Bochum. Vor dem viertletzten Spieltag waren alle Profis des VfL Bochum im Mannschaftstraining. Gladbach ist angeschlagen: Fakten, die Bochum Mut machen.

Fast zwei Stunden dauerte die erste Trainingseinheit des VfL Bochum in dieser Woche. Die wenigen Beobachter hatten Zeit, in Ruhe durchzuzählen: Vier Torhüter, 23 Feldspieler waren aktiv am Ball bei verschiedenen Spielformen. Vor dem viertletzten Spiel der Saison bei Borussia Mönchengladbach am Samstag (15.30 Uhr/Sky) hat der Bundesligist keinen einzigen Ausfall zu beklagen – vielleicht ein historischer Wert.

In jedem Fall spricht es für eine gute Belastungssteuerung, für die medizinische Abteilung – und bedeutet für Trainer Thomas Letsch, „einen guten Konkurrenzkampf, viele Möglichkeiten zu haben. Ich hoffe, dass so bleibt“, sagte er nach der Einheit gegenüber dieser Redaktion. Allerdings erwähnte er auch die Schattenseiten der großen Auswahl: „Von den 27 Spielern fangen elf an. Es ist normal, dass dann nicht alle hundertprozentig glücklich sind.“

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Beim Gegner sieht das anders aus. Überhaupt scheint die Stimmungslage derzeit mehr für Bochum als für Mönchengladbach zu sprechen. Fakten, die Bochum Mut machen – mit gewissen Einschränkungen.

Personal: Kein Ausfall bei Bochum, Stammkräfte fehlen bei Gladbach

Personal. Der VfL ist komplett. Verteidiger Keven Schlotterbeck war bereits vergangene Woche wieder ins Mannschaftstraining zurückgekehrt. Mittelfeldmann Philipp Förster hat seine Achillessehnen-Probleme überstanden. Wobei Letsch einschränkte, dass man „abwarten muss, wie die Achillessehne auf die größere Belastung reagiert“. Gesundheitlich leicht angeschlagen waren Cristian Gamboa und Moritz Broschinski, aber trotzdem am Ball.

Gamboa gab beim 1:1 gegen den BVB ja sein Startelf-Comeback nach dreimonatiger Verletzungspause, trotz einer Erkältung. Nach der Pause, erklärte Letsch, bekam er „die zweite Luft“, nach rund 70 Minuten ging er völlig erschöpft vom Feld. Ihn ersetzte dann Saidy Janko. Auch Danilo Soares, gegen den BVB leicht angeschlagen ausgewechselt nach einem für ihn schweren und schwachen Spiel gegen Dortmunds Top-Außenstürmer Donyell Malen, trainierte komplett mit.

Anders die Lage bei Borussia Mönchengladbach. Definitiv fehlen wird Innenverteidiger Ko Itakura, der beim schwachen Auftritt der Fohlen in Stuttgart (1:2) die Rote Karte sah. Torjäger Marcus Thuram (13 Treffer) wird nach einem Muskelfaserriss, den er sich beim letzten Heimspiel gegen Union Berlin zugezogen hatte (0:1), noch ausfallen. In Stuttgart fehlten auch Linksverteidiger Ramy Bensabaini (Hüftprobleme) und der gesetzte Mittelfeldmann Manu Kone (Oberschenkelverletzung). Der Ex-Bochumer Christoph Kramer indes stand nach Verletzung und Krankheit wieder im Kader, könnte gegen den VfL in die Startelf rotieren.

Stimmung: In Mönchengladbach herrscht dicke Luft

Das 1:1 gegen den BVB war für den VfL ein gefühlter Sieg, gibt Selbstvertrauen. Gladbach enttäuschte in Stuttgart erneut. Vom Verein gestützt, wird Trainer Daniel Farke öffentlich und von vielen Fans angezählt. Es brodelt. Etliche Stammkräfte verlassen sicher den Klub: Thuram, Bensabaini, der vor einem Wechsel zum BVB steht, und Kapitän Lars Stindl etwa (kehrt zum Karlsruher SC zurück). Die Fans erwarten einen Sieg – glückt Bochum ein guter Auftakt, kann die Stimmung im Stadion schnell kippen. Dagegen passt zwischen die Fans und das Team beim VfL Bochum „derzeit kein Blatt Papier“, wie Kaderplaner Marc Lettau sagte.

Letsch-Tabelle: Gladbach liegt hinter Bochum

Nach sieben Spieltagen hatte Bochum einen Punkt, holte dann unter Trainer Thomas Letsch 27 Zähler – Rang elf in diesem Zeitraum. Gladbach kam in dieser Phase nur noch auf 24 Punkte (Platz 16). Damit sind die Borussen insgesamt noch Zehnter, ohne Gefahr Richtung 2. Liga, ohne Hoffnung Richtung Europa. Es geht nur noch um einen versöhnlichen Ausklang nach enttäuschender Saison. Für Bochum, derzeit Sechzehnter, geht es um das zweite Wunder Klassenerhalt. Es zählt jeder Punkt.

