Bochum. Der VfL Bochum hat gegen Augsburg sogar ein Spiel gewonnen, das er dominiert hat. Ein Widerspruch? Nein, erklärt Kolumnist Michael Eckardt.

Einmal noch in dieser Spielzeit wird das Ruhrstadion zum Hexenkessel. Angesichts des fantastischen Rückhalts von den Rängen erlaube ich mir ausnahmsweise diese leicht ranzige Stanze vom Hexenkessel zu Papier zu bringen. Denn ohne den unglaublichen Druck von den Tribünen wären die erstaunlichen Nehmer- und Stehaufmännchen-Qualitäten dieser Bochumer Mannschaft wohl kaum so stark ausgeprägt.

Wenn man gerade denkt, es geht nichts mehr beim VfL, dann werfen „Toto“ Losilla und Co. wieder alles rein und gewinnen sogar ein Heimspiel, das sie zuvor dominiert hatten. Ein Widerspruch? Nein.

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In drei der vier letzten Partien auf eigenem Rasen vor dem 3:2 gegen Augsburg ist der Elf von Thomas Letsch das nämlich nicht gelungen. Beim 1:5 gegen Wolfsburg, beim 2:3 gegen Stuttgart und beim bitteren 0:2 gegen Schalke sprachen nämlich fast alle Zahlen bis auf das Ergebnis für die Bochumer.

Viel Ballbesitz auch gegen Schalke - aber andere Dynamik gegen Augsburg

Besonders die Niederlage gegen den Nachbarn aus Gelsenkirchen hatte es in sich: 63 Prozent Ballbesitz wies die Statistik für die Hausherren aus, 403:230 Pässe wurden gespielt, selbst die Passquote sah den VfL mit 73:59 Prozent klar vorne. Die Punkte aber sackte auch in diesem Fall der Gegner ein, weil Letschs Team die entscheidenden Fehler machte.

Fehler wurden auch gegen Augsburg gemacht, aber in dieses Spiel ging die Mannschaft mit einer anderen Dynamik und einer anderen Haltung als noch eine Woche zuvor in Mönchengladbach. Und sie begann mit einer anderen Positionierung. Inzwischen dürfte klar sein, dass Erhan Masovic, was die im Mittelfeld geforderte Bewegungsfreude mit und ohne Ball angeht, doch am besten in der Innenverteidigung aufgehoben ist, und Takuma Asano mit der Spielmacher-Rolle von Kevin Stöger, sagen wir mal, ein wenig fremdelt. Trainer mögen zwar variable Spieler besonders gerne, aber die Akteure haben nun einmal ihre Stärken und ihre Schwächen.

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Heintz und Janko überzeugen gegen Augsburg

Die Aufstellung in Mönchengladbach war allerdings auch zum Teil aus der Not geboren, und diese Not könnte nun gelindert sein. Heißt: Vielleicht stehen Patrick Osterhage und Moritz Broschinski im Saison-Finale wieder zur Verfügung. Cristian Gamboa dürfte sich nach seinem Kaltstart im Anschluss an die lange Verletzungspause wieder ein wenig erholt haben. Und unter Umständen hat sogar Danilo Soares den Kopf ein wenig frei bekommen.

Gut wäre das, auch wenn Dominique Heintz, von seinem zu laschen Zweikampf vor dem zwischenzeitlichen Ausgleichstor abgesehen, gegen Augsburg überzeugen konnte, und Saidy Janko gegen die bayerischen Schwaben sein bisher sicher bestes Spiel für den VfL gemacht hat – geradlinig, aufmerksam, ohne Schnickschnack und vor allem konsequent.

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Jeder Hertha-Akteur spielt auch um seine eigene Zukunft

So muss es weiter gehen, denn man darf sich nicht von der sportlichen und wirtschaftlichen Misere rund um die Hertha blenden lassen. Es steht am Samstag ein harter Gang bevor, die Berliner haben nichts mehr zu verlieren. Und jeder Hertha-Akteur im Olympiastadion spielt auch um seine eigene Zukunft, ob die nun weiterhin in der Hauptstadt liegen wird oder anderswo.

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Mit halber Kraft, Zaghaftigkeit und langer Leine wird dort nichts zu holen sein. Man muss dem Gegner von Beginn an den Spaß am Spiel nehmen, ihn nerven und demotivieren, dann kann wahr werden, was der gegen Augsburg formidable VfL-Kapitän „Toto“ Losilla so formuliert hat: „Am Ende können wir Großes erreichen.“ Und wenn es wie in einem schönen Traum laufen sollte, dann wäre der Hexenkessel ganz am Ende im eigenen Stadion lediglich der sportliche Schlusspunkt einer langen Riesenparty.