Bochum. Philipp Hofmann kennt sich mit Abstiegskampf-Dramatik aus. Der zuletzt torlose Bochumer Stürmer erklärt, warum er bereit ist für den Endspurt.

Sein noch recht neues Nasen-Piercing glitzert goldfarben in der Sonne, es bildet einen Kontrast zum Gesichtsausdruck von Philipp Hofmann nach dem langen Training. Erschöpft sieht er aus. So wie es nach einer Einheit ja auch sein soll zu Wochenbeginn. Die Saison, räumt der gesetzte Stoßstürmer des VfL Bochum vor dem viertletzten Spiel bei Borussia Mönchengladbach am Samstag (15.30 Uhr/Sky) ein, sie war bisher schon fordernd. Doch er betont: „Ich habe noch genug Körner für den Endspurt.“

Philipp Hofmann ist der Dauerläufer beim VfL Bochum

Hofmann hat in dieser Saison als einziger Bochumer Feldspieler alle 33 Pflichtspiele bestritten, fast immer von Beginn an, oft über die komplette Distanz. Zuletzt kam er nicht mehr so häufig zum Abschluss, wirkte etwas müder als gewohnt gegen Wolfsburg (1:5), am Ende auch gegen Dortmund (1:1). Gegen Wolfsburg aber war er nach Erkältung/Halsschmerzen angeschlagen ins Spiel gegangen, wurde erstmals bereits zur Pause ausgewechselt.

Ziemlich platt nach 70 Minuten gegen Hummels und Süle

Gegen den BVB war er immer noch leicht geschwächt, hatte nicht alle Trainingseinheiten absolviert vor dem Freitagabendspiel, erklärt der gebürtige Arnsberger. Hofmann hielt 70 Minuten durch gegen Mats Hummels und Niklas Süle, „da war ich schon ziemlich platt“, sagt er. „Jetzt gibt es aber eine normale Woche, und es ist alles ausgestanden.“ Zu müde für den Klassenerhalt? Auf keinen Fall!

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„Ich spiele meine erste Bundesliga-Saison, das merke ich schon. Am Anfang musste ich mich ans Tempo und die Spielweise gewöhnen, dann war ich drin“, sagt Hofmann. Vor allem: „Jetzt ist auf jeden Fall noch genug Kraft da. Im Endspurt bin ich immer gut dabei.“

Drei Treffer gegen Bielefeld, Retter-Tor gegen Fürth: Hofmann kann Abstiegskampf

Hofmann hat im Saisonfinale oft Nervenschlachten erfolgreich bestritten. Er erinnert insbesondere an seine erste Saison in Karlsruhe. Abstiegskampf pur in der 2. Liga. In der Saison 2019/20, also nach der Corona-Pause und vor leeren Rängen, stand der KSC vor dem vorletzten Spieltag auf Rang 16 mit drei Punkten Rückstand auf Nürnberg und nur zwei Zählern Vorsprung auf Wehen Wiesbaden. Der Absturz, der Verlust von Arbeitsplätzen beim Klub drohte.

Hofmann erzielte drei seiner 17 Tore beim 3:3 gegen Aufsteiger Bielefeld – nach einem frühen 0:3-Rückstand. Einmal traf er mit links, zweimal per Elfmeter.

Letzter Spieltag, „Endspiel“ in Fürth. Die Franken legten vor. Hofmann bereitete den Ausgleich vor – und erzielte selbst das erlösende 2:1 nach 61 Minuten. Es war der Rettungs-Treffer. Der KSC kletterte auf Rang 15 dank des besseren Torverhältnisses, weil Nürnberg in Kiel nur 1:1 spielte.

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Mentale Stärke ohne Mentalcoach: So bereitet sich Hofmann vor

Hofmann kennt sich also aus mit der großen Belastung auf den letzten Metern. Auch das gibt ihm Kraft und Optimismus. „Ich habe den Vorteil, solche extremen Situationen schon öfter durchgemacht zu haben, mit dem KSC war es damals dramatisch.“ Hilfe von außen, etwa von einem Mentalcoach, benötigt der Sauerländer nicht: „Ich mache das schon mit mir selbst aus.“ Seine Familie, auch freie Tage in der Heimat geben ihm Stärke. Er versuche, „auch mal abzuschalten, ohne die Fokussierung zu verlieren.“

