Bochum. Die Misere des VfL Bochum lässt sich personalisieren, so Michael Eckardt in seiner Kolumne. Er erklärt, warum das Schalke-Derby ein Finale ist.
Ohne eine funktionierende Defensive, ohne maximale Fokussierung und Einsatz- sowie Laufbereitschaft und ohne Konsequenz in den Zweikämpfen ist der VfL in der Bundesliga chancenlos. Das bekommen die Bochumer Fans, die ihre Mannschaft nach wie vor unverdrossen auch auswärts anfeuern, fast alle zwei Wochen vorgeführt – zuletzt in Bremen.
Der Mut machende Start ins Jahr 2023 ist bereits Geschichte, die gute Ausgangsbasis im Kampf gegen den Abstieg dahin. Und pünktlich zum Derby der zwei Klubs, die nicht nur tabellarisch Nachbarn sind, ist der Druck gewinnen zu müssen plötzlich riesengroß. Sollte der VfL verlieren, dann liegen alle Vorteile auf Seiten der Schalker, die mächtig Rückenwind verspüren, während den Bochumern der Gegenwind scharf ins Gesicht bläst.
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Gegentore fallen erneut viel zu einfach - viele Spieler sind beteiligt
Die miserablen Auftritte des VfL in der Fremde ähneln sich wie ein Ei dem anderen. Da beginnt man scheinbar auf Augenhöhe, doch dann reiht sich spätestens nach einer halben Stunde Fehler an Fehler. Dass Osei-Tutu bei der 0:3-Niederlage an der Weser nach einem gut zu antizipierenden Diagonalball das Kopfball-Duell gegen Jung verlor, war ja nicht alles. Nein, Vasilios Lampropoulos war mit seinen Gedanken ebenfalls woanders und machte damit Niklas Füllkrug sowie ganz Bremen glücklich.
Dem zweiten Werder-Tor gingen Slapstick-Szenen voraus, mehrfach hätten Bochumer Spieler den Ball aus der Gefahrenzone befördern können, allein sie schafften es nicht. Und über den abschließenden Freistoß-Treffer der Gastgeber möchte man den Mantel des Schweigens decken. Das alles hatte man als VfL-Fan bereits so oder so ähnlich und viel zu oft gesehen – in Mainz, in Dortmund, in Wolfsburg, in Stuttgart, in Leipzig. Wo eigentlich nicht? Offenbar muss diese Mannschaft zu Konzentration, Engagement und Wachheit gebrüllt werden – vom eigenen Publikum im eigenen Haus.
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Dreier-Abwehrkette: Versuch des Trainers ist erneut gescheitert
Der VfL ist, das muss man leider so sagen, fast wieder in die total vermurkste Startphase zurückgekehrt. Drei Punkte und 7:17 Tore in den letzten sechs Spielen sind mehr als nur ein Dämpfer. Und: Ein weiteres Mal ist des Trainers Versuch, mit einer Dreier-Abwehrkette zum Erfolg zu kommen, fürchterlich in die Hose gegangen. In 22 Spielen stand nur zweimal hinten die Null, und immer noch haben die Mannen von Thomas Letsch kein einziges Mal ein Spiel drehen können.
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Die Misere lässt sich auch personalisieren. Kevin Stöger zum Beispiel ist wegen seiner zahlreichen Ballverluste seit der Jahreswende eher für das eigene Tor als das des Gegners eine Gefahr. Keven Schlotterbeck, der Mann mit dem bombigen Einstand, fügt sich längst nahtlos ein in die Riege der abwechselnd patzenden Abwehrspieler, und Takuma Asano, der sehr viel mehr drauf hat als er mitunter zeigt, war in Bremen praktisch nicht vorhanden.
Manuel Riemann wirkt blass und verloren
Manuel Riemann, Held der vergangenen Jahre, sieht blass und verloren, fast schon reglos und resignativ aus. Und belebt Pierre Kunde, wie erhofft, das Offensivspiel, wenn er mal auf dem Rasen steht? Nach vorne hat der VfL derzeit überhaupt keine Durchschlagskraft mehr.
Deshalb ist das Derby ein Endspiel
Jetzt also Schalke. Viele werden sagen: Das ist kein Endspiel, die Saison ist noch lang. In Sachen Motivation und Selbstvertrauen ist es jedoch ganz klar ein Finale. Gewinnt Schalke, dann führen die Gelsenkirchener nicht nur ihre Erfolgsserie fort, sondern geben auch die Rote Laterne ab. Stößt jedoch der VfL den Bock um, dann bremst er den erstarkten Nachbarn aus und geht selbst voller Hoffnung ins letzte Saisondrittel. Der Unterschied im Stimmungsbild ist immens und könnte entscheidend sein.