Bochum. Bochum feierte das 1:1 bei Hertha wie einen Sieg, ist aber nur noch Sechzehnter. Dennoch macht der Auftritt von Fans und Team Mut. Ein Kommentar.

Was für Emotionen, was für eine Dramatik in Berlin. Der VfL Bochum hat in letzter Sekunde noch den Ausgleich erzielt, Hertha in Liga zwei geschossen und damit Schalke weiterhin einen Punkt hinter sich gelassen.

Die fantastischen Fans feierten das Tor von Keven Schlotterbeck wie einen Sieg, die Spieler zunächst auch. Trainer Thomas Letsch war wohl der Erste, der seine Glücksgefühle schnell wieder unter Kontrolle hatte. Sicherlich wollte er kein Spielverderber sein. Aber seine Botschaft war so klar wie wichtig: „Mir wird zu viel gefeiert. Wir haben noch nichts erreicht“, sagte er.

Einen Tag später gilt das erst Recht: Stuttgart ist vorbeigezogen mit einem 4:1 in Mainz, der VfL nur noch oder, je nach Perspektive, immerhin noch Sechzehnter. Alles ist möglich am letzten Spieltag: Rettung, Relegation, Abstieg. Für den direkten Klassenerhalt aber benötigt Bochum Schützenhilfe.

Denn den anvisierten Sieg hat Bochum verpasst bei der Hertha.

Fußballerisch kein Glanzstück - dennoch macht das 1:1 Mut

Dennoch macht die Art, wie Bochum das Remis holte, Mut für das Saisonfinale. Leidenschaft, Einsatz, Wille, Moral, all diese Basis-Tugenden warf Bochum in die Partie und verdiente sich den Punkt; wohl wissend in der nüchternen Rückschau, dass der VfL auch nicht zum ersten Mal in dieser Saison das nötige Matchglück hatte.

Fußballerisch war es kein Glanzstück. Die Schwächen im letzten Drittel, im Abschluss waren erneut nicht zu übersehen. In der kommenden Saison will Trainer Letsch mehr Varianz einstudieren, dafür auch auf Dreierkette umstellen.

Am liebsten in der Bundesliga.

Jetzt geht es nur um Kraft, Bereitschaft, mentale Stärke. Um Punkte. Um die Rettung. Dass der VfL als Team funktioniert und alles investiert, hat er in den letzten zwei Partien nach dem so ernüchternden 0:2 in Mönchengladbach bewiesen.

Auch dank der unfassbaren Unterstützung der Fans, die in Berlin einen Rekord aufstellten: Rund 12.000 Fans des VfL waren noch nie bei einem Bundesliga-Auswärtsspiel dabei. Nach dem 0:2 gegen Schalke und dem 2:3 gegen Stuttgart mit üblen Szenen sind die Massen und ihr Team geradezu filmreif vereint. Das ist nicht selbstverständlich, es gab in Bochum schon ganz andere Zeiten. Spieler, Trainer, Verantwortliche loben diesen gelebten Zusammenhalt seit Wochen. Die Fans, sagte Sportchef Marc Lettau, sind ein Faustpfand im Kampf um den Klassenerhalt.

Für Leverkusen geht es um Europa, für Schalke-Gegner Leipzig ums Warmhalten

Der aber ist noch lange nicht gewonnen. Mit Leverkusen kommt eine starke Mannschaft ins Ruhrstadion, die noch um einen internationalen Platz kämpft. Für Bayer ist die Saison danach beendet – für Leipzig nicht. RB hat den Champions-League-Platz sicher, gegen Schalke geht es für die Sachsen nur darum, sich warmzuhalten vor dem Pokalfinale. Und, das dürfen die VfL-Fans hoffen: Sich vernünftig zu verabschieden vom eigenen Publikum. Leipzig ist Favorit – aber auch Schalke zeigte gegen Frankfurt erneut Comeback-Qualitäten.

Gewinnen Schalke in Leipzig und Stuttgart gegen die bereits gerettete TSG Hoffenheim, muss auch Bochum gewinnen, um den Relegationsrang zu halten. Gewinnt Stuttgart nicht, wäre der Klassenerhalt bei einem Sieg geschafft. Auch ein Remis könnte bei passenden anderen Ergebnissen reichen, selbst eine Niederlage für Rang 16, wenn Schalke verliert.

Aber eben nur dann.

Der Klassenerhalt - auch über die Relegation - wäre eine großartige Leistung

Fakt ist: Die Rettung über die Relegation wäre kein Glück, sondern eine großartige Leistung des Abstiegskandidaten Nummer eins mit dem geringsten Etat der Liga; eine starkes Stück von Trainer Letsch, seinem Team und den Fans. Mit dem Willen der letzten zwei Spiele und den Fans im Rücken hat Bochum weiterhin gute Karten. Er hat es in der Hand, seine letzten Trümpfe auszuspielen. Und sei es in der Nachspielzeit.