Bochum. Der VfL Bochum ist momentan schlecht kalkulierbar. Dem blamablen 0:4 in Braunschweig ließen die Bochumer mit dem 6:0 gegen Erzgebirge Aue ein Rekordergebnis folgen. Faton Toski glänzte mit zwei Toren und drei Vorlagen.
Eine „Reaktion“ der Mannschaft hatte sich Andreas Bergmann erhofft, eine Torflut, dieses Mal auf der richtigen Seite, bekam er. „Froh“ war der Trainer des VfL Bochum über das 6:0 gegen den FC Erzgebirge Aue, die Übersicht verlor er aber ob des Rekordergebnisses nicht: „Das Ergebnis darf uns nicht blenden.“
Abseits der sechs größtenteils sehr ansehnlichen Tore darf man nach dem Ende der Hinrunde konstatieren: Beim VfL ist man fest entschlossen, dem Publikum einen offensiveren und attraktiveren Fußball zu bieten als in der Vergangenheit, ungeachtet der Risiken, die dieses Konzept birgt. Noch schwingt das Leistungspendel allerdings extrem weit aus, niemand vermag zu prognostizieren, was den Zuschauer am kommenden Spieltag erwartet. Wenn es gut läuft, sieht man engagierten, gefälligen Offensiv-Fußball und schöne Tore, wenn es schlecht läuft, brechen schon einmal alle Dämme, sind Lähmungserscheinungen unübersehbar.
Aber auch das gilt es festzuhalten: Verglichen mit dem katastrophalen Saisonstart stimmen - unter dem Strich - sogar inzwischen die Ergebnisse einigermaßen. Das gerät ja leicht in Vergessenheit: Der VfL war mal Schlusslicht zwischendurch und hatte schlappe vier Punkte zusammenklauben können, als Bergmann das Ruder übernahm. Rang zehn mit zwanzig Zählern nach der ersten Halbserie ist nun nicht die Erfüllung aller Träume, aber ein wichtiger Schritt raus aus dem Tabellenkeller, der Ängste ja geradezu potenzieren kann.
Der VfL Bochum ist dabei, sich nach jahrelanger Stagnation neu zu erfinden und neu aufzustellen. Das erfordert Geduld und Mut. Andreas Bergmann und Sportvorstand Jens Todt scheint es daran nicht zu mangeln. Sie nehmen auf dem unter Umständen langen und sicher steinigen Weg in eine hoffentlich bessere Zukunft auch höllische Rück- und Fehlschläge wie den in Braunschweig in Kauf.
Mutig ist es auch, einen technisch versierten Mittelfeld-Spieler, zu dessen Stärken augenscheinlich bislang nicht der defensive Zweikampf zählte, als Außenverteidiger auszuprobieren. Aber mitunter wird Mut ja auch belohnt, manchmal, sehr selten, sogar reichlich. Gestern war so ein Tag.
Faton Toski, zuletzt vor einer halben Ewigkeit, in der Relegation gegen Mönchengladbach, positiv aufgefallen, kam, sah und siegte. Lange war die Neubesetzung dieser Position mit dem ehemaligen Frankfurter nur ein Gedankenspiel des VfL-Trainers, jetzt wurde aus diesem Gedankenspiel Realität. Ein Volltreffer und eine zusätzliche Bereicherung des Bochumer Offensivspiels. Zwei Tore selbst erzielt, drei weitere, durch Giovanni Federico, Marcel Maltritz, Mirkan Aydin vorbereitet - von einem derartigen Einstand kann man als Spieler und als Trainer nur träumen.
Aydin als zweifacher Torschütze
Der Alltag wird Toski und Bergmann, wie auch den zweifachen Torschützen Aydin, sicher wieder auf den Boden der Realität zurückholen, aber grundsätzlich sollte die Erkenntnis bleiben, dass auch Improvisation gelingen kann, dass ungewöhnliche Entscheidungen nicht falsch sein müssen und es sich, wie Bergmann sagte, „auszahlt, beharrlich zu sein sein“.
Rückschläge erwartet der VfL-Trainer auch in Zukunft noch, aber er hofft, „dass wir Schritt für Schritt stabiler werden“. Was den unkontrollierten Schwung des Pendels allmählich bremsen sollte.