Bochum. „Ich freue mich vielleicht anders als andere Menschen. Ich hatte nicht einmal einen Disput mit dem vierten Mann.” Frank Heinemann vermochte nicht nachzuvollziehen, warum ihn in den Schlussminuten der Bannstrahl des Unparteiischen getroffen hatte.
Jenseits der Umrandung, die den Rasen von den Tribünen trennt, erlebte der 44-Jährige den Abpfiff einer Partie, die ein glückliches Ende für den VfL bereit hielt, aber auch eine unbeantwortete Frage: Wie wäre es weitergegangen mit dem VfL Bochum und dem Deutschen Meister VfL Wolfsburg, wenn Dr. Jochen Drees Shinji Ono nicht die zweite Gelbe Karte und damit Gelb-rot unter die Nase gehalten hätte?
Eine andere Frage, die an diesem stimmungsvollen Nachmittag nur wenigen das Hirn zermartert haben dürfte, führt auch nicht wesentlich weiter, sollte aber gestellt werden dürfen: Warum befand sich Ono nach einer Stunde Spielzeit immer noch auf dem Platz? Bereits nach 30 Minuten war doch nicht zu übersehen, dass der Japaner, der am Ball alles kann, dem es aber deutlich an der Bundesliga-adäquaten Fitness fehlt, dem Tempo nicht mehr folgen konnte und kaum noch Ballkontakte hatte.
Schade, dass der bereits verwarnte Ono gegen Josue den entscheidenden Tick zu spät kam, dass Schiedsrichter Drees, wie VfL-Vorstand Ansgar Schwenken sagte, anschließend das nötige „Fingerspitzengefühl” vermissen ließ und dass die mit ihren zwei Viererketten, die das Spiel nach vorne durchaus variabel entwickelten, bis dahin sehr gut auf den spielstarken Gegner eingestellte Bochumer Mannschaft nicht die Gelegenheit bekam, den knappen Vorsprung in voller Sollstärke zu verteidigen.
Zufrieden waren die VfL-Anhänger dennoch, trotz Zdekos Treffer, der die Hoffnungen auf die Sensation zunichte machte, und trotz der letzten halben Stunde, in der die Wolfsburger einen Dauerdruck entwickelten, dem kaum standzuhalten war. Man stand hinter der Mannschaft, nicht nur weil sie aufopferungsvoll kämpfte, sondern weil sie zuvor ansehnlich mitgespielt und die Partie über weite Strecken offen gestaltet hatte.
Frank Heinemann wird nun vermutlich die Gelegenheit bekommen, die Mannschaft in Ruhe auf das Ruhrgebietsderby in Dortmund vorzubereiten. Seine eigene Situation, mit der er nach eigener Aussage „gut leben kann”, hat sich nicht verändert, aber in den knapp zwei Wochen bis zum nächsten Spiel wird sich die personell ziemlich angespannte Situation des Teams positiv verändern. Möglicherweise kehren sogar sämtliche zuletzt fehlenden Spieler bis dahin zurück, mit Ausnahme vielleicht von Kevin Vogt. Stanislav Sestak hofft jedenfalls darauf, dass sein Mittelhandbruch bis zum 14. Oktober so weit ausgeheilt ist, dass er das WM-Qualifikations-Spiel für die Slowakei in Polen bestreiten kann. Vier Tage später wird die Partie in Dortmund angepfiffen.
Dann wird vermutlich auch der äußerst erfolgreiche Bundesliga-Schnupperkurs von Andreas Luthe vorerst beendet sein. Der „Lange” darf mit seinem überraschenden Einstieg sehr zufrieden sein: Vier Punkte, keine Niederlage, nur ein Gegentor - das kann sich sehen lassen. Luthe tritt - erheblich aufgewertet - ins zweite Glied zurück.