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Für die gesamte Mannschaft, den Klub, das Umfeld gelte es jetzt, „die Ruhe zu bewahren.“ Trotz des 1:1 gegen den BVB, einem „absolut verdient erkämpften Punkt“, ist Bochum ja nur noch Sechzehnter, punktgleich mit Stuttgart und einen Zähler hinter Hoffenheim. Einen Punkt liegt der VfL vor Schalke. Stuttgart und Schalke gewannen zuletzt. „Es war klar, dass sie auch mal ein Spiel gewinnen. Deshalb müssen wir jetzt keine Panik schieben. Wir müssen auf uns gucken und unser Spiel gewinnen. So fahren wir nach Gladbach.“

Tor-Krise? Es liegt nicht nur an Stürmer Hofmann

Mit Sicherheit wird der VfL im Borussia-Park wieder mit Hofmann als Stoßstürmer loslegen. Acht Tore hat er erzielt in dieser Saison, einen Treffer aufgelegt, eine gute Bilanz. Allerdings „knipste“ er in der Rückrunde bisher nur zweimal, gegen Hoffenheim zum 1:0 beim 5:2 und zuletzt zum 2:3 gegen Stuttgart. Hofmann in der Tor-Krise?

„Ich hoffe, dass ich noch wichtige Tore erziele, als Stürmer will man immer treffen“, sagt er. Gegen Dortmund hatte er eine gute Möglichkeit, sein Schuss kurz vor der Pause ging knapp rechts vorbei. „Leider fehlten ein paar Zentimeter“, so Hofmann. „Aber ich mache mir da jetzt keinen Druck. Es wäre schön, wenn ich noch wichtige Tore erziele am Ende der Saison. Wenn sie ein anderer macht, ist das genauso gut. Hauptsache, wir haben als Team Erfolg.“

Bei Kopfballduellen ist Hofmann die Nummer eins der Liga - weit vor Füllkrug

Es gibt ja auch noch andere Zahlen als nur die Treffer, die Hofmanns Stärken als Ballabnehmer und -verteiler, als Wandspieler eindrucksvoll belegen. Mit 233 gewonnenen Kopfballduellen ist er in der Bundesliga in diesem DFL-Ranking die klare Nummer eins vor Bremens Nationalspieler Niclas Füllkurg (157). Bei den gewonnen Zweikämpfen (404) belegt er ligaweit Platz zwei hinter Jude Bellingham vom BVB (455).

Dass Hofmann zuletzt weniger Gefahr ausstrahlte in der gefährlichen Zone, hat auch etwas mit Mitspielern und den Gegnern zu tun. Die Konkurrenten „analysieren uns ja auch“, sagt Hofmann. Sie haben sich längst besser auf das Spiel des VfL mit (mitunter zu vielen) langen Bällen Richtung Hofmann eingestellt. Oft kümmern sich gleich zwei Verteidiger um ihn, zuletzt Hummels und Süle. „Da ist es natürlich schwer, die Bälle direkt zu erobern. Wenn ich sie dann gut weiterleite, ist es auch okay.“

Hofmann: Mönchengladbach ist eine „Wundertüte“

Insgesamt müsse „der Mix“ stimmen, sagt er, müsse man vielleicht etwas häufiger „andere Lösungen finden als den langen Ball“. Unterm Strich sei das in den letzten Wochen aber gelungen, so Hofmann. Auch Trainer Thomas Letsch denkt in dieser Richtung, ein Quäntchen Glück habe gefehlt zudem, letztlich müssten ihn seine Mitspieler wie die Außen Takuma Asano und Christopher Antwi-Adjei oder auch Kevin Stöger aus der Zentrale besser in die Abschluss-Position bringen - und Hofmann selbst sich diese Situationen auch „erarbeiten“, so Letsch.

In Mönchengladbach jedenfalls soll Zählbares her. Im Hinspiel siegte der VfL mit 2:1, Hofmann erzielte das 2:0. Vielleicht ein gutes Omen. Der Stürmer sagt: „Gladbach ist ein bisschen ein Wundertüte. Sie haben viel individuelle Klasse, eine super Mannschaft. Aber wir wissen, wie wir gegen Gladbach gewinnen können. Wir müssen wieder dreckig spielen und über unsere Mentalität zum Erfolg kommen.“