Bochum. Chong Tese, der glücklose Stürmer des VfL Bochum, war nach seiner enttäuschenden Leistung im Spiel gegen Energie Cottbus frustriert - wie viele seiner Kollegen auch. Dabei hat der VfL Bochum weit mehr als einen „Problemfall“.

Als es gut lief für Chong Tese beim VfL Bochum, hat er schon mal geflunkert. Mit Augenzwinkern zwar, aber deutlich wurde stets: Ich, Chong Tese, bin schnell, stark, gut. Von diesem Selbstbewusstsein, vom Ingolstadt-Spiel abgesehen zuletzt gesichtet vor fast einem Jahr, ist nicht viel übrig geblieben.

Jetzt hadert Tese, der bei einem Ja seines Arbeitgebers im Sommer schon in England gelandet wäre, oft mit sich selbst. Doch derart frustriert wie am späten Montagabend sah man ihn selten. Am liebsten wollte der Nordkoreaner, der so schnell so gut Deutsch lernte, abtauchen. Doch die Kultur in seiner Heimat lässt es wohl nicht zu, davon zu laufen, wenn japanische oder deutsche Journalisten um seine Meinung bitten.

Also teilte Chong Tese seine Zerrissenheit mit. Sie gipfelte in dem Satz: „Ich bin schuld, dass wir verloren haben.“

Eine Nacht später, am Dienstagmorgen nach der Regenerations-Arbeit im Kraftraum, wirkte der glücklose Stürmer - wie viele seiner Kollegen - noch ziemlich betrübt, aber nicht mehr wie am Boden zerstört: „Es geht schon besser“, sagte er. Trainer Andreas Bergmann, der den Sport an sich nie überhöhen will („Wir haben unnötig verloren, das tut richtig weh. Aber es ist immer noch ein Spiel“), hatte sich Tese geschnappt. „Es gibt keine Schuldigen bei uns. Es gibt nur Spieler, die nicht ihren besten Tag erwischt haben.“

VfL ohne Esprit und erkennbares Aufbäumen

Dazu zählte Tese, „aber nicht nur er“, wie Bergmann anmerkte nach diesem müden 0:1 gegen Cottbus ohne Esprit, ohne erkennbares Aufbäumen. Der Stürmer, nach Federico, Dabrowski und Maltritz schon der Erfahrenste auf dem Feld der ansonsten jungen Bochumer Mannschaft, misst sich, vielleicht mehr noch als andere Angreifer, an Toren. Drei hat er erzielt in dieser Saison - alle in Ingolstadt. Eine magere Bilanz bei zehn Einsätzen, davon zuletzt neun in Folge von Beginn an. Lustlosigkeit sollte man ihm - mittlerweile - nicht vorwerfen: „Tese hat zu viel gewollt“, stellte Bergmann sogar fest - und dabei das Ziel offenbar etwas aus den Augen verloren. Er agiert oft zu hektisch, manchmal zu eigensinnig - und dann wieder zu zögerlich. Wie in der Szene, die ihn so zermürbte, als er auf einen Elfmeter hoffte statt konsequent abzuschließen.

Tese bleibt, unabhängig von einem nach wie vor denkbaren Wechsel im Winter, ein Problemfall. Wobei man nicht vergessen sollte, dass gegen Cottbus auch Sturmkollege Daniel Ginczek zwar viel rannte, aber praktisch nichts bewirkte; dass von Takashi Inui, gemessen an seinem Potenzial, viel zu wenig Sinnvolles kam.

Und: Die größte Baustelle hatte und hat der VfL auf den Außenverteidiger-Positionen. Concha und Freier (rechts) fehlen ebenso wie Bönig (links) als Alternativen. Toski und Johansson gehören, wenn überhaupt, ins Zentrum. Matthias Ostrzolek und Björn Kopplin müssen spielen, immer wieder. Ostrzolek gewann keinen Kopfball, setzte keine Akzente nach vorne, war auch defensiv ein Schwachpunkt. Kopplin leistete sich viele Fehler, sah bei den zwei Großchancen von Cottbus - beim Pfostenschuss und beim 0:1, nachdem zuvor dem ansonsten guten Marcel Maltritz ein kapitaler Fehler unterlaufen war - schläfrig aus. Und dass der VfL in dieser Saison als einziger Zweitligist noch keinen Kopfballtreffer erzielte, liegt auch daran, dass kaum Flanken ankommen.

Auch interessant

Bergmann bleibt gerade bei jungen Spielern darauf bedacht, sie öffentlich nicht zu hart anzugehen. Entsprechend milde fiel sein Urteil aus, dass auch Ostrzolek und Kopplin nach „zuletzt stabileren“ Leistungen einen „schlechteren Tag“ hatten. Dass der VfL aber ohne stärkere Außenverteidiger keine großen Schritte weiterkommen kann, ist ihm nicht entgangen.

Das Problem: Der VfL dümpelt im Niemandsland herum, das Geld ist knapp. Zumal die Zuschauerzahl kaum steigen wird im Winter, gegen Aue oder Rostock.

Bergmann und Todt sondieren den Markt

Andreas Bergmann und Sportvorstand Jens Todt sind zwar längst dabei, den Markt zu sondieren. Aufgrund der sportlich wie wirtschaftlich unbefriedigenden Lage aber mit klarem Blick auf den Sommer, auf 2012/13.

Man ahnt, dass diese Saison noch sehr langatmig wird.

Weiter geht sie am Sonntag, das nächste Ziel heißt Braunschweig: „Wir müssen dort viele Dinge besser machen“, sagt Bergmann. Zum Beispiel, die „Ordnung zu halten“, auch wenn es nicht rund läuft - im zweiten Durchgang gegen Cottbus ging sie fast komplett verloren. Dabei bittet der Trainer, bei aller „verständlichen Enttäuschung“, auch um Geduld: „Wir haben viele junge Spieler, da gibt es Schwankungen. Diese Mannschaft braucht Zeit.“