmal die Hälfte, nämlich 20, der vor der Saison höher gehandelte VfL.

Da kann es dem Tabellenzehnten nur Recht sein, nach dem 6:0 gegen das vergleichsweise kleine Aue noch vor der Winterpause einen Großen der Liga empfangen zu dürfen. Düsseldorf kommt zum Auftakt der Rückserie am Samstag, mit breiter Brust und tausenden Fans. Es ist die Chance zu zeigen, dass der lange Zeit formulierte Anspruch wenigstens einmal in die Tat umgesetzt wird - so gut, ja: besser zu sein als die stärksten Konkurrenten. Anders als bisher: Gegen die „Top sieben“ der Hinrunde holte der VfL keinen Punkt. Tordifferenz nach den Pleiten gegen Düsseldorf, Eintracht Frankfurt, Fürth, St. Pauli, Paderborn, Braunschweig, Union Berlin: 3:20!

VfL beschäftigt anfällige Spieler

Dabei hatte Sportvorstand Jens Todt, der bis auf Takashi Inui und Nachwuchsmann Enes Uzun den Kader praktisch von Vorgänger Thomas Ernst und Ex-Trainer Friedhelm Funkel „übernommen“ hatte, noch vor der Saison erklärt, dass man „breiter aufgestellt“ sei und „Ausfälle besser kompensieren“ könne. Es sei dahingestellt, ob er im Sommer davon überzeugt war oder als neuer Vorstand nur die gute Stimmung aus der Relegation nicht kaputtreden wollte. Die Realität jedenfalls sah anders aus. Das lag zum einen an einem Verletzungspech, das man in dieser Güte nicht eingeplant hatte, wohl nicht einplanen kann - wenngleich bekannt war und ist, dass der VfL einige anfällige Spieler beschäftigt. Freier, Vogt, der von den Verantwortlichen besonders schmerzlich vermisste Azaouagh, Sinkiewicz, Bönig zählen dazu; und mit Concha war von vornherein frühestens im neuen Jahr zu rechnen.

Dass junge Spieler, die in der Rückrunde 2010/11 offenbar am Limit spielten, in ein Loch fallen können, wurde von allen Verantwortlichen jederzeit als „normal“, also voraussehbar erklärt. Dass es gleich alle, insbesondere die Außenverteidiger Ostrzolek und Kopplin, für die es keinen „gelernten“ (und gesunden) Ersatz gibt, so derbe trifft, ist aber ein wesentlicher Grund für den Absturz zu Beginn unter Funkel und der folgenden „Achterbahnfahrt“ unter Nachfolger Andreas Bergmann, auch wenn in der Summe spielerische Fortschritte, erst Recht der Mut zur Offensive unverkennbar sind.

Acquistapace ist der Aufsteiger der Hinrunde

Von den Neuzugängen aber, und das wiegt schwer, fielen zu viele durch. Inui und der für zwei Jahre von Leverkusen ausgeliehene Christoph Kramer (20) sind, auf unterschiedlichste Art, Bereicherungen. Daniel Ginczek war es in Phasen auch, der vom BVB nur für diese Saison ausgeliehene Stürmer muss aber konstanter werden (was für die Mannschaft insgesamt natürlich auch gilt). Jonas Acquistapace, immer noch Vertragsamateur, ist der Aufsteiger der Hinrunde, trotz zuletzt schwächerer Leistungen. Dagegen konnte Lukas Sinkiewicz selten und Denis Berger, mit 28 ein Zweitliga-Debütant, nie überzeugen. Die jungen Enes Uzun und der anfangs verletzte Holmar Eyjolfsson haben den Sprung bisher nicht geschafft.

Und: Die Stürmer Chong Tese und Mirkan Aydin blieben unter ihrem Niveau, auch Führungskräfte wie Kapitän Christoph Dabrowski schwankten so extrem, dass die Konstantesten dies nicht wettmachen konnten; nicht Marcel Maltritz und auch nicht Torwart Andreas Luthe, Bochums Bester in diesem Jahr.

Die Vertragsgespräche zwischen Jonas Acquistapace, seinem Berater und dem VfL stocken noch. Man sei zwar recht weit, aber „noch gibt es keine Einigung“, sagt Sportvorstand Jens Todt. Wie berichtet, soll es vor Weihnachten auch noch Gespräche mit Daniel Ginczek und Chong Tese über anvisierte Vertrags-Verlängerungen geben. Im Sommer schließlich wäre Tese ablösefrei, und bisher liege keine Anfrage vor, so Todt.