Bochum. Heiko Herrlich hat eine der undankbarsten Aufgaben in der Bundesliga übernommen. Der neue Trainer des VfL Bochum soll mit einer angejahrten Mannschaft kurzfristig den Klassenerhalt schaffen, aber gleichzeitig die Zukunft planen. Und Herrlichs Name steht für Verjüngung.

Mimoun Azaouagh mochte es nicht glauben. Es gäbe Fotos, wurde ihm gesagt, auf denen zwei Menschen während des Trainings zu sehen seien - lachend und scherzend; einer der beiden Herren sei er selbst, der andere Heiko Herrlich. Ungläubig schaute der Mittelfeld-Spieler im Weggehen zurück und sagte dann: „Das wüsste ich aber.”

Andere Szene. Als der VfL Bochum das Spiel eins unter Heiko Herrlich verloren und in Frankfurt einmal mehr maßlos enttäuscht hatte, warf der 37-Jährige seinem Co-Trainer Iraklis Metaxas für einen Moment einen Blick zu, in dem sämtliche negativen Emotionen des Augenblicks gebündelt waren: Enttäuschung, Erschrecken und die jähe Erkenntnis, dass der gewählte Weg kein leichter sein wird. Vielleicht hat Herrlich also doch noch nicht so ganz gewusst, auf was er sich da einließ, als er ein paar Tage zuvor sagte: „Die Aufgabe hier ist eine Riesenherausforderung für mich. Mir hat keiner die Pistole an den Kopf gesetzt und gesagt: Du musst das machen.”

Undankbarsten Aufgaben in der Liga

Vielleicht hat er sich auch die eine oder andere falsche Vorstellung von seiner künftigen Mannschaft gemacht, als er, noch U 19-Trainer, seinen Mentor Matthias Sammer in München aufsuchte, ihn um die sofortige Freigabe bat und das „Aber” des DFB-Sportdirektors nicht gelten ließ.

Denn der einstige Klassestürmer hat sich eine der undankbarsten Aufgaben in der Liga aufgehalst. Herrlich muss einen veritablen Spagat hinkriegen. Es gilt, mit einer angejahrten Mannschaft, der im Laufe der Zeit so etwas für den Erfolg Wichtiges wie die unbeschwerte Lust am Spiel abhanden gekommen ist, die Saison zu überstehen, ohne in den Niederungen der Zweiten Liga zu landen. Einerseits. Andererseits muss er die Zukunft planen. Herrlichs Name steht für Verjüngung. Seine Verpflichtung ist, aus Sicht des Vereins, ein Signal nach innen und nach außen: Seht her, ihr Talente, jetzt weht in Bochum ein anderer Wind. Kommet zuhauf, hier könnt ihr was werden! Das Leben hat sich verändert für Heiko Herrlich. Er steht jetzt unter Beobachtung, muss sich Respekt verschaffen, dabei aber falsche Töne vermeiden; oder, wie Sportvorstand Thomas Ernst es formuliert: „Er muss die etwas wackeligen Charaktere in unserer Mannschaft mit filigraner Arbeit anschieben.”

Manchmal liegt der Neue in seiner bildhaften Sprache noch daneben, zum Beispiel wenn er über Kindererziehung spricht, aber den Umgang mit den Spielern meint, von denen nicht wenige nur ein paar Jahre jünger sind als er selbst es ist. Oder wenn er von großen und kleinen Tieren, von Katzen und Löwen spricht und die Naturgesetze bemüht, um zu beschreiben wo er hin will. Heiko Herrlich mit dem VfL Bochum auf der Jagd, Angst und Schrecken im Wald wie in der Savanne verbreitend, so richtig passt das nicht.

"Authentisch bleiben"

„Ich habe viel gelernt, muss aber authentisch bleiben”, hat er kurz nach seiner Ankunft in Bochum gesagt. Tatsächlich muss Heiko Herrlich seinen Stil wohl noch finden in dieser neuen Gewichtsklasse, die einem Fußball-Lehrer mehr abverlangt als taktisches Verständnis, Einfühlungsvermögen und konzeptionelles Denken. Es geht ja nicht mehr darum, das DFB-Präsidium zufrieden zu stellen, sondern es müssen Woche für Woche Zigtausende davon überzeugt werden, dass es gut, schön und richtig ist, den VfL Bochum im Stadion zu unterstützen.

Auch heute, wenn Freiburg zum „Sechs-Punkte-Spiel”, wie der ehemalige Bochumer und aktuelle SC-Kapitän Heiko Butscher die Partie genannt hat, erscheint. Als gut getimte Einstimmung darauf hat der VfL Bochum die Vertragsverlängerung von Stürmer Stanislav Sestak (bis 2013) verkündet. Der Kontrakt gilt auch für die Zweite Liga. Womit er was gemeinsam hat mit Heiko Herrlich.