Bochum.
Vier Punkte, 4:10 Tore, 17. Platz in der 2. Liga, der VfL im Rekordtief. Jens Todt (41), erst seit drei Monaten Sportvorstand des Zweitligisten, nimmt im Gespräch mit Redakteur Ralf Ritter Stellung.
Macht Ihnen Ihre Arbeit noch Spaß?
Jens Todt: An meinem Job habe ich Spaß, na klar. Aber natürlich verstehen wir auch die Wut und Enttäuschung der Fans. Wir im Verein sind alle unzufrieden mit der Situation. Und wir sind in der Pflicht, das Blatt zu wenden.
Vor allem der Trainer?
Todt: Die sportliche Leitung, der Trainer, die Mannschaft. Wir sind eine Einheit und uns unserer Verantwortung bewusst. Intern reden, diskutieren wir viel. Es gibt keinen Zweifel daran, dass das Verhältnis zwischen Mannschaft und Trainer intakt ist.
Wie lange zählt Friedhelm Funkel denn noch zu dieser „Einheit“?
Todt: Der VfL ist kein Verein, der ein Ultimatum stellt. Es bringt keinem etwas, den Druck durch die schlechten Ergebnisse mit irgendwelchen öffentlichen Parolen noch zu erhöhen. Es steht aber außer Frage, dass wir die Negativspirale beenden müssen. In der ersten Halbzeit gegen Fürth haben wir so gut gespielt wie nie in dieser Saison, von Phasen gegen St. Pauli abgesehen. Fakt ist aber auch: Wir sind nicht so stabil, um Rückschläge wegzustecken.
Das darf aber doch nicht heißen, dass man nach dem 1:2 gegen Berlin, 1:3 gegen Fürth den Kampf einstellt.
Todt: Ich habe schon den Eindruck, dass die Mannschaft sich wehren will. Aber sie hat derzeit nicht die Stabilität, den Erwartungen gerecht zu werden, verkraftet Nackenschläge nicht. Ein Erfolgserlebnis kann das alles ändern.
Was kann man denn in zwei Wochen tun, damit in Dresden dieses Erfolgserlebnis eintritt?
Todt: Wir müssen zum einen an den elementaren Dingen wie Zweikampfverhalten arbeiten. Zudem ist es wichtig, der Mannschaft zwar die Fehler aufzuzeigen, aber sie auch mental aufzurichten. Mit Gesprächen, aber auch im Training: Da muss eine positive Grundstimmung rein, bei gleichzeitig hoher Grundaggressivität.
Gutes Training, guter Charakter, Gespräche, alles oft gehört. Zuletzt nach dem 1:2 in Berlin. Es folgte ein 1:4.
Todt: Es gibt eben nicht den Zauberknopf. Ungeachtet dessen ist die Mannschaft intakt. Sie ist auf dem Platz manchmal zu anständig, da müssen die Spieler eine andere Körpersprache zeigen. Grundsätzlich gilt: Wir müssen die Lage sachlich analysieren, das tun wir jeden Tag. Wir müssen die positiven Dinge aus dem Spiel gegen Fürth mitnehmen, die gibt es. Und wir müssen die Fehler abstellen. Nicht zu vergessen: In dieser Saison waren wir bis dato, nicht zuletzt in Bezug auf Schiedsrichter-Entscheidungen, nicht vom Glück geküsst. Das muss man sagen dürfen, auch wenn das keine Entschuldigung ist.
In der Rückrunde war der VfL oft vom Glück geküsst. Die meisten Spieler durften bleiben. Hat man den Kader nicht überschätzt?
Todt: Wir haben einen großen und starken Kader, der unseren wirtschaftlichen Möglichkeiten entspricht. Fakt ist allerdings, dass wir diese Stärke nicht umgesetzt kriegen, sondern fleißig Geschenke verteilen. Dass junge Spieler im zweiten Jahr eine Delle kriegen, ist normal, wobei leider auch erfahrene Spieler zuletzt Fehler gemacht haben. Wir haben einige Verletzte, die noch zurückkehren. Bis Transferschluss holen wir keinen Spieler mehr, Panikkäufe gibt es bei uns nicht.
VfL-Verteidiger völlig von der Rolle
Etliche Spieler sind schon verletzt in die Vorbereitung gegangen, die „Dellen“ waren ebenfalls kalkulierbar.
Todt: Bei Mimoun Azaouagh deutete vieles darauf hin, dass er eher zurückkehrt. Ein Spieler mit seiner Kreativität und seinem Spielwitz hat uns sicher gefehlt. In dieser Woche wird er nun ins Mannschaftstraining zurückkehren. Auch Chong Tese ist jetzt wieder da. Das sind zwei Bausteine, die uns weiterhelfen werden.
Tese ist schon länger wieder da, als Reservist. Obwohl der Verein auf viel Geld verzichtet hat, als man ihn nicht nach England ziehen ließ.
Todt: Er ist erst seit zehn Tagen wieder richtig im Saft, er wird noch wichtige Tore für uns schießen. Die Aufstellung richtet sich ja nicht danach, wie viel Geld jemand wert ist oder er verdient. Sondern sie richtete sich nach den Trainingseindrücken und den gezeigten Leistungen. Tese hat gute Konkurrenz. Wer letztlich spielt, das ist die Entscheidung des Trainers.
Der ist abgerückt von seinem defensiveren 4-1-4-1 auf ein 4-2-3-1 - aber erst, seit Takashi Inui da ist. Zu spät?
Todt: Inui tut unserem Spiel gut. Es ist jedoch in meinen Augen müßig und einfach, hinterher zu sagen, die Umstellung kam zu spät, wenn man insgesamt nur vier Punkte hat. Fakt ist, dass unser System im Vergleich zur Vorsaison offensiver ausgerichtet ist.
Es fehlt aber auf den Außen das passende Personal dazu.
Todt: Slawo Freier ist ein guter Außenspieler, das hat er oft bewiesen. Denis Berger hat noch Anpassungsschwierigkeiten. Aber das werden wir in den Griff kriegen.
Reicht das, um nochmnal oben angreifen zu können?
Todt: Eine Serie hinzulegen wie im Vorjahr wird schwer. Die Liga ist ausgeglichen, andere Mannschaften sind derzeit stabiler. Im Moment brauchen wir über den Aufstieg nicht zu reden. Es ist eine Binse, aber wir müssen uns nur auf das nächste Spiel konzentrieren. Wir müssen Punkte holen.
Viele Fans glauben ohnehin nicht mehr an den Aufstieg, viele gehen nicht mehr ins Stadion. Könnte sich der VfL ein drittes Zweitliga-Jahr leisten?
Todt: Wir sind wirtschaftlich solide aufgestellt, da gibt es kein Harakiri. Dass der Etat, wie schon in diesem Jahr, weiter gekürzt werden müsste, ist normal. Aber wir haben nicht Haus und Hof riskiert, um auf jeden Fall aufsteigen zu müssen.