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In diesem Jahr gewann Gladbach nur drei Partien: in Hoffenheim (4:1), gegen die Bayern (3:2) und zuletzt vor knapp vier Wochen gegen Wolfsburg (2:0). Dem stehen fünf Remis und fünf Niederlagen gegenüber. Aber auch Bochums letzter Sieg liegt länger zurück: Nach dem 1:0 gegen Leipzig gab es drei – durchaus bemerkenswerte – 1:1-Remis in Frankfurt, Union Berlin und gegen Dortmund sowie zwei – enttäuschende – Heimniederlagen gegen Stuttgart (2:3) und Wolfsburg (1:5). Positiv gesagt für den VfL: Bochum ist dank des 2:0 in Köln zuvor seit drei Auswärtsspielen unbesiegt.

Zweikampf und Sprints: Hier ist Bochum vor Mönchengladbach

In etlichen relevanten Statistiken liegt der VfL laut DFL-Zahlen vor Mönchengladbach, mitunter stecken beide tief unten drin. Also die Mutmacher: Bei den gewonnenen Zweikämpfen ist Bochum Vierter (3159) – Gladbach Vorletzter (2835). Erstaunlicherweise liegt der so defensivstarke 1. FC Union Berlin noch dahinter, was einmal mehr zeigt, dass eine Statistik für sich genommen längst nicht alles erklären kann. Daher nur noch zwei Zahlen dazu: bei den Sprints ist Gladbach Schlusslicht (Bochum: 13.), bei den intensiven Läufen Vorletzter (Bochum 16.).

Spielart: Gladbacher Ballbesitz-Fußball dürfte Bochum liegen

Gladbach liegt beim Ballbesitz auf Rang vier mit 52 Prozent hinter Bayern, Leipzig, Dortmund. Gegnerische Teams mit viel Ballbesitz kommen Bochum im Grundsatz entgegen, das hat die bisherige Saison gezeigt. Hatte der VfL mehr den Ball, hat er meist nichts gewonnen.

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„Gladbach hat einen ganz klaren spielerischen Ansatz“, sagt VfL-Trainer Letsch. „Wir kommen eher über die Aggressivität gegen den Ball.“ Die Marschrichtung ist damit klar. Taktisch ginge es jetzt nicht mehr darum, „etwas Kompliziertes im Training zu machen“, so Letsch. „Wir müssen die Gladbacher nicht überraschen. Wir müssen ihnen unser Spiel aufzwingen. Wenn sie ins Spielen kommen, die Linien überspielen, haben sie eine hohe Qualität.“ Kontinuität also ist gefragt – vermutlich trotz der erwähnten Auswahl mit der gleichen Startelf wie zuletzt gegen den BVB.

Hinspiel: Der VfL hat gezeigt, wie man Gladbach schlagen kann

Bochum gelang es beim 2:1 im Ruhrstadion, Gladbach eben nicht ins Spiel kommen zu lassen. „Wir waren sofort präsent, das müssen wir wieder sein“, sagt Letsch. Christopher Antwi-Adjei und Philipp Hofmann brachten den VfL früh mit 2:0 in Führung (7./11.). Gladbach konnte nur noch verkürzen (Alassane Plea/62.).

Fazit: Letsch warnt vor „Überraschungspaket“ Mönchengladbach

Unterm Strich könnte man meinen, dass die Partie beim zuletzt arg leblos wirkenden Team aus Mönchengladbach von den letzten vier Spielen die einfachste Aufgabe ist für Bochum. Danach geht es gegen das Mentalitätsteam vom FC Augsburg, der noch gegen den Abstieg kämpft. Es geht auswärts zum dann vielleicht wieder hoffendenden Schlusslicht Hertha BSC. Es geht zum Abschluss gegen die form- und spielstarken Leverkusener, die dann vielleicht noch um die Europa-League kämpfen müssen.

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Letsch will von all den Mutmaßungen nichts wissen, Rechnen und Prognosen erstellen sollen andere. Er fokussiert sein Team auf die nächste Aufgabe – und warnt. „Die Gladbacher haben etwa mit ihren Siegen gegen Bayern und Dortmund gezeigt, dass sie zu allem Möglichen fähig sind“, so Letsch. Aber: „In anderen Spielen hat man gesehen, dass sie schlagbar sind. Gladbach ist ein bisschen ein Überraschungspaket. Es wäre ein großer Fehler, sie zu unterschätzen und zu sagen, die Ergebnisse stimmen gerade nicht, wir haben sie im Hinspiel geschlagen.“

Letsch erwartet erneut ein „ganz enges Spiel, bei dem es wie zuletzt um Kleinigkeiten geht, um das Pendel auf unsere Seite zu ziehen. Daran arbeiten wir, das müssen wir dann am Samstag auf den Platz bringen